Es war eine turbulente und emotionale Hauptversammlung des EC Wil. Trotz geglückter Rettung des Vereins setzte es für Präsident Roger Dietschweiler harsche Kritik ab. Diese kam vor allem von Marcel Herzog, dem ehemaligen Trainer des Frauenteams. Jenes Team also, dass trotz sportlichem Erfolg von der Vereinsführung aus dem Verkehr gezogen werden sollte. Der Entscheidung wurde zwar in den Tagen vor der Hauptversammlung zurückgenommen, warf aber noch mehr Fragen auf.
Jahresrechnung wird durchleuchtet
Erste Kritik gab es bereits bei der Jahresrechnung. Der Materialaufwand lag rund 50'000 Franken über dem Budget und verschlang mehr als 400'000 Franken. Worauf diese Differenz zurückzuführen ist, konnte Dietschweiler nicht sagen. Weil Marcel Herzog, Gründer des Frauenteams, eine Aufklärung verlangte, schlug der Vorstand eine externe Prüfung der Bücher vor. Mit nur einer Gegenstimme wurde beschlossen, die vergangenen drei Jahre rückwirkend prüfen zu lassen.
Doch diese eine Gegenstimme kippte diese Entscheidung wieder. Das Mitglied sagte, dass doch die vorhergehenden Jahresrechnungen durch die Hauptversammlung abgesegnet worden seien und maximal ein Jahr Prüfung ausreiche. Gleichzeitig sei die Entscheidung zur Prüfung von gleich drei Jahren ein klares Misstrauensvotum gegenüber dem ehemaligen Vorstand. Folglich wurde auch auf eine Entlastung des aktuellen Vorstands verzichtet. Die rückwirkende Prüfung wurde von drei Jahren auf ein Jahr korrigiert. Weil auch das Budget für die neue Saison Fragen aufwarf, kam der Vorschlag einer ausserordentlichen Hauptversammlung auf. Diese wurde von der Vereinsführung gutgeheissen und solle noch diesen Sommer stattfinden.
Herzog fordert den Rücktritt des Präsidenten
Die Diskussionen rund um den Rückzug des Frauenteams und der Revidierung dieser Entscheidung führte zu den emotionalsten Diskussionen des Abends. Vor rund einem Monat hatte der EC Wil kommuniziert, dass das Ladies-Team wegen fehlender Nachhaltigkeit zurückgezogen werde. Das war nicht der einzige Punkt, den Herzog mit Wut und Enttäuschung erfüllte. Als im Winter ein Budgetantrag von 43'000 Franken eingereicht wurde, hätte Dietschweiler gar versprochen, das Budget auf 45'000 Franken aufzurunden. Auch an einer Pressekonferenz im Winter hatte er versprochen, am Frauenteam festzuhalten. Doch kein halbes Jahr später schien man davon nichts mehr zu wissen. Das Budget wurde offenbar vom Vorstand nicht bewilligt und das Team nicht mehr für die Meisterschaft angemeldet.
Roger Dietschweiler führte dies darauf zurück, dass keine Mannschaftsliste vorlag. Darum haben man sich zu diesem Schritt entschlossen. Aber auch die fehlende Nachhaltigkeit wurde vom Vorstand als Argument hervorgebracht. Damit zielte man aber nicht auf Finanzielles ab, sondern vielmehr auf den Umstand, dass es nur eine überschaubare Anzahl an lokalen Spielerinne gäbe. Dietschweiler ruderte gegenüber hallowil.ch zurück: «Das Wort Nachhaltigkeit würde ich in diesem Zusammenhang nicht mehr verwenden.»
Unter allen erhobenen Vorwürfen von Herzog kam es nicht überraschend, dass er den Rücktritt des Präsidenten forderte. Zu einer Abstimmung kam es dann aber nicht, nachdem diverse Votanten Dietschweiler den Rücken gestärkt hatten. Der Präsident hatte zuvor verlauten lassen, dass im Falle einer Abwahl seiner Person der Vorstand geschlossen zurücktreten würde.
Zwei Rücktritte aus dem Vorstand
Dieser Machtkampf hat eine längere Vorgeschichte. Nachdem die Ankündigung, das Frauenteam zurückzuzuziehen, hohe Wellen geworfen hatte, kam es zur Kehrtwende. Den Damen wurde mitgeteilt, dass es eine Zukunft gebe, aber ohne Marcel Herzog. Man hat die jungen Spielerinnen damit vor eine Entscheidung gestellt, die einer Erpressung gleichkommt. Eine Spielerin ergriff dazu das Wort und sagte, dass man sich für den Sport entschieden habe und nicht gegen Marcel Herzog. Dietschweiler fügte an, dass eine solche Geschichte nur Verlierer kenne. Diese hätten in diesem Fall beinahe EC Wil Ladies geheissen.
Zur turbulenten Hauptversammlung gehörten auch die Rücktritte «per sofort» von Marco Fiorina und Peter Wittwer. Dietschweiler warf in die Runde, dass man sich gerne melden darf, wenn man im Vorstand tätig sein will. An der Hauptversammlung taten sich keine Freiwilligen hervor.