«Dieser Weg darf kein offizieller Weg sein. Dafür ist er viel zu exponiert», sagt Jonschwils Gemeindepräsident Stefan Frei. Die Rede ist vom Schnürliweg, der entlang der Südwand der Churfirsten unter dem Hinterrugg und dem Schibenstoll verläuft. Wer schon einmal vom Walensee den Blick auf die imposanten, teils senkrechten Wände der Churfirsten gerichtet hat, der kann sich nicht vorstellen, dass man in diesen laufen kann. Aber es ist möglich. Jedoch nur für Berggänger mit sehr viel Erfahrung. Der Pfad ist teilweise so stark ausgesetzt und schmal, dass ein Fehltritt den Sturz mehrere 100 Meter in die Tiefe und den Tod bedeuten würde. Die Wanderung ist mit T5 und somit der zweithöchsten Schwierigkeitsstufe klassifiziert, auch wenn nicht wirklich geklettert werden muss. Ein sehr gutes Orientierungsvermögen und viel Erfahrung im alpinen und hochalpinen Gelände sind neben der guten Ausrüstung Voraussetzung.

Am vergangenen Freitag hat Frei zusammen mit zwei Frauen aus Zürich diesen Schnürliweg beschritten und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt. Dies war möglich, weil einerseits das Wetter perfekt mitsielte und Frei andererseits viel Erfahrung in den Bergen hat. Früher ist er oft geklettert, heute sind es wiederholt ausgiebige Touren. Rund eineinhalb Stunden wurden für den Schnürliweg auf dem Abschnitt zwischen Vasloch und Stollenfurgge benötigt. Als wäre das alles nicht schon genug, war zuvor der steile Aufstieg von Walenstadtberg unter die Füsse genommen worden – und nicht etwas der Abstieg vom Chäserrugg her. «Es war ein Wahnsinns-Erlebnis auf dieser schmalen Terrasse. Jedes Mal, wenn wir um eine Ecke gekommen sind, mussten wir leer schlucken. Es wurde immer ausgesetzter», sagt Frei. Kurz vor Schluss folgte die Schlüsselstelle. In der Felswand hat es ein Seil, an welchem am sich halten und befestigen muss.

Basejumper können erschrecken

Die schwierigste Stelle sei jedoch nicht jene im Felsen mit dem Seil gewesen. «Was am spektakulärsten aussah, war in Tat und Wahrheit am sichersten. Auf dem schmalen Grasweg war es am heikelsten», sagt Frei rückblickend. Und weiter: «Wir sind zwar schon das eine oder andere Mal etwas erschrocken, als wir den vor uns liegenden Weg gesehen haben. Es war aber alles gut machbar. Vielen Leute würde auf diesem Weg jedoch das Herz in die Hose fallen und sie blockierten psychisch.» Zumal auch Basejumper für zusätzliches Adrenalin und somit Gefahr sorgen können. Für diese ist der Hinterrugg eine beliebte Absprungdestination. Sie fliegen also ganz in der Nähe des Schnürliwegs vorbei. Das Geräusch, welches verursacht wird, kommt unverhofft und kann erschrecken. Frei sagt: «Es empfiehlt sich zudem, einen Helm und ein Kletter-Gestältli anzuziehen. Man muss absolut schwindelfrei und trittsicher sein. Zudem braucht es eine staubtrockene Witterung, damit man den Weg machen kann.»

Stefan Frei kennt die Churfirsten mittlerweile fast wie seine eigene Westentasche. Zusammen mit Bewohnern der Gemeinde Jonschwil hat er vor einigen Jahren alle sieben Churfirsten bestiegen – einen um den anderen. Später machte er zusammen mit drei Kollegen alle sieben an einem August-Tag. 13 Stunden wurden benötigt. Will heissen: Aufbruch mit der Stirnlampe um 4 Uhr morgens, Ankunft um 17 Uhr.

Ziel: 100'000 Höhenmeter pro Jahr

Seit Freitag ist Frei um eine weitere Erfahrung in den Bergen reicher. Weitere Pläne sind bereits geschmiedet. Schon in drei Wochen wird er im Himalaya sein. Dort ist sein Ziel, auf einer Trekking-Tour zwei 5000er-Gipfel zu besteigen. Er nimmt sich Jahr für Jahr zum Ziel, 100'000 Höhenmeter zu «sammeln». «Wandern ist für mich ein idealer Ausgleich zum Beruf», sagt Frei, der schon seit vielen Jahren immer und immer wieder in den Bergen zu finden ist.

Anmerkung der Redaktion: Dem Otto-Normalverbraucher und Wochenend-Spaziergänger wird dringend davon abgeraten, den Schnürliweg einfach so auf eigene Faust zu begehen. Sehr viel alpine Erfahrung, gute Ausrüstung und Ortskenntnisse sind nötig. Man muss sehr trittsicher und absolut schwindelfrei sein. Es handelt sich um keinen offiziellen Wanderweg und der Zugang ist nicht gekennzeichnet. Jegliche Haftung wird abgelehnt. Das Tragen eines Helmes und einer Kletter-Gestalt sind hilfreich.