Frances Bischof, Präsidentin des Vereins Bibliothek begrüsste die zahlreichen Gäste und stellte den Thurgauer Schriftsteller vor. Als Sohn eines Buchhändlers wuchs Peter Stamm in Weinfelden auf. Die Matura legte er auf dem zweiten Bildungsweg ab. Der Abbruch des Psychologiestudiums war die bewusste Entscheidung, das Schreiben ins Zentrum seines Lebens zu stellen. Auf seine ersten literarischen Versuche erhielt er Absagen. Nach Aufenthalten in New York, Paris und Skandinavien ließ sich der Schriftsteller 1990 in Winterthur nieder, wo er heute mit seiner Familie wohnt. Hier war er als Journalist für verschiedene Zeitungen tätig, unter anderen für den Nebelspalter. Er schrieb zahlreiche Satiren, Hörspiele, Theaterstücke und so weiter. 1998 erschien sein erster Roman "Agnes". Seither sind viele weitere Geschichten entstanden. Lesereisen führten ihn in die ganze Welt.
Lehrer in Bischofszell
Fremd ist ihm Bischofszell nicht, denn 2005 hat er an der traditionellen «Dichterlesung» der Literaria teilgenommen. Er erklärte: «Ich kenne sogar das «Sandbänkli», habe ich hier doch während meiner Studienzeit zwei Wochen lang als Aushilfslehrer gewirkt und gutes Geld verdient». «Für mich ist schreiben wie tagträumen, es macht mir einfach Freude», betonte er einmal. Er ist nominiert für den Preis des schweizerischen Buchhandels, der am 11. November vergeben wird. Für ihn ist es erfreulich, dass Menschen für seine Bücher Geld ausgeben. «In der Regel kann man nicht von der Schriftstellerei leben – ich kann es, und das macht mich glücklich» betonte er.
Zuhören – ein Genuss
Während einer Stunde las er aus seinem neuesten Buch «Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt» und nahm die Zuhörenden mit in seine Tagträume. Der Roman beginnt und endet in Weinfelden. Er begegnet einem jungen Paar. Man spricht miteinander, tauscht Gedanken aus, Erinnerungen und Gegenwart vermischen sich. In Lena sieht er seine frühere Geliebte Magdalena, die ihn verlassen hat – und er findet sich selbst als jungen Mann wieder. Nochmals erlebt er alle Facetten der verratenen Liebe und spürt, das Leben wiederholt sich. Ihm zuzuhören war Genuss pur. Menschen und Gegenstände wurden vor dem geistigen Auge auf eine besondere Art lebendig.
Erinnerungen mit Studienkollegin
Als Überraschung setzte sich die ehemalige Studienkollegin Gabi Walliser zu ihm. Er freute sich über die Begegnung, konnte sich aber nicht mehr in allem an jene Zeit erinnern. Dass er sich damals negativ über Frauen in der Politik geäussert hat, konnte er nicht verstehen, schätzt er doch deren Engagement als «Grüner» sehr – aber man kann sich ja ändern und als junger Spund sagt man einiges, hinter dem man später nicht mehr stehen kann. Kochen allerdings ist noch heute aktuell, damit verwöhnt er seine Familie. Dem Publikum antwortete er auf dessen Fragen: « Am Schreibtisch sitze ich meist am Morgen, wenn der Kopf noch leer ist. Die Ideen kommen, wenn ich mit offenen Sinnen durch die Welt gehe, und das Ende eines Buches wird nicht geplant, es ergibt sich».