Der «Altstadtgarten» ist tot. Ewig lebe der «Altstadtgarten». So oder so ähnlich könnte man die neuesten Entwicklungen in der Causa der Wiler «Weier-Beiz» beschreiben. Nachdem die Verantwortlichen mit dem Rückzug des Baugesuchs dafür gesorgt hatten, dass ihr eingegebenes Projekt stirbt, bringen sie am Dienstagmorgen frischen Wind in die Diskussion ein. Sie sind trotz Rückzug des Baugesuchs nach wie vor an der Realisierung eines Gastronomiebetriebs auf dem Areal Stadtweier / Weierwiese interessiert. Wie bitte? Aus ihrer Sicht würde das Projekt «Altstadtgarten» oder ein vergleichbares Angebot einen «grossen Mehrwert» für die Stadt Wil und die Bevölkerung darstellen. Die Gastronomen gehen davon aus, dass sich auch die Stadt Wil als Initiantin des Projektes weiterhin zu diesem bekannt. «Entsprechend werden derzeit weitere Abklärungen getroffen», schreiben die «Altstadtgarten»-Verantwortlichen – und wählen somit eine ähnliche Formulierung wie unlängst die Stadt Wil.
Weier-Beiz zu nahe am Weier
Die jungen Wiler Gastronomen, die hinter dem «Altstadtgarten» stecken, machen in der Medienmitteilung auch Angaben, warum sie das Baugesuch zurückgezogen haben. «Es hat sich herausgestellt, dass nicht die Zone an sich, sondern vielmehr der vorgeschlagene Standort innerhalb des Areals ein Problem darstellen könnte. Hinzu kommt, dass der Standort in Konflikt mit dem kantonalen Gewässerabstand steht. Dieser Einwand kam von Seiten der Rekurrenten jedoch erst auf kantonaler Ebene neu hinzu», so die «Altstadtgarten»-Verantwortlichen. Der Standort innerhalb des Areals Stadtweier / Weierwiese sei von der Stadt Wil vorgeschlagen worden. Dies aufgrund der in diesem Bereich bereits vorhandenen Infrastruktur wie Strom und Wasser. «Gemäss Aussage der Stadt Wil wollte man damit die Kosten für den einjährigen Versuchsbetrieb möglichst niedrig halten», schreiben die Wiler Gastronomen. Eines ist klar: Fortsetzung folgt.
_______________________________________________________________________________
Die Stadt Wil wehrt sich gegen die Vorwürfe (26.9.):
Dass das Restaurant Altstadtgarten am Wiler Stadtweier nicht realisiert wird, löste in Wil Kopfschütteln aus. Für Verwunderung sorgte die Tatsache, dass der Rückzug des Baugesuchs von Sebastian Koller, dem Rechtsvertreter der Rekurrenten, kommuniziert wurde und nicht von der Stadt selber. Koller vermeldete in einer Medienmitteilung, die jungen Gastronomen hätten das Baugesuch des «Altstadtgartens» zurückgezogen, nachdem klar gorden sei, dass dem Rekurs vom kantonalen Baudepartement stattgegeben werde. Einen Entscheid des Kantons gibt es somit nicht.
Nun holt die Stadt Wil zum Gegenschlag aus. In einer doppelseitigen Medienmitteilung legt sie am Donnerstagmittag ihre Sicht der Dinge dar und korrigiert in gleich neun Punkten die Medienmitteilung Kollers. Die Stadt bemängelt, dass die besagte Mitteilung «über weite Teile nicht den Tatsachen entspricht». So wurde von Koller zum Beispiel die Kommunikationspolitik der Stadt Wil angeprangert. Es sei bezeichnend, dass die Stadt über die Abweisung der Einsprachen im Januar proaktiv informiert habe, während nun von der negativen Beurteilung des kantonalen Baudepartements die Öffentlichkeit keine Kenntnis erhalten habe, obwohl sich Mitglieder des Stadtparlaments nach dem weiteren Vorgehen der Stadt erkundigt hätten. Die Stadt entgegnet: «Es gibt keinen Entscheid des Kantons. Wir kommunizieren Fakten und keine Mutmassungen.» Das Verhalten von Koller führe zu einem Zustand, bei dem sich innovative und kreative Anbieter zweimal überlegen, ob sie überhaupt noch Projekte in der Stadt Wil realisieren möchten.
Neue Lösung wird angestrebt
Gar als «verleumderisch» wird der Vorwurf Kollers bezeichnet, das Vorgehen der Stadt sei aus «planerischer und rechtlicher Sicht derart unprofessionell, dass das Vorgehen von Beginn weg zum Scheitern verurteilt war». Die Antwort der Stadt: Es sei das primäre Ziel gewesen, mittels pragmatischen Vorgehens unter Berücksichtigung der Anwohner dem Wunsch eines Gastronomieangebots am Stadtweier nachzukommen. Mit den Einsprechenden wurde mehrmalig versucht, eine befriedigende Lösung für alle Beteiligten zu finden, was jedoch offenkundig scheiterte.»
Die Hauptfrage, die sich nun stellt: Wie geht es am Stadtweier weiter? Dazu schreibt die Stadt: «Dem Wunsch nach einem Gastro-Angebot am Weier soll mit einer neuen Lösung entsprochen werden. Die Stadt Wil wird die neue Ausgangslage analysieren und entsprechende Schritte planen.» Wie diese neue Lösung aussieht, ist noch keine bekannt.
_______________________________________________________________________________
So hat hallowil.ch über den Rückzug des "Altstadtgarten"-Baugesuchs berichtet: (24.9.)
Man würde meinen, die Errichtung eines Restaurants am Stadtweier sollte eine nicht allzu komplexe Sache sein. Doch scheinbar weit gefehlt. Nachdem das Projekt «Altstadtgarten», wie es von den Initianten genannt wird, wegen Einsprachen und Rekursen weder 2018 noch 2019 realisiert werden konnte, folgt nun der Hammer: Die Initianten haben das Baugesuch zurückgezogen, da abzusehen war, dass die Rekurrenten auf Stufe Kanton Recht bekommen würden. Das lässt Sebastian Koller, Rechtsvertreter der Rekurrenten in einer Medienmitteilung verlauten. In einer kurzen Stellungnahme bestätigt die Stadt, Kenntnis vom Rückzug des Baugesuchs zu haben.
Aber der Reihe nach: Vor gut zwei Jahren war bei der Stadt Wil die Idee gereift, den Stadtweier aufzuwerten, in dem ein Restaurant errichtet wird. Aus der Ausschreibung ging das Projekt der Altstadtgarten GmbH als Sieger hervor. Hinter ihm stehen junge Wiler Gastronomen. Doch nicht allen passte dies. Doch obwohl 14 Einsprachen eingegangen waren, erteilte die Stadt im Januar 2019 die Baubewilligung. Die Einsprecher machten planungs- und baurechtliche Mängel am Projekt geltend und bestritten auch die rechtmässige Durchführung des Verfahrens. 11 Einspracheparteien haben daraufhin Rekurs beim Baudepartement des Kantons St. Gallen erhoben. Auch zu diesen Geschehnissen nimmt die Stadt – wenn auch distanziert – Stellung. «Primär war das Ziel», schreibt Samuel Peter, Departementsleiter und stellvertretender Stadtschreiber, «dem Wunsch eines Gastronomieangebots am Stadtweier nachzukommen.» Dies wollte die Stadt «mittels eines pragmatischen Vorgehens und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Anwohner. Mit den Personen, die eine Einsprache eingereicht haben, sei mehrmals versucht worden, eine befriedigende Lösung für alle Beteiligten zu finden. Daran sei man jedoch gescheitert.
Kommunikationspolitik wird bemängelt
Das Baudepartement stellte fest, dass das Projekt rechtliche Mängel aufweist, schreibt Koller am Dienstag in einer Mitteilung. Um einen Rekursentscheid zu ihren Ungunsten abzuwenden, habe die Altstadtgarten GmbH die Gelegenheit erhalten, das Baugesuch zurückzuziehen – was sie am 15. September tat. Laut Koller hätten die Initianten folgendes festgehalten: ««Aufgrund der Ergebnisse weiterführender Abklärungen insbesondere hinsichtlich der Konzessionsvergabe, der Bauzone sowie des Gewässerschutzes sehen wir uns gezwungen, das Baugesuch vorbehaltslos zurückzuziehen.»
Für Koller ist der Sündenbock schnell gefunden. Er schreibt: «Wohlgemerkt trägt nicht die Altstadtgarten GmbH, sondern die Stadt Wil die Verantwortung für die rechtlichen Mängel des Projekts. Das Vorgehen der Stadt war aus planerischer und rechtlicher Sicht derart unprofessionell, dass das Vorhaben von Beginn an zum Scheitern verurteilt war.» Bezeichnend sei auch die Kommunikationspolitik der Stadt. Über die Abweisung der Einsprachen im Januar 2019 habe man die Medien umgehend informiert. Von der Sistierung des Rekursverfahrens und der negativen Beurteilung des kantonalen Baudepartements sei die Öffentlichkeit hingegen nicht in Kenntnis gesetzt worden, obschon sich Mitglieder des Stadtparlaments in einer Interpellation nach dem weiteren Vorgehen der Stadt erkundigt hätten. Nun stellt sich die Frage, warum die Stadt nicht von sich aus die Öffentlichkeit über den Rückzug des Baugesuches informiert hat? hallowil.ch hat die genau diese Frage der Stadt Wil gestellt. Doch an dieser Stelle wird geschwiegen. Und da bleibt nur die schriftliche Stellungnahme. «Die zuständige städtische Stelle reflektiert derzeit nochmals das Vorgehen und wird in nächster Zeit festlegen, wie mit dem Wunsch eines Gastronomieangebots am Stadtweier umgegangen werden kann», so Samuel Peter.
Stadt weist Vorwürfe von sich
Sämtliche Vorwürfe weist die Stadt in der kurzen Stellungnahme von sich: «Der Vorwurf, dass das Bauvorhaben am Stadtweier im Alleingang getätigt worden sein, wird entschieden zurückgewiesen.» Es habe ein enger Austausch mit dem Departement BUV stattgefunden. Auch weitere Unterstellungen bestreitet die Stadt. Zum Beispiel, dass eine Ausschreibung einer Konzession nicht stattgefunden habe. «Es wurde nach einem geeigneten Gastronomieangebot im Sinne eines befristeten Versuchsbetriebs gesucht», so Samuel Peter.
Der Video-Kommentar von hallowil.ch-Chefredaktor Simon Dudle.