Wer einmal den Wiler Fastnachts-Umzug besucht hat, kennt den wohligen Schauer, der einem über den Rücken läuft, wenn die Wiler Tüüfelsgilde angerauscht kommt. Furchteinflössend maskierte Gestalten rennen wild von einer Strassenseite zur anderen und knallen ihre ranzigen «Saublotere» auf den Boden, wenn sie nicht gerade versuchen, sie einer Zuschauerin vor das Gesicht zu halten. Das Habitat des Tüüfels ist die Strasse. Wo die Fastnachtsgesellschaft Wil (FGW) für die festliche Seite steht, für die Bälle im Stadtsaal und die Krönung des Prinzenpaars, sind die Tüüfel das wilde Gesicht der Wiler Fastnacht. Uneingeweihte rätseln, wer sie sind, woher sie kommen, wie man Tüüfel wird. «Der Tüüfel», wie sich die Gilde als ganze selber nennt, ist ein Mysterium.
Masken, Gemälde, Artefakte
Im Baronenhaus findet aktuell eine Ausstellung zum 425-jährigen Bestehen der Wiler Tüüfel statt. Am Freitagabend wurde sie eröffnet. Zeitgleich ging es auch in den ersten dekorierten Wiler Beizen los. Die Ausstellung gibt Einblicke in die geheimnisvolle und gut behütete Welt der Wiler Tüüfel. Gildenmeister René Gerber sagte denn auch: «Der Wiler Tüüfel hat sich noch nie so in die Karten schauen lassen.»
Im Foyer und im ersten Stock des Baronenhauses können interessierte Besucher bis zum 25. Februar Masken, Gemälde, Holzstiche, Pins, Ordensplaketten und andere Artefakte aus der Geschichte der Wiler Tüüfel besichtigen. Im Erdgeschoss liefert ein Film Informationen zur Geschichte und Gegenwart der Gilde und zeigt Aufnahmen von Umzügen mit den Tüüfeln. In einem Schaukasten liegt ein nicht lokalisiertes Fastnachtskostüm aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und enthüllt wurde am Freitag auch ein grosses Gemälde der Münchwilerin Daniela Filippelli mit dem Titel «Tanz der Wiler Tüüfel seit 1595/2019».
Jubiläumsschrift von Alt-Tüüfel Herbert Weber
Auf den Apérotischen lagen Exemplare der knapp 90-seitigen Jubiläumsschrift bereit, die Alt-Tüüfel Herbert Weber seit dem letzten Frühling recherchiert und geschrieben hat. Aus historischen Quellen, Bildern und Dokumenten aus dem Archiv der Gilde hat Weber einen unterhaltsamen und interessanten Überblick geschaffen – von der Urkunde aus dem Jahr 1595, in der die Wiler Tüüfel zum ersten Mal erwähnt werden, über die Neugründung im Jahr 1993 bis zu den Ritualen, die die Gilde bis heute prägen.
Man kann darin etwas über das wilde Treiben in der legendären «Tüüfelhöhli» hinter der heutigen Bäckerei Dietschi in den 1980er-Jahren lesen. Und man erfährt, dass die «Saublotere», die aus echten Schweinsblasen gefertigte Ballon-Peitsche der Tüüfel, nach alemannischer Überlieferung ein Symbol für Fruchtbarkeit, Vergänglichkeit und Narrentum zugleich ist. Früher gab es die Schweinsblasen bei den örtlichen Metzgereien. Heute bestellt die Gilde sie beim grössten Schlachthof der Schweiz.
1983 drohte den Tüüfeln nach Ausschreitungen das Aus
Interessant ist auch, welchen Schwankungen das Verhältnis der Tüüfel zur Wiler Bevölkerung im Lauf der Geschichte unterworfen war. «Nach diversen grenzwertigen Vorfällen wie Raufereien, tätlichen Angriffen auf Passanten und Sachbeschädigungen drohte dem alten Brauch von Amtes wegen das Ende», heisst es in der Jubiläumsschrift über das Jahr 1983. Dank dem Engagement von 15 Tüüfeln wurde der Brauch in den folgenden Jahren wieder in geordnete Bahnen gelenkt, so dass schliesslich 1993 die Tüüfelsgilde offiziell gegründet werden konnte. Aktuell zählt sie 40 Aktivmitglieder.
Heute sind die Tüüfel gemäss Herbert Weber in Wil «tief verankert» und geniessen «hohe Akzeptanz» bei der Bevölkerung. An Anlässen wie den zweimal jährlich im Zeughaus stattfindenden Maskenbaukursen wird der Austausch mit den Wilern gepflegt. Das sei auch ein Ziel der Ausstellung, wie Gildenmeister René Gerber sagte: «Wir wollen uns der Bevölkerung öffnen.» Was aber nicht heisst, dass es in den Strassen der Äbtestadt in nächster Zeit ruhig zu und her gehen wird. Nach dem traditionellen Auszug aus dem Hof zu Wil am Gümpelimittwoch wird der Tüüfel los sein.
Die Jubiläumsausstellung der Wiler Tüüfel im Baronenhaus ist bis zum 25. Februar von Mittwoch bis Sonntag, jeweils von 14-17 Uhr geöffnet.