Eine Grosse Freundesschar hatte sich am Freitagnachmittag in der Pfarrkirche Niederhelfenschwil eingefunden, um Abschied zu nehmen von Verena Lehmann, Tochter des Künstlers in der Kobesenmühle. Pfarrer Hermann Maiwald hielt die sehr einfühlsame Abdankungsfeier. Den beeindruckenden musikalischen Rahmen gaben die Flötenspelerin Myrta Hugentobler und die Organistin Ursula Gremiger.
Der Lebenslauf wurde geschrieben von Regula Lehmann, Nichte der Verstorbene
Als erstes Kind von Wilhelm und Klara Lehmann-Eberle wurde Verena in der Kobesenmühle geboren. Später folgten ihre beiden Brüder Urban und Lukas. Kindheit und Schulzeit verbrachte sie im Familienkreis in der Kobesenmühle Niederhelfenschwil. Es blieben Freundschaften zu Schulkolleginnen bis ins hohe Alter. Aber auch sonst brachte das philosophische Denken und künstlerische Wirken ihres Vaters Besucher aus Nah und Fern in den abgelegenen Ort. So entstanden immer grössere Freundeskreise bis zum heutigen Tag.
Viel gereist
Nach der Schulzeit erlernte Verena im Welschland Haushalt und Sprache. Eine Zeit verbrachte sie in Chur bei Freunden der Familie. Später reiste sie nach England, wo sie Kinder mit einer geistigen Beeinträchtigung betreute. In Schweden durfte sie eine Webtechnik erlernen, die sie später in eigenen Kunstwerken, Bildteppichen, anwendete. Verena Lehmann bekam von ihrem Vater eine künstlerische Ader, die besonders in Zeichnungen, Tonfiguren und Bildteppichen noch heute sichtbar sind. Von ihrer Mutter hat sie den bescheidenen, sparsamen Lebensstil übernommen. Von ihr lernte sie schon als Kind Pflanzen beim Namen zu nennen. Später wendete sie Heilpflanzen in ihrem Alltag an. Selbst im hohen Alter verliess sie ihr Gedächtnis nicht, um Bäume und Pflanzen mit Namen zu bezeichnen, zum Erstaunen ihrer Begleitpersonen.
Wieder daheim
Verena lebte viele Jahre in St. Gallen. Dort erteilte sie Werkunterricht an einer Schule für geistig beeinträchtigte Kinder. Als ihre Mutter an Krebs erkrankte, kam sie, so oft es die Arbeit erlaubte, nach Hause, um sie zusammen mit ihrem Vater und den nächsten Angehörigen zu pflegen.Jahre später, als ihr Vater nicht mehr alleine zurecht kam, gab Verena ihre Arbeit in St.Gallen auf. Sie zog definitiv ins Elternhaus zurück.
Kindergärtnerin
Es war in der Zeit, als in den Landschulgemeinden das Kindergartenobligatorium eingeführt wurde. Freunde aus dem Dorf ermutigten Verena, ihre Gaben für diese Arbeit einzusetzen. So machte sie berufsbegleitend mit anderen Quereinsteigerinnen die Ausbildung zur Kindergärtnerin. Bis zur Pensionierung blieb sie dieser Aufgabe treu. Verena Lehmann bekam aus nächster Nähe mit, wie Wohnhaus und Mühle umgebaut und renoviert wurden und die Stiftung Wilhelm Lehmann entstand.
Stiftung Wilhelm Lehmann
Sie gehörte dem Stiftungsrat an und kümmerte sich um zahlreiche Aufgaben – den Blumenschmuck, Führungen durch die Ausstellung, Bewirtung von Gästen. Und all dies bis zum Umzug in den Bürgerhof Bischofszell. So lebte sie viele Jahre alleine in der Kobesenmühle. Die Besucher waren für sie Bereicherung und gegenseitiges Geben und Nehmen. Verena pflegte wie schon ihre Eltern den Briefkontakt weit über die Schweizergrenze hinaus, was wiederum zu wertvollen Freundschaften führte.
Zufrieden im Bürgerhof
Die letzten knapp drei Jahre, bedingt durch das Nachlassen körperlicher und geistiger Kräfte, verbrachte sie im Bürgerhof Bischofszell, Wohnen im Alter. Noch war sie fähig, sich an ein neues Zuhause zu gewöhnen und unterhielt sich mit den Menschen, die ebenfalls ihren Lebensabend mit ihr teilten. Sicher hat sie das historische Haus mit dem alten Gebälk an die Kobesenmühle erinnert. Zusehends nahmen die Kräfte ab und sie bekam die nötige Pflege, für die sie immer dankbar war. Am 13. Juli durfte sie im Beisein ihrer nächsten Angehörigen ruhig und für immer die Augen schliessen.
Persönlich
Verena Lehmann war für mich eine ganz besondere Frau, jede Begegnung ein Geschenk. Ihre Offenheit bis ins hohe Alter, ihre Erzählungen aus dem vielseitigen Leben und ihre immer herzliche Art, machte jeden Besuch zu einem Erlebnis. Verena Lehmann war der eigentliche Mittelpunkt in der Kobesenmühle. Wer immer mit Verena zusammenkam, stand einer sehr belesenen Frau mit einem grossen Herzen und Einfühlungsvermögen in den Menschen gegenüber. Mit Verena ist ein Stück der Kobesen-Seele weggegangen, aber ihr Stern wird weiterleuchten.......Vroni Krucker







