Als Erstes wurde die treue Zuhörerschaft per E-Mail mit der frohen Botschaft beglückt, dass das Konzert mit dem Quantett Johannes Kobelt stattfinden werde. In roten Grossbuchstaben war auch auf der Homepage zu lesen: FINDET STATT! Präsident Hanspeter Haltner begrüsste denn auch sichtlich stolz das Publikum, welches trotz Wunderwetter in den verdunkelten Gemeindesaal Uzwil geströmt war. Stühle standen weit auseinander, überall waren Masken auf den Gesichtern, aber die Augen strahlten voller Vorfreude.

Erst mal etwas fürs Auge

So gediegen hat sich die Bühne des Uzwiler Gemeindesaals noch selten präsentiert. Schön arrangiert waren da unzählige Instrumente zu bewundern, wie Skulpturen präsentiert und mit farblichen Akzenten in Rot und Schwarz versehen. Diese fanden bereits vor dem Konzert grosse Beachtung, doch konnten vermutlich nur wenige alle diese Kostbarkeiten auf Anhieb benennen.

Post inside
All diese Instrumente kamen im Laufe des Konzerts zum Einsatz. 


Abwechslungsreiche Moderation

Schon der Anblick der drei Musizierenden war eine Augenweide. Schwarz und Rot auch hier, bis hin zu roten Schuhen, und zwar bei allen. Musikinteressierte schätzen es meistens sehr, wenn zwischen den Stücken auch Erklärungen zum Gehörten gegeben werden. Katharina Kobelt, Johannes Kobelt und der Dritte im Bunde, Adrian Bodmer, wechselten sich mit feinem Humor in der Moderation ab. So erfuhr man beispielsweise staunend, wie viele Jahre manche der gespielten Instrumente schon „auf dem Buckel“ haben. Etliche der gespielten Titel waren eigentliche Geschichten. „Nebel bricht das Sonnenlicht“ oder „Party im Geisterschloss“ liessen schon zu Beginn erahnen, welche Art Stimmung zu erwarten sei.


Eine musikalische Weltreise

Seit der Gründung des Quantetts im Jahr 1973 durfte sich das Publikum an Konzerten auf völlig unterschiedliche Stilrichtungen, Rhythmen und Stimmungen freuen. Diesmal lud das Trio zu einer Reise durch ganz unterschiedliche Länder ein. Zur Einstimmung erklang eine leichtfüssige Version der Eurovisionsfanfare – ein Thema aus dem TE-DEUM des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier (1643 – 1704). Gleich darauf wurde das Publikum zu einer Kutschenfahrt durch das Paprika-Land eingeladen. „Kutscher, zügle deine Pferde!“ hiess das Motto dieses ersten Stücks. Und „gezügelt“ wurde auch die Zuhörerschaft jeweils am Schluss einer Darbietung, damit der überströmende Applaus nicht den Nachklang des eben Gehörten übertöne. Mittels Körperhaltung und beispielsweise erhobenem Geigenbogen zeigte die Formation jeweils diese wohltuende kleine Pause an.

Bereits zu Beginn durften alle Facetten der besonderen Kobelt-Interpretation genossen werden. Da war alles dabei: rasend schnelle Geigenstriche, langsame, melancholische Passagen, die Vorstellung von wirbelnden Röcken junger Bauernmädchen im ländlichen Ungarn vergangener Zeiten. Auch wenn nicht einmal ganz fünfzig Personen in verordnetem Abstand im grossen Saal sassen, füllte die prickelnde Energie dieser Musik unverzüglich gut spürbar den ganzen Raum. Mit der Weise „Auf den Wellen des Balatons“ schlug das Quantett ruhige, sanfte Töne an, auch hier innere Bilder einer weiten Landschaft mit einem stillen, untiefen See hervorrufend. Selbst „Katzenmusik“ war zu hören, mit einer über 100-jährigen Kontrabass-Balalaika im Mittelpunkt würdevoll zelebriert. Der eigenwillige Kater schien im ganzen Saal herumzuschleichen.

Quantettologie

Auch wenn die Formation nur aus drei Personen besteht, nennt sie sich doch Quantett – im Anklang an ein Quartett. Auf der Homepage heisst es denn auch, dieser Name sei ursprünglich wegen eines Druckfehlers entstanden. Er passt aber bestens, tritt die Formation doch mit einem riesigen „Quantum“ an wertvollen, teilweise etwas abenteuerlichen Instrumenten auf. Viele dieser Instrumente sind bestimmt schon durch viele Hände gegangen, denn SO alt sind die Drei dann doch nicht - wenn auch unterdessen durchaus etwas gereifter -, dass beispielsweise die Venezianische Gitarre von 1580 bereits von ihnen gespielt worden wäre. Wer die Geschichte „Aus dem Leben eines Taugenichts“ kennt, ist hingegen der „Pochette“ oder Tanzmeistergeige schon einmal begegnet. Das kleine Instrument lässt sich leicht mitnehmen und jederzeit aus der Hosentasche – eben der „Pochette“ - für lüpfige Tanzweisen hervorholen. Katharina Kobelt setzte dieses 1749 gebaute Instrument für einen melancholischen Csárdás aus Siebenbürgen ein.

Lautmalerische Einlagen

Adrian Bodmer ist nicht nur ein begnadeter Saitenspieler und Tenorsaxofonbläser, sondern scheint auch eine gewisse Lausbubenhaftigkeit behalten zu haben. So versetzte er gleich mehrmals mit lautmalerischen Zwischenrufen, ja ganzen Sequenzen das Publikum in Aufregung, denn man wollte ja verstehen, was er da mit glänzenden Augen und ganzem Einsatz seines Körpers erzähle. Das kam besonders in den jazzigen Stücken zum Tragen. Vermutlich ist es aber ganz gut, dass es keine Übersetzung dazu gab, denn die würde bestimmt bei jedem Konzert anders herauskommen, genau wie der gesungene Text. Einmal mehr wurde sicht- und hörbar, wie sehr auch Gestik und Stimme wichtige musikalische Akzente setzen können.

Chäs-Land

Seit 1973 spielt das Quantett Musik verschiedenster Stilrichtungen. Da darf die Schweizer Volksmusik auf keinen Fall fehlen, natürlich auch hier im speziellen „Kobelt-Stil“. Denn Johannes Kobelt komponiert auch eigene Stücke. Er arrangierte zudem manch weltbekanntes Musikstück auf eigenwillige Art. So lassen sich selbst vermeintlich längst bekannte Melodien auf überraschende Weise neu erleben. Für diesen Teil kamen auch zwei kleine Örgeli zum Einsatz. Beim „Fondue-Schottisch“ - mit Bass-Saxofon, Schwyzer Örgeli und Geige gespielt - schlugen die Drei ein zünftiges Tempo an. „Là-haut sur la montagne“ wurde verfremdet und im Bossa-Nova-Rhythmus vorgetragen, zwischendurch war die Leitmelodie gut herauszuhören. Und Adrian Bodmer konnte seine Sprachkenntnisse mit einem brasilianischen Zwischenruf einmal mehr zeigen...

Kabarettistische Einlage

Beim Jazz-Teil kam eine Original-Django-Rainhard-Gitarre zum Einsatz. „When You Are Smiling“ brachte auch das Publikum zum Schmunzeln. Einmal mehr spürte man, wie sehr die Musizierenden von ihrer Musik selber begeistert sind. Doch dann! Plötzlich stoppte Johannes Kobelt sein Klarinettensolo, und das mitten im Stück „When You Are Smiling“. Eine Gitarrensaite bei Bodmers Instrument war unbemerkt gerissen. Eine neue musste her. Das dauerte ein wenig, was Kobelt irgendwann zum Ausspruch verleitete: „Geht das jetzt lang!“, so wie das viele Eltern bestimmt schon von ihren quengelnden Kindern gehört haben. Er beruhigte das Publikum aber auch: „Der Eintritt kostet trotz dieser Sondervorführung keinen Rappen mehr.“ Und selbstverständlich wurde das ganze Stück nochmals von vorne gespielt.

Vom Bachland ins Mississippi-Delta

Auch Johann Sebastian Bach ( 1685 – 1750) war im Gemeindesaal musikalisch zu Gast. Auf einer Geige aus dem Jahre 1707 spielte Katharina Kobelt mit ihren Mitmusikern eine Allemande, eine Sarabande und eine rassige Gavotte. Es tönte auch ganz ohne Orgel absolut nach Bach. Ergriffen hörten die Anwesenden diesen nie verleidenden Bach-Tönen zu.

Danach wurde es jazzig. Es kam Bewegung in die Sache. „I’m Coming, Virginia“ hiess es da etwa, oder „Over the Rainbow“. Nun wurden Klarinette, Saxofone und das unverzichtbare Banjo eingesetzt. Die Körper wippten, die Finger flogen, das Publikum begann scheu zu klatschen. Doch so ganz getraute man sich nach der langen, Pandemie-bedingten Zwangspause dann doch nicht. Sogar verschiedene Autohupen, mit den Füssen bedient, bekamen da eine Bühne. Mit „I Found a New Baby“ schloss das offizielle Konzert. War da nicht nochmals die Eurovisionsfanfare zu hören? Klar doch! Diese schlug den Bogen zum Anfang des Konzertes, der Applaus wollte nicht enden, auch Bravorufe waren zu hören. Allerdings war damit die Arbeit für die drei Künstlerpersönlichkeiten noch nicht zu Ende.

Gleich drei Zugaben schenkten die Drei darauf den begeisterten Zuhörern und Zuhörerinnen. „Die Lerche“, dieses anspruchsvolle Werk mit dem virtuosen Geigensolo, komponiert vom Rumänen Grigoras Dinicu (1889 – 1949), gab Katharina Kobelt nochmals Gelegenheit, ihr ganzes musikalisches Können zu zeigen. Zwischendrin schien ein Specht anzuklopfen, von der Balalaika intoniert... Mit einem kurzen Abschlussstück – laut Johannes Kobelt zur Beruhigung des euphorischen Publikums, das auch nach anderthalb Stunden noch begierig auf Quantett-Musik war – endete ein berührendes, inspirierendes und frohmachendes Konzert.