Diesmal wurde das Kinderstück eine Woche vor Heiligabend angeboten, was grossen Anklang fand, war doch der Gemeindesaal mit fast 400 besetzten Plätzen sehr gut gefüllt. Mit dem in Schweizer Dialekt dargebotenen Grimm-Märchen vom listigen Kater mit den schönen Stiefeln hatten die Programmverantwortlichen rund um Susanna Wipf Fischer einen guten Griff getan.Einstimmung in die Geschichte
Interims-Betriebsleiter Hanspeter Haltner sprach als Erstes die Kinder an. „Wer hat eine Katze zuhause?“ „Wer einen Kater?“ „Und kann eure Katze sprechen?“ Auf seine trockene Feststellung, solche Katzen gebe es gar nicht, hielt ein Knirps aus dem Publikum dagegen. „Im Märchen ist alles möglich!“ Und so nahmen es die Kinder später auch als ganz selbstverständlich hin, dass sich der grosse Zauberer selber in Tiere – am Schluss in ein Mäuschen – verwandeln konnte. Und sie waren sehr einverstanden, dass der gestiefelte Kater dieses kleine Tierchen sofort auffressen dürfe.

Kater mit einnehmendem Wesen
Die Hauptperson des ganzen Stücks ist natürlich der sprechende Kater. Das ist wie in den eigenen Träumen: Da ist alles möglich, so eben auch eine sprechende, handelnde Katze. Die Reisebühne trat mit einer richtig herzigen, liebenswerten Katze auf, die zwar ein wenig grossspurig daherkam, aber eben nur so weit, dass es niemanden störte. Ohne ein gewisses Selbstvertrauen hätte der Kater seinem Meister ja auch nicht zu Reichtum und Ruhm verhelfen können.

Viele Kinder kennen Katzen und wissen, wie sich diese räkeln und strecken können. Der Bühnenkater hatte alle diese Katzeneigenschaften übernommen und so die Kinder sofort für sich eingenommen. Die Katze nahm schnell die ganze Bühne ein, hielt die Kinder zum Singen von Kinderliedern an – etwa „De Hans im Schneggeloch…“ und fragte auch sonst hie und da die Kinder um Rat, holte sich stimmliche Verstärkung, wenn etwas schiefzugehen drohte und wurde sofort Identifikationsfigur für die kleinen Gäste.

Kultur für Generationen
Schon die Grosseltern hatten den Märchen der Gebrüder Grimm gelauscht, sie sich erzählen lassen, später möglicherweise selber gelesen, desgleichen die Eltern. Nur zu gerne begleiteten sie ihren Nachwuchs deshalb in den Gemeindesaal, um einerseits in Kindheitserinnerungen zu schwelgen und andrerseits ihrem Nachwuchs ein unvergessliches Erlebnis zu schenken. Und sie wurden nicht enttäuscht. Aber auch die Erwachsenen sangen mit, wenn es passte…

Geschichte
Die Geschichte ist schnell erzählt. Da stirbt ein alter, nicht eben vermögender Müller und hinterlässt seinen drei Söhnen etwas, allerdings sehr ungleich verteilt. Der Älteste bekommt die Mühle, der mittlere Sohn den alten Esel und der Jüngste der Familie? Ihm bleibt nur noch der Kater, denn nicht einmal mehr die Mäuse in der Mühle kann er nun für seine Katze beanspruchen. Aber da der Kater ein besonders schlaues Bürschchen ist, wendet sich das Schicksal für den Müllerburschen im Laufe der Zeit immer mehr zum Guten. Und wie es in Märchen so geht, gibt es am Ende eine Hochzeit – doch zuerst müssen schon noch ein paar Herausforderungen gemeistert werden.

Kindgerecht dargestellt
Das Stück kommt mit sechs Personen aus. Das hilft gerade auch kleineren Kindern, sich in der Geschichte schnell zurechtzufinden. Die Katze ist ein herziger, putziger Kater, der es aber faustdick hinter den Ohren hat, schmeicheln kann wie kein Zweiter, aber auch hartnäckig und listig handelt, wenn das nötig wird. Der Müllerbursche braucht ein wenig Nachhilfe im positiven Denken, denn er fühlt sich sehr ungerecht behandelt.

Der König tritt mit einer goldenen Krone auf, da muss den Kindern nicht lange erklärt werden, wer das ist. König und Krone gehören für Kinder nun einfach zusammen! Die Prinzessin fängt schnell Feuer, als sie dem Grafen Carabas – so hat der Kater seinen Herrn unterdessen benannt – begegnet. Die Dienerin, welche als Mann auftritt, sollte dem König Wildbret servieren, aber das Wild scheint ausgestorben zu sein. Ein böser Zauberer hat alle Tiere verjagt oder versteckt.

Einfache Kulissen
Farbenfrohe Kulissen über die ganze Bühne hin zeigten den Kindern, wo sich die Geschichte abspielte. Die Mühle war nur Ausgangspunkt, die beiden älteren Brüder interessierten die Kinder überhaupt nicht, traten auch gar nicht erst auf. Es drehte sich alles um den mittellosen Jüngsten, der nicht wusste, wie er nun sein Leben fristen solle. Das Schloss des Zauberers erstrahlte in geheimnisvollem Rot-Violett, oft vernebelt durch kriechende Rauchschwaden. Die Kinder hatten immer Zeit, den Hintergrund länger anzuschauen. Gerade in heutigen Kinderfilmen geht oft alles so schnell, gibt es kaum Zeit, sich etwas genauer anzusehen. Wie wohltuend, wenn sich eine Geschichte so gemächlich entwickelt wie auf der Uzwiler Bühne.

Verblüffende Zauberstücke
Geschickt hatte die Regie den Zauberer so eingesetzt, dass er erstens für den Gruselpart der Geschichte verantwortlich war, andrerseits aber auch richtige Zauberkunststücke zum Besten geben konnte. Da staunten selber Eltern und Grosseltern, Patinnen oder Göttis, wenn aus einer Hülle immer mehr Flaschen herauskamen, obwohl weit und breit nichts darauf hindeutete. Natürlich wurde das auch richtig zelebriert, und der Zaubermantel schwang um den grossen, schlanken Zauberer immer wieder herum. Sein grausiges Lachen liess manch kleines Wesen näher an Grossmami oder eine andere Bezugsperson heranrücken. Es tönte manchmal auch gar zu schrecklich von der Bühne herunter. Wie erlösend war da der schnelle Schnapp des Katers nach der verzauberten Maus, welcher den bösen Zauberer einfach verschwinden liess.

Einbezug der Kinder
Gerade kleinere Kinder brauchen immer mal wieder Bewegung. Und so klatschten sie bei den Eingangsmusikstücken zu den Szenenbildern tüchtig mit, riefen laut auf die Bühne und gaben ihre Kommentare ab, wenn sie nicht einverstanden waren. Oft kam ohrenbetäubender Lärm auf, vor allem bei Auftritten des Zauberers. Man konnte ja nie sicher sein, ob er nicht doch von der Bühne herunterkommen würde. Der Kater erklärte dem Müllerburschen – und damit auch den Kindern - ganz genau, wie er zu dem vielen Gold gekommen sei. Schlaues Denken verhalf seinem Herrchen auch zu prinzlichen Kleidern und schliesslich gar zu einer Prinzessin als Frau.

Am Ausgang standen am Schluss des Theaters der gestiefelte Kater und der Müllerssohn und verteilten Chips, Zweifel-Chips. So hatten die Kinder Gelegenheit, die Märchenfiguren ganz von Nahem noch genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Nachmittag wird bestimmt in manchem Kinderköpfchen beim Chips-Knabbern noch länger für schöne Erinnerungen sorgen.


Nächster Anlass der Technischen Betriebe:
Freitag, 9. Februar um 20:00 Uhr: Carl Zuckmayer – Des Teufels General

8. Saison von KULTUR GIBT GAS GIBT KULTUR

GAS GIBT KULTUR – Technische Betriebe Uzwil

Reisetheater Zürich

Wer das Märchen nicht mehr so recht im Kopf hat, kann es hier nachlesen.

Der gestiefelte Kater – Märchen nach Gebrüder Grimm