Dass ein solches Kulturfest auf Menschen aus der ganzen Schweiz und sogar dem benachbarten Ausland eine derart grosse Anziehungskraft ausübt, ist keine Selbstverständlichkeit. „Normalerweise werden solche Anlässe in grossen Städten durchgeführt. Ich möchte aber einen Beitrag zum kulturellen Austausch zwischen der Schweiz und Japan hier leisten, wo ich meine zweite Heimat gefunden habe“, erklärt Atsuko Lampart-Fujii.
Wiler Vereine ins Boot geholt
Die initiative 57-jährige Japanerin, die Karate betreibt und bei dieser Kampfkunst kurz vor dem Erlangen des schwarzen Gürtels als höchste Stufe steht, hatte 2014 den Schweizerisch-Japanischen Kulturverein Yamato gegründet. Nach den vielen positiven Rückmeldungen auf das erste Fest im Jahr 2016 entschied sie sich, diesen Anlass in Zukunft alle zwei Jahre zu organisieren. Grossen Wert legt sie darauf, auch die Ostschweizer Vereine, die sich den diversen japanischen Selbstverteidigungskünsten widmen, in den Anlass einzubinden. Diese konnten sich bei ihren Demonstrationen einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Die in Bronschhofen wohnhafte Atsuko Lampart-Fujii wurde nicht enttäuscht. Schon um die Mittagszeit, eine Stunde nach Türöffnung, waren im Innern der Lokremise sämtliche Sitzplätze belegt. Den Besuchern bot sich ein farbenfrohes Bild, zumal sich viele der japanischen Mitwirkenden und Besucherinnen in der traditionellen japanischen Kleidung präsentierten. Das schöne Wetter sorgte dafür, dass sich das Publikum rund um die Lokremise auch im Freien aufhalten konnte.
An den Ständen war Geduld gefragt
Natürlich standen auch beim 2. Wiler Japanfest, das bei schönstem Wetter und Gratiseintritt über die Bühne ging, die kulinarischen Genüsse im Vordergrund. Für einmal fehlte jedoch der an jedem Schweizer Fest typische Duft von grillierten Bratwürsten und Cervelats. In der Lokremise standen die Besucherinnen und Besucher zeitweise Schlange, um Bekanntschaft mit typisch japanischen Gerichten wie Karaage, Udon, Takoyaki, Wagashi oder Nikuman zu schliessen.
Mehr als Verpflegung
Organisatorin Atsuko Lampart-Fujii betont aber, dass es ihr bei diesem Fest um mehr als die Sättigung der Besucher mit allerlei Köstlichkeiten gehe. „Ich möchte, dass sich die Schweiz und Japan nicht nur auf der kulinarischen Ebene begegnen. Wir von Yamato suchen gezielt den kulturellen Austausch, so unter anderem mit den verschiedenen Workshops, aber auch mit diversen Demonstrationen und Aufführungen“, lautet das Credo der wirbligen Frau aus dem Fernen Osten.
Japan-Bier, gebraut in Wil
Und doch gehören Speisen und Getränke nun einmal zu jedem Fest. So haben Mitglieder des Kulturvereins Yamato in Zusammenarbeit mit dem Wiler Bierspezialisten Widmer extra für das Japanfest zwei Craft-Biere gebraut, ein leichtes Ingwer-Ale und ein etwas kräftigeres Pflaumen-Bier. Diese Biere fanden reissenden Absatz. Davon, dass es auch beim japanischen Reiswein Sake verschiedene Variationen gibt, konnten sich die Besucherinnen und Besucher bei einer Degustation überzeugen.
Volkstanz und Catwalk
Tradition und Moderne begegnen sich in Japan auf Schritt und Tritt. Die Gegensätze, auf die der Besucher im viertgrössten Inselstaat der Welt trifft, wurden auch in der Lokremise vermittelt. Auf der einen Seite stand die Aufführung der traditionellen japanischen Volkstanzgruppe „Dentoh-Geinoh-Aikoh-Kai“, auf der anderen der „Cosplay Catwalk“. Die Teilnehmenden mit der besten Kostümierung wurden von einer Jury prämiert.
Cosplay ist vor allem in den Städten zu einem festen Bestandteil der japanischen Pop-Kultur für die junge Generation geworden. Es handelt sich hier um einen japanischen Verkleidungstrend, der in den 1990er Jahren mit dem Manga- und Animeboom auch nach Europa kam. Beim Cosplay stellt der Teilnehmer eine Figur – aus Manga, Anime, Comic, Film oder Videospiel – durch Kostüm und Verhalten möglichst originalgetreu dar. So trafen sich in Wil zahlreiche junge Leute aus der ganzen Schweiz, die sich diesem Kostümspiel widmen und sich in der Lokremise an einem Stand mit neuen Requisiten eindecken konnten.
Feine Töne
Für feine Töne sorgte das Duo OpenRyu Shamisen aus Winterthur. Shamisen ist eine dreisaitige, gezupfte Langhalslaute mit einem langen, schmalen Hals, die zu den traditionellen Musikinstrumenten Japans zählt.
Süsses Kunsthandwerk
Auf ein besonders grosses Interesse stiess die Amezaiku-Demonstration. Atsuko und Christof Lampart-Fujii war es gelungen, den grossen Künstler Shinri Tezuka aus Tokio nach Wil zu holen. Der grosse Amezaiku-Meister fertigt aus einer Zuckermasse mit Pinzette und Schere innerhalb weniger Minuten kunstvolle Miniaturfiguren, die das Publikum ins Staunen versetzen.
Aufführungen der japanischen Trommelgruppe „Goraiko“, Kalligraphie- und Origami-Demonstrationen, verschiedene Verkaufsstände mit Kunsthandwerk und auch japanischen Lebensmitteln sowie die Fotoausstellung „Japanische Impressionen“ von Jasmin Ilg rundeten einen gelungenen, völkerverbindenden Anlass ab.
Ferienträume geweckt
Für jene Besucherinnen und Besucher, in denen die Lust auf eine Reise nach Japan geweckt wurde, standen Reiseprofis zur Verfügung. „Japan ist ein sehr spannendes, sehr vielfältiges Land mit überaus freundlichen Menschen, das bei den Schweizern auf eine ständig steigende Nachfrage stösst“, erklärte Rosmarie Schweighauser am Stand des auf Asien- und ganz besonders auf Japan-Reisen spezialisierten Reisebüros Harry Kolb aus Kilchberg ZH.