Dieses Jahr wurden fünf Produktionen in Lugano, Genf, Basel und Bern aufgeführt. Einer der Tänzer aus dem Projekt «Unvorhersehbare Fähigkeiten» der ZHdK in Zürich ist Damian Bright, ein knapp dreissigjähriger Mann mit Down-Syndrom. Er wohnt in Oberuzwil und sieht sich als Brückenbauer zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Er will damit auch Vorurteile abbauen helfen.

IntegrART

IntegrART ist ein Netzwerkprojekt des Migros-Kulturprozent, das sich seit 2007 für die Inklusion von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderungen einsetzt. IntegrART ist mit dem Ansatz ins Leben gerufen worden, dass Menschen mit einer Behinderung in Entscheidungen und Prozesse aktiv eingebunden werden, frei nach dem Motto: nichts über uns, ohne uns. Das Projekt wurde vom Migros-Kulturprozent initiiert und wird als Biennale gemeinsam mit anderen Stiftungen und Fachstellen durchgeführt. Zusammen mit Studentinnen und Studenten der Zürcher Hochschule der Künste – ZHdK – erproben mehrere Männer und Frauen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen Tanz- und Darstellungskunst. Damian Bright ist einer von ihnen. Ein Film über das ganze Projekt ist in Vorbereitung.

Mit KULTUR INKLUSIV gründete PRO INFIRMIS 2016 ein Label, damit auch Menschen mit Beeinträchtigungen am kulturellen Leben teilnehmen können. IntegrART trägt das Label «Kultur inklusiv».

Was heisst Inklusion?

Das Wort bedeutet „Einschluss, Einbezogensein“ und hat als Vision, dass sich alle Menschen auf Augenhöhe begegnen und am kulturellen Leben teilhaben können sollten. PRO INFIRMIS hat dazu eine spezielle CHARTA entwickelt, die alles enthält, was ein solches Leben ausmacht: kulturelles Angebot, inhaltlichen Zugang, baulichen Zugang, Arbeitsangebote und verständliche Kommunikation. Hier kommt auch dem Gebrauch von EINFACHER SPRACHE – auch als Leichte Sprache oder einfache Bürgersprache bekannt - eine hohe Bedeutung zu.

Auf der Homepage der Institution ist zu lesen: „Ohne andere auszuschliessen, konzentriert sich das Label «Kultur inklusiv» auf Kulturinteressierte, die aufgrund von Krankheit oder Unfall, seit Geburt, im Laufe ihres Lebens oder durch das Alter in ihrer Mobilität oder ihrem Hör- oder Sehvermögen Einschränkungen erfahren oder mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen leben. Sie alle werden in ihrem Zugang zu Kulturangeboten auf vielfältige Weise behindert oder sind ganz vom Kulturbesuch ausgeschlossen.“

Gespräch mit Damian Bright

Am Tisch – mitten im Grünen vor dem familieneigenen Chalet – sitzt Damian Bright und wartet auf das Gespräch mit der Journalistin. Er studiert gerade das Abstimmungsbüchlein, denn Teilhabe ist ihm, wie er sofort einwirft, ganz, ganz wichtig. Er will dazu gehören. Er hat das Stimmrecht dank Einsatz seiner Eltern trotz gewissen Beeinträchtigungen bekommen. Denn so alltäglich ist das bis heute nicht, sind doch in der Schweiz mehrere tausend Menschen von diesem Recht ausgeschlossen.

Ohne Zögern steigt Damian Bright ins Gespräch ein und beginnt von seinen Gedanken zu erzählen. Der junge Mann ist mit dem Down-Syndrom – heute als Trisomie 21 bekannt – zur Welt gekommen, findet dies aber keine besondere Einschränkung oder gar Krankheit, sondern betont, dass er einfach „ein Mensch mit Down-Syndrom“ sei, ein Mensch wie jeder andere.

Vielseitige Interessen

Schon früh hat Damian Bright, ein Einzelkind, Freude am Theaterspielen und Tanzen gefunden. Geboren in der Türkei (Vater Engländer - Mutter Schweizerin), lebte er ab vier Jahren am Zürichsee. Seine Eltern und Grosseltern setzten alles daran, ihn so weit wie möglich, vor allem auch in sprachlicher Hinsicht, zu fördern. Er besuchte die Primarschule bis zur sechsten Klasse zusammen mit Kindern ohne Beeinträchtigungen. Die Oberstufe war danach in einem Internat im Obertoggenburg vorgesehen, aber sein Drang nach Freiheit und Selbstbestimmtheit liess dieses Vorhaben scheitern.

Er mag Musik, ganz besonders moderne Popmusik, Klassik vor allem als Einschlafmittel, spielt auch – für den Hausgebrauch, wie er augenzwinkernd meint – Klavier, hauptsächlich zur Entspannung und völlig frei. Mit dem Theaterstück „Disabled Theater“ kam er in viele Länder, so beispielsweise nach Singapur. Als Mitglied des Theatervereins HORA trat er von 2008 bis 2017 zudem auf der ganzen Welt auf. Er hatte in dieser Zeit zusätzlich auch Auftritte mit der Tanzshow „The Show Must Go On“. Jetzt beginnt er dann eine CAS-Ausbildung an der renommierten Theaterstätte Teatro Dimitri in Verscio TI.

Ausbildung zum Assistenten mit pädagogischem Profil

Am 2. Juli 2021 endet für Damian Bright die dreijährige Ausbildung zum Assistenten mit pädagogischem Profil, auch als Schulassistenz bekannt. Am Institut Unterstrass der PHZH (Pädagogische Hochschule ZH) wird ein solcher Lehrgang angeboten. Damian ist momentan auf Stellensuche. Er findet FACEBOOK dafür ein gutes Medium. Sein Portfolio zeigt auf, was diese Arbeit alles beinhaltet. Mit seinen Kompetenzen kann er eine gute Unterstützung in einer Klasse bieten.

Politische Interessen

Damian schaut immer genau hin, ob Verkehrsmittel oder auch Gebäude für Menschen im Rollstuhl oder mit anderen körperlichen Beeinträchtigungen behindertengerecht sind. Er kennt das Gesetz, welches schwellenlosen Zugang zu allen öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln vorschreibt. In Zürich hat er diesbezüglich wenig zu beanstanden, aber St.Gallen habe schon noch Verbesserungspotenzial, ist er überzeugt. Darum geht er auch abstimmen. Die Natur ist ihm ganz wichtig, er liebt ihre Vielfalt, die Jahreszeiten. All dies gibt ihm ein Gefühl von grenzenloser Freiheit, die er auch in Tanz- und Theaterprojekten wiederfindet.

Hürden

Menschen mit Trisomie 21 haben oft körperliche Beeinträchtigungen. Damian leidet an Zöliakie, einer häufig auftretenden Allergie auf Gluten, sodass das Kochen komplizierter wird. Sonst fühlt er sich aber gesund und sportlich fit. Viele Menschen mit einem Handicap bekommen von der IV eine Assistenz zugesprochen, eine Art Begleitung für die Bewältigung des Alltags, was Eltern sehr entlasten könnte und im Gesetz auch so vorgesehen ist. Damian wirkt jedoch so selbständig und kann sich derart gut ausdrücken, dass dieses Bedürfnis für die Abklärungsstelle nicht im Vordergrund zu stehen scheint. Er aber möchte selbstbestimmt und möglichst frei leben. Eine solche Unterstützung bei auftauchenden Alltagsschwierigkeiten könnte ihn diesem Ziel ein gutes Stück näherbringen.

Es gibt eine Besonderheit zu seinem Namen. Im Schweizer Pass wird er mit DEMIAN BRIGHT aufgeführt. Er hat aber auch einen englischen Pass, dort heisst er DAMIAN BRIGHT. Da im Tanz oft in Englisch unterrichtet wird, steht er bei Tanzprojekten auch mit diesem Namen auf der Liste.