Nach «Die Herzogin von Chicago», «Victoria und ihr Husar» und «Maske in Blau» wird «Ball im Savoy» die vierte Inszenierung Leopold Hubers in Sirnach sein. Mittlerweile ist er mit dem Publikum und den Darstellern vertraut, auch mit dem Vorstand. Dass die Entscheidung über das Werk allein im Vorstand gefällt wird, macht ihm keine Mühe. Ganz im Gegenteil: «Die Leute im Vorstand kennen ihr Publikum und wissen, was gefällt und erwartet wird», sagt der Regisseur. Dass der Trend der vergangenen Jahre zunehmend in Richtung jazzigeren Operetten geht, begrüsst Huber. Die Musik sei rassiger, moderner.
Auf und Ab der Operette
Die klassische Operette, die «kleine Oper», schuf Jacques Offenbach in Frankreich mit gesellschafts- und regimekritischen Elementen. Daran schloss die Epoche der klassischen Wiener Operette an. «Um 1900 war dieses Genre kaputt», weiss Huber. Jedoch hätte Franz Lehar 1905 mit «Die lustige Witwe» eine Rennaissance eingeläutet. Es ging mit der Operette wieder steil bergauf, Kritik an Zeitgeist und -geschehen, mal mehr mal weniger subtil, erfreute sich grosser Beliebtheit.
Aber nicht bei allen. Paul Abraham, einer der gefragtesten Komponisten seiner Zeit, musste als Jude nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten Berlin und Deutschland verlassen und flüchtete in die USA, wo er niemals Fuss fasste. Nebst seiner jüdischen Abstammung stiessen auch die jazzigen Elemente auf kein musikalisches Gehör, seine Gesellschaftskritik schon gar nicht. Seine Werke galten als entartet. «Ball im Savoy» wurde umgehend abgesetzt - der «absurde, realistische und geistreiche Gestus dieser Operette», wie Huber es bezeichnet, kam gar nicht gut an.
Deutliche Kürzung nötig
Abrahams Musik war damals in der Tat neu. Ungehörte Akkorde und Rhythmen forderten heraus. Huber sagt: «Man spürt schon einen Schatten in der Musik», einen braunen Schatten. Man hat das Gefühl, man tanze auf dem Vulkan. Naziuniformen wird es in Sirnach allerdings nicht geben. «Aber man darf sich durchaus bewusst sein, dass die heitere Handlung von aussen bedroht ist», sagt Huber. Das Werk und der Komponist haben eine Auseinandersetzung mit der Rezeptionsgeschichte verdient. Letztlich sei es eine Frage der Balance: An oberster Stelle steht der Unterhaltungswert der Operette. Dazu gehörte auch, die Musik von der ursprünglichen viereinhalbstündigen Aufführungsdauer herunterzustreichen. Das ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, da der musikalische Kontext nicht verloren gehen darf.
Schlichtes Bühnenbild
Leopold Huber hat auch das Bühnenbild entworfen: Schlichtes Schwarzweiss und Blaugold spiegeln den Übergang von Art Déco zu Bauhaus-Stil wieder und wird mit wenigen Elementen ergänzt. Der visuelle Fokus liegt auf den charakterlich abgestimmten Kostümen von Jacqueline Kobler. (pd)
Die Premiere ist am Samstag, 12. Januar, die Dernière am 6. April. Tickets sind ab sofort unter operette-sirnach.ch erhältlich.