Das heutige Wohn- und Gewerbegebiet Bild hat sozusagen dem Lauf der Lokalgeschichte vorgegriffen. Im Frühjahr 1961 wollte es sich Wil anschliessen und von Bronschhofen lossagen. Diese Absicht wurde schriftlich mit 14 Unterschriften von Quartierbewohnern versehen an den Gemeinderat von Bronschhofen eingereicht. Die Interessensgruppe nannte sich «Pro Wil». Man beziehe bereits jetzt Strom und Wasser aus Wil, lautete eines der Argumente. Und man fühle sich im Weiteren Wil mehr zugehörig als Bronschhofen. Zudem werde von Seiten Bronschhofen zu wenig in den Strassenunterhalt investiert.
Die Begeisterung des Gemeinderates von Bronschhofen über dieses Ansinnen hielt sich in engen Grenzen. Mit dem Verlust des Quartiers Bild würde die Gemeinde dringend benötigte Steuereinnahmen verlieren, argumentierte die Behörde. Sie unterstellte den Abtrünnigen, ihr tatsächliches Motiv sei der vorteilhaftere Steuerfuss von Wil. Die Wiler Stadtbehörde ihrerseits geriet in Verlegenheit. Sie wollte die neuen Steuerpflichtigen nicht. Da man mit dem Gemeinderat von Bronschhofen traditionell gute Beziehungen pflege, könne man diesen Anschlussantrag nicht begrüssen, teilte sie schriftlich mit. Auch der Regierungsrat in St. Gallen wollte das Anliegen nicht unterstützen. Er befürchtete, es könne dadurch ein Präjudiz geschaffen werden, das im Kanton Schule machen würde.
Erste Fusionsbegehren
Der Wechsel des Quartiers zu Wil kam nicht zustande. Jedoch trafen sich in der Folge beide Ortsbehörden zu gemeinsamen Sitzungen, um eine vermehrte Zusammenarbeit in einzelnen Sachthemen zu prüfen. Anlässlich einer Bürgerversammlung von 1972 in Bronschhofen kam darauf eine mögliche Fusion von Bronschhofen mit Wil zur Sprache. Es sollte nochmal rund 40 Jahre dauern, bis sie Wirklichkeit wurde.
Quellen in der Senke
Wie ist er heutige Wiler Stadtteil Bild überhaupt zu seinem eigenwilligen Namen gekommen? Die Antwort liegt in nordwestlicher Richtung, in einigen hundert Metern Entfernung: der Wallfahrtsort Maria Dreibrunnen. Ursprünglich hiess die Gegend, in der das Gotteshaus liegt, «Trübrunnen», «Tüwinbrunnen» und «Tuffenbrunnen». Unter diesem Namen wurde sie 1275 urkundlich erstmals erwähnt. Flurnamen wurden oft mündlich weitergegeben, die Aussprache verändert sich im Laufe der Jahrhunderte. Der Name Dreibrunnen meint ursprünglich eine Vertiefung, aus der Wasser entspringt. Viele Indizien deuten darauf hin, dass damit eine vorchristliche Kultstätte gemeint ist. Eine alte Sage berichtet beispielweise von ungeborenen Babys, die auf dem Grund der Gewässer zu sehen seien.
Der heutige Teich wurde 1414 von Abt Ulrich Rösch zur Fischzucht angelegt. Die nass wirkenden Tangbüschel in den Stuckaturen im Kircheninneren spielen auf die sumpfigen Ursprünge der Region an. Gemäss der vorchristlichen Mythologie leben in und um Gewässer Feen, Dämonen und Muttergottheiten. Sie sind die Hüterinnen des ungeborenen Lebens und der Fruchtbarkeit. Für letztere steht in der Mythologie auch die Buche. In manchen Legenden leben die ungeborenen Babys in holen Buchen. Andere behaupten, die Asche von Buchen würden die Felder besonders fruchtbar machen. Weitere wissen von heiligen Buchenhainen, in denen Götter wohnen und die die menschliche Fruchtbarkeit stärken. Buchenblätter sollen auch vor Hexenzauber schützen.
Spiritueller Beistand bei der Geburt
Bei der Ausbreitung des Christentums wurden oftmals Kirchen auf ehemaligen Kultstätten errichtet. Zum Teil vermengten in der Folge die heidnische Mythologie und das Christentum. Die Kirche in Dreibrunnen ist der Gottesmutter Maria gewidmet - und somit den Frauen, die an Kinderlosigkeit litten oder denen sie bei einer schweren Geburt beistehen sollte. Maria wurde gerne als «Born des Lebens» bezeichnet.
In früheren Jahrhunderten waren nicht nur Wallfahrende Richtung Maria Dreibrunnen unterwegs. Auch Flurprozessionen kamen an einem Bildstock vorbei. Bildstöcke waren weitverbreitet und sollten einen Anstoss fürs das Gebet sein sowie finstere Mächte fernhalten. Heute noch werden Wallfahrtsorte wie Maria Bildstein in Benken von Gläubigen aufgesucht. Vom Bildstock am Ortsende von Wil ist nur noch der Flurnamen Bild übriggeblieben. Er zeigte das Motiv «Christus im Elend». Wie diese Darstellung genau ausgesehen und wer sie geschaffen hat, ist unbekannt. Auch wann sie beseitigt wurde, ging vergessen.



