Beim Eintritt in die evangelische Kirche Oberuzwil kam man als Konzertbesucherin gleich in Grübeln. Da waren vorne im Chor mehrere Reihen Stühle aufgestellt und teilweise auch bereits besetzt. Dabei war doch ein musikalisches Trio angesagt gewesen. Doch die Verblüffung wich, als oben auf der Empore die Köpfe der beiden Musiker Kaspar Stünzi, Flöte und Ralph Schäppi, Oboe d’amore und Oboe, zu sehen waren. Ursula Emch, die Frau an der Orgel, war erst nach dem Konzert sichtbar.Barocke Einstimmung auf den Advent
Konzertzyklus-Präsident Hanspeter Haltner begrüsste die Zuhörerschaft mit einer kurzen Erklärung zum Programm. Da nun die kalte – im Augenblick eher nasse –Jahreszeit beginne, könne es etwas barocken Glanz bestimmt vertragen, schliesslich gebe es in den Läden auch bereits Christbäume zu bestaunen. So genossen manche Besucherinnen und Besucher das Konzert nur lauschend in den Kirchenbänken oder vorne im Chor mit Sichtkontakt zu den Künstlern auf der Empore. Flöten sind ja für manche Menschen der Inbegriff von adventlicher und weihnachtlicher Stimmung, dazu mit der Königin der Instrumente mit unerschöpflichen klanglichen Möglichkeiten.

Hilfreiche Programmhinweise
Am Eingang wurde ein Programmblatt mit genauer Angabe der vorgesehenen Musikstücke abgegeben. Im Innenteil war eine kurze Einführung in die einzelnen Werke aus musikalischer Sicht nachzulesen. So wusste man schon zu Beginn ein wenig, worauf man sich als Zuhörerin oder Zuhörer einzulassen habe. Zur seiner Triosonate bemerkte zum Beispiel Johann Joachim Quantz (1697 – 1744) über die Tonart c-Moll: „Diese Tonart ist dazu geeignet, den Affect der Liebe, Zärtlichkeit, Schmeicheley und Traurigkeit auszudrücken.“ So hörte man viel genauer hin, um diese verschiedenen Gemütslagen herauszuhören, eine sehr hilfreiche Information für das Publikum.

Über das Trio
Ursula Emch amtet als Organistin in Egg ZH, nach einer gründlichen Ausbildung an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste). Sie unterrichtet auch an der Musikschule Stäfa. Zusammen mit den zwei Triokollegen Ralph Schäppi und Kaspar Stünzi hat sie schon viele Gottesdienste musikalisch gestaltet. Der Flötist Kaspar Stünzi unterrichtet seinerseits unter anderem an der Musikschule Uzwil und stellte damit den Bezug zur Region her. Und Ralph Schäppi schliesslich ist Schulleiter an der Musikschule Pfannenstiel. Alle drei kennen sich aus der Studienzeit und treten auch solistisch und mit andern Musik-Ensembles auf. Alle drei sind Meister ihres Instrumentes, wovon man sich während des ganzen Konzertes überzeugen konnte. Die Organistin spielte in allen Werken mit. Sie hatte es recht streng, denn sie registrierte jeden Satz neu, was manchmal in einem kleinen Klappengeräusch zu hören war – Live-Musik eben, keine Konserve.

Barock
Nach der Reformation, die sich durch recht nüchterne Gestaltung des Umfeldes auszeichnete - dies nach den Exzessen der Prachtentfaltung im Mittelalter -, gab es die Bewegung der Gegenreformation. Die katholische Seite wollte viele der abgesprungenen Gläubigen zurückholen und begann, Künstlern verschiedenster Gattung Aufträge für prunkvolle Sakralbauten zu geben. Auch Fürstenhäuser konnten nicht genug Pracht entfalten, versuchten gar, sich darin ständig zu übertrumpfen. Noch heute zeugen viele aussergewöhnliche Kathedralen und Kirchen von einmaligen künstlerischen Werken aus jener Zeit. In der Musik war ebenfalls eine üppige Ausgestaltung mit Verzierungen und kunstvollen Harmonien gefragt.

Einheitliches Programm
Das Trio hatte sich lauter Komponisten ausgesucht, die zur Zeit des Hochbarocks lebten, also ungefähr zwischen 1650 und 1720. Das Konzert war sehr abwechslungsreich gestaltet, mit unterschiedlichem Klanggefüge, je nach Einsatz der Instrumente. Die Orgel setzte dabei immer wieder ganz eigene Akzente, stupste manche Töne nur an, war aber in andern Sequenzen wieder für Schwere und Düsternis besorgt, die sich aber meist wieder auflösten. Bei manchen Werken des sonntäglichen Programms war eine grosse musikalische Farbigkeit zu erleben, vor allem der Orgelklang füllte je nach Registrierung jubelnd oder auch eher verhalten den Kirchenraum, während Flöte und/oder die Oboen darüber jubilierten, trillerten, zart und manchmal gar in liedhaften Tonsequenzen.

Bach über allem
An Johann Sebastian Bach kommt man in einem heutigen Kirchenkonzert kaum herum, zu sehr hat er viele der nachfolgenden Komponisten beeinflusst. Aber auch er hat sich von andern Musikern inspirieren lassen, so beispielsweise von Antonio Vivaldi. Im Oberuzwiler Konzert spielte die Organistin Ursula Emch als Solistin mit dem „Concerto in a-Moll – RV 522“ eine Bach-Bearbeitung eines Werkes dieses bedeutenden italienischen Komponisten. RV: Der dänische Musikwissenschaftler Peter Ryom hatte zwischen 1973 und 1974 alle Vivaldi-Werke neu eingeordnet, darum stehen heute Vivaldi-Werke im „Ryom-Verzeichnis“, abgekürzt RV, dies nach verschiedenen unvollständigen Vorgängerversionen verschiedener Musikverständiger. Bach bearbeitete ganz verschiedene Werke des Italieners und veränderte dabei auch seinen eigenen Stil ziemlich grundlegend.

Zeitlose Musik
Zum Schluss spielte das Trio gemeinsam die Triosonate in G-Dur, BWV 1038,für Flöte, Oboe d’amore und Continuo. Bachs Musik hat über die Jahrhunderte nichts von ihrem Glanz verloren, wenn es auch Zeiten gab, in denen das Werk Bachs wenig bis gar nichts galt. Eigentlich hat erst Felix Mendelssohn Bartholdy den grossen Johann Sebastian Bach anfangs des 19. Jahrhunderts zu neuem Leben erweckt. Mendelssohns Mutter, die ihren Sohn in den musikalischen Anfängen unterrichtete, hatte eine direkte Verbindung zur Bach-Tradition und brachte ihren Kindern diese Werke nahe.

Bach verstand es wie fast kein Zweiter, der Musik einen lebensfreundlichen Rhythmus einzuhauchen. Die Triosonate enthält drängende Passagen mit jubelnden Flöten- und Oboenklängen – deren Stimme ursprünglich für Violine komponiert worden war -, aber auch beruhigende, ja schwerblütige Zwischenteile. Mit dem abschliessenden Presto zeigten die drei Musizierenden dem Publikum noch einmal die ganzen Ausdrucksmöglichkeiten der verschiedenen Instrumente.

Rhythmische Zugabe
Am Ende des fünfviertelstündigen Konzerts freuten sich die drei Persönlichkeiten sichtlich über den dankbaren Applaus des Publikums, welches eine ruhige, besinnliche Feierstunde im schönen Kirchenraum der Grubenmannkirche Oberuzwil geschenkt bekommen hatte. Als Zugabe spielten sie darauf einen rhythmischen Tango, „La cumparsita“ des uruguayischen Komponisten Gerardo Matos Rodriguez, ein Stück, welches in Tangokreisen meistens einen Tanzabend beschliesst. „Cumparsita“ bedeutete ursprünglich „Karnevalsumzug“. Hier konnte die Orgel noch einmal Akzente setzen, was bei einem doch eher trägen Instrument wie einer Kirchenorgel gar nicht so einfach ist. Man hätte wunderbar dazu tanzen können….

Im Kasten kann die Melodie nachgehört werden. Erstaunlich, dass ein Stück, welches vor fast genau 100 Jahren komponiert worden war – ganz genau im Jahr 1916 –, bis heue so frisch und modern erscheint.


Programm Konzertzyklus Uzwil

Das nächste Konzert des Konzertzyklus Uzwil findet am Sonnte, 21. Januar 2018, im evangelischen Kirchgemeindehaus in Niederuzwil statt- wie immer um 17:00 Uhr.

Homepage von Flötist Kaspar Stünzi

Organistin Ursula Emch

Hier kann in die einzelnen Aufführungstücke - wenn auch oft mit anderer Besetzung - hineingehört werden.

Telemann Concerto G-Dur zum Nachhören

Alessandro Marcello – Oboenkonzert d-Moll

Pietro Antonio Locatelli – Sonate in C-Dur op.2/1 für Flöte und Continuo

Johann Joachim Quantz – Triosonate c-Mill QV2/Anh. 5 für Flöte, Oboe und Continuo

Johann Sebastian Bach – Concerto in a-Moll BWV 593/nach A. Vivaldi, RV 522 für Orgelsolo

Bach hat die folgende Triosonate für Flöte, Violine und Continuo geschrieben, in Oberuzwil war sie anstatt mit der Violine mit der Oboe d’amore zu hören.

Triosonate G-Dur BWV 1038

Und als Zugabe kam eine bekannte Tango-Melodie mit den drei Musizierenden zum Zug.

La cumparsita – 1916 von Gerardo Matos Rodriguez komponiert