Enzo Fuschini hätte vor dem Altar der reformierten Ganterschwiler Kirche am liebsten den Hammer niedersausen lassen. «Dann hätten wir ein Problem weniger», so der Präsident der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Unteres Toggenburg.Allerdings wollte sich der 70-Jährige nicht als moderner Bilderstürmer am eigenen Gotteshaus versuchen, sondern vielmehr als Auktionator. «Es wäre schön, wenn heute ein Angebot reinkäme. Dann könnte ich erstens, zweitens, drittens sagen - und die Kirche wäre verkauft», sagte Fuschini nur halb scherzend.
Welche unserer Kirchen sollen wir zeitnah verkaufen? Diese bewusst provokante und emotional heikle Frage diskutierten am Mittwochabend die Mitglieder der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Unteres Toggenburg. Denn die Kirchgemeinde, welche Bütschwil-Mosnang, Ganterschwil und Lütisburg umspannt, zählt aktuell 1900 Gläubige, drei Kirchen, diverse Pfarrhäuser und sonstige Liegenschaften. Das ist für die Kantonalkirche aus finanziellen Gründen mittelfristig zu viel. Denn die Kirchgemeinde Unteres Toggenburg befindet sich im Finanzausgleich.
Welche Kirche darf’s denn sein?
Und genau das engt den Spielraum für die Kirchgemeinde massiv ein. Es bedeutet, dass sie jährlich rund 320'000 Franken - also deutlich über ein Viertel der Gesamteinnahmen - von der Kantonalkirche erhält, um die Dienste ordentlich erledigen zu können. In Zeiten der kantonal stark sinkenden Mitgliederzahlen und Steuereinnahmen kam von «St. Gallen» nun die klare Weisung ins «Untere Toggenburg», dass man bei den Immobilien über die Bücher gehen oder Geldbeschaffungsalternativen aufzeigen müsse. «Wir dürfen uns hier keine Grenzen setzen», sagte Fuschini zu den 40 Gläubigen in der Kirche.
Dabei – und das mutet auf den ersten Blick paradox an – wächst die Kirchgemeinde Unteres Toggenburg seit Jahren. Dies sei, so Pfarrer Fabian Kuhn, vor allem auf viele junge Familien zurückzuführen, welche hierherzögen. Auch die Zahl der Taufen sie weit über- und jene der Beerdigungen klar unterdurchschnittlich, so dass «alles im Lot» sei. «Wir sind eine der drei, vier reformierten Kirchgemeinden im Kanton, die in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Seit dem Jahr 2000 sind es rund 200 Mitglieder mehr geworden», sagte Kuhn.
Zuerst das Objekt bestimmen
Angesichts dieser Ausgangslage kam eine Diskussion in Gang, an deren Ende stand, dass im Grunde genommen niemand auf «seine» Kirche verzichten, man jedoch problemlos das eine oder andere Pfarrhaus verkaufen könne. Weiteres Einsparpotential sahen einige im Verzicht auf ein eigenes Sekretariat (Home-Office). Und Einnahmen könnte man generieren, indem beispielsweise die Kirchen offensiv vermietet würden – sei es nun für Hochzeiten, Ausstellungen oder Konzerte.
Ein Immobilienfachmann betonte, dass man sich zuerst einig sein müsse, welche Kirche man zu verkaufen gedenke. «Man kann doch keinen Käufer suchen, indem man sagt, wir wollen zwar eine Kirche verkaufen, können dir aber noch nicht sagen, welche von den dreien es sein wird», kritisierte der Immobilienprofi das Vorgehen.
«Kirche mit geistigen Inhalten füllen»
Das Pfarrerehepaar von Bütschwil verwies darauf, dass man aus seiner Sicht sich in der nun aufflammenden Diskussion nicht zu sehr auf den Erhalt der Kirchenbauten konzentrieren solle. Vielmehr sei vermehrt darauf zu achten, was den Geist einer Kirche ausmache. «Wir müssen unsere Kirche mit geistigen Inhalten füllen. Ob wir das in zwei oder drei Kirchen tun, ist nicht so wichtig», sagte Pfarrer Anselm Leser. Was ein Kirchenverkauf für die Kirche als Gemeinschaft bedeuten könnte, vermochte Leser jedoch nicht abzuschätzen.