Die «Bühne 70» begibt sich in diesen Tagen zum neunten Mal auf ein ihr bekanntes Terrain: jenem des Esstheaters – einem Genre, das die Wiler Laienbühne bereits zum wiederholten Male zusammen mit der Gastronomie des Hofes zu Wil in Angriff nimmt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes mordsmässig (gut).

Unter der Regie der bekannten Wiler Schauspielerin Bigna Körner geht es beim Krimi-Dinner-Stück in fünf Gängen, das im Gourmet-Tempel «Maison à la cuillère d’or» des ebenso verfressenen wie hochsensiblen Gastrokritikers Savarin Brillat (wunderbar exaltiert und sich die Rolle auf den Leib fressend: Walter Dönni) deftig zu und her.


Für viele das letzte Abendmahl

Das trifft zwar nicht unbedingt auf die Kulinarik zu, jedoch ganz sicher auf das andere Geschehen in der Küche. Denn nach und nach wird an diesem Ort des kreativen Köchelns die ganze französische Kochelite, welche sich zu einem Kochwettbewerb im «Goldenen Löffel» eingefunden hat, dahingemeuchelt. Wie das geschieht, kann das zunehmend faszinierte Publikum über die tonlosen Schwarz-Weiss-Filmchen der Überwachungskamera mitverfolgen, derweil es seine Gaumen erfreut. Eines ist derweil bei jeder Einblendung sicher: Es wird das letzte Ma(h)l eines Kochenden sein… Der eine wird in der Suppe ertränkt, ein anderer mit dem eigenen Fleischermesser von hinten erstochen. Was man jedoch nicht zu sehen bekommt, ist – selbstredend – der oder die Mörderin.


Verdächtig ist schlichtweg jeder

Diesen Herauszufinden – dass ist die Aufgabe des Publikums. Während es zuerst vermeintlich nur die Qualität der Speisen auf einem Blatt notieren soll – schliesslich is(s)t man ja im Tempel des Gastrokritikerkönigs zu Gast –, mutiert der Zettel final zur persönlichen Anklageschrift eines jeden. Wobei die Devise gilt: Verdächtig ist jede/r im Raum – also auch die Gäste selbst. Oder ist es doch nicht jemand vom Personal? Zum Beispiel der überspannt und eifersüchtig über sein Königreich Küche herrschende Chefkoch Paul Dévor-Bocus (Karl Ulmer) oder der tuntig-devote Butler Erwin Marchand? Und da wäre auch noch die füllige Doktoresse Pasteur (Sabine Heinrich), die mehr dem entgangenen Essen nachtrauert als dass sie an der Ausstellung der sich häufenden Totenscheine interessiert ist. Und was treibt eigentlich der ebenso undurchsichtige wie leicht trottelhafte Geheimdienstmann Robert Fou-Ineur (Klaus Koenen), der eine Bowle nicht von einem Cognac unterscheiden kann?

Fragen über Fragen, die sich das Publikum vor, während und nach den einzelnen Gängen stellt, bevor es nach über dreieinhalb Stunden Nerven- und Gaumenkitzel zum grossen Knall kommt. Mehr soll an dieser Stelle noch nicht verraten werden, denn schliesslich stehen bis und mit dem Freitag, dem 10. Januar 2020, dem Abend der Derniere, nicht weniger als noch 14 Vorstellungen an. Und diesen Leuten soll der mordsmässige Spass nicht genommen werden. Nur eines: Ein Besuch von «Mordsmenu» lohnt sich auf jeden Fall.