Was macht das Leben mit einer Doppelgängerin so besonders? „Wir können uns beispielsweise ohne Worte unterhalten“, erklärte Monique Heylmann schmunzelnd dem Publikum. Feine Nuancen in der Mimik und in der Körpersprache vermitteln ihrer Schwester, ob es an der Zeit ist eine Party zu verlassen, ohne dass die Umstehenden diesen kaum merklichen Dialog dechiffrieren können. Man kennt sich so gut, dass ein leichtes Zucken der Schultern und ein Kopf in sanfter Schräglage mit entsprechendem Blickkontakt sind beredt genug ist.
Monique Heylmann ist eine der Abgebildeten in der derzeitigen Ausstellung über Zwillinge in der Stadtbibliothek Wil. Sie dauert noch bis zum 24. November und kann zu den üblichen Öffnungszeiten besucht werden.
Vielfältiges Minenspiel
Die auf allen vier Etagen ausgestellten gross- und kleinformatigen Fotos sind im Rahmen eines Qualitätswettbewerbes für Berufsfotografen entstanden. Die Inhaberin des Fotostudios Lightplay in der Wiler Altstadt, Fiona Bischof, hat Zwillinge unterschiedlichen Alters ins Studio eingeladen. Das jüngste Paar war gerade Mal zehn Tage alt, das älteste um die sechzig Jahre. Dabei sind Doppelportraits entstanden, die höchst unterschiedliche Stimmungen ausstrahlen; die Palette reicht von Melancholie bis zu Übermut.
Zwillinge als Inspirationsquelle
Eine grosse Vielfalt präsentiere sich auch in den Texten, die die Wiler Poeten zum Thema verfasst haben. Sieben von ihnen trugen ihre Wortschöpfungen am Dienstagabend vor rund 60 Interessierten vor.
Die Fotos wirkten auf die Poeten offensichtlich sehr inspirierend, sie fanden unterschiedlichste Zugänge zum Thema. Christoph Siegerist etwa erzählte die ergreifende Geschichte eines im frühen Kindesalter verstorbenen Zwillings, dessen später geborene Bruder als Ersatz dienen musste. Therese Solér machte sich ihrerseits Gedanken über die im Sternbild der Zwillinge geborenen Menschen.
Musikalische Einlage
Irène Häne benutzte in ihren Versen das Sinnbild von zwei Menschen, die ein Leben lang im gleichen Boot sitzen. Cornelia Kliesch setzte sich in der Fantasie damit auseinander, wie ihr Leben mit einem nahezu identischen Gegenüber aussehen würde. Daniele Baumgartner Knechtli interpretiere das Thema in Form von zwei wiederstrebenden Teilen in sich selber. Beda Victor Camenzind hatte es das Foto der winzigen Zwillinge, die erst vor zehn Tagen den schützenden Mutterbauch verlassen hatten, angetan. Er spielte nach seinen Versen für sie ein sanftes Schlaflied auf seiner Mundharmonika.
Belebte Altstadt
Die Ausstellung der Zwillingsfotos sowie der Begleitanlass mit den Wiler Poten ist im Rahmen der AltstadtPlus-Events von der Altstadt-Vereinigung in Kooperation mit der Stadtbibliothek, den Wiler Poeten und dem Fotostudio Lightplay organisiert worden. Vier bis fünf Mal pro Jahr lädt die Altstadt-Vereinigung die Bevölkerung zu Anlässen in den historischen Stadtkern ein. Diese Veranstaltungen sollen gemäss Simon Lumpert, Präsident der Vereinigung, die Altstadt auf besondere Weise erlebbar und die weniger bekannte Aspekte der historischen Häuser und Gassen zugänglich machen.
Dies scheint gelungen zu sein, Barbara Sager, Co-Leiterin der Stadtbibliothek wusste bei ihrer Begrüssung über verschiedene Besucherinnen und Besucher zu berichten, die dank der Bilderschau zum ersten Mal die Stadtbibliothek betreten haben.








Einnahmen werden gespendet
Zur Ausstellung ist ein Büchlein mit den Fotos, ergänzt mit den Texten der Wiler Poeten entstanden. Der Verkaufserlös kommt der Stiftung Sonnenhalde in Münchwilen zugut, die sich um Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen kümmert.