Wer wollte, der erhielt eine Maske. Die Stühle waren weit auseinandergestellt und der Referent hatte ein Fläschchen mit Desinfektionsmittel griffbereit im Hosensack: «Ich schaue schon, dass ich mit niemanden persönlich in Körperkontakt trete», bekannte der Bürger von Niederhelfenschwil («Ich war erst einmal im Leben dort») , welcher hierzulande im ersten Halbjahr 2020 zeitweise den Bekanntheitsgrad eines medizinischen Popstars erreichte.

So sehr er die Aufmerksamkeit auch erkennbar geniesst: Koch suchte die öffentliche Popularität als medizinischer Fachmann und gewiefter Kommunikator mitnichten: «Ich habe mir mein Leben als Rentner auch anders vorgestellt, nämlich mit Hundesport und Enkelbetreuung», so der Bieler. Tatsächlich führt der ehemalige Leiter der Abteilung «Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) auch im AHV-Alter ein Leben im Unruhestand mit mehreren Beratungs- und Medienterminen täglich. «Auch ich bin von den Entwicklungen dieser Epidemie völlig überrannt worden», bekannte er im Gespräch mit Jürg Aegerter.


Er trinkt kein Corona-Bier mehr

Dabei ist der Umgang mit Viren und Epidemien für Koch kein Neuland, war er doch beim BAG Mitglied der Taskforces gegen die SARS-Pandemie 2002/2003 und die Vogelgrippe H5N1 und leitete von 2006 bis 2008 die Sektion «Pandemievorbereitung». Man könnte also meinen, dass den Arzt im Umgang mit Viren nichts mehr schocken könnte. Doch der Eindruck trügt. Denn «eine solche Pandemie gab es noch nie. Sie hat unser Leben auf den Kopf gestellt und unsere Gewohnheiten geändert.»

Manches, wie das Unterlassen vieler sozialer Kontakte, die Einführung von Home-School und -Office oder der Verzicht auf die Nutzung des öffentlichen Verkehrs seien einschneidende Massnahmen gewesen, die fast alle betrafen. Doch oft konnte man die Krise auch am Aufgeben eigener, liebgewonnener Gewohnheiten festmachen. «Ich habe eigentlich immer ganz gerne das Corona-Bier getrunken. Doch jetzt, da mich viele erkennen, und mich mit dem Virus in Verbindung bringen, getraue ich mich gar nicht mehr, das Bier zu kaufen», so Koch.

Im übernächsten Sommer…

Solange es noch keinen Impfstoff gibt, ist für Koch höchste Vorsicht im sozialen Umgang angesagt. Denn wie gut sich ein Virus verbreite, hänge weniger vom Virus selbst als vom Menschen ab. Koch warnte: «Fasst möglichst wenig an und schüttelt auf keinen Fall Hände. Denn so überträgt sich das Virus ziemlich leicht». Die Zurückhaltung sei so lange nötig, bis ein wirksamer Impfstoff auf dem Markt sei. Wann die Menschen wieder ihr normales Leben aufnehmen könnten, vermöge er deshalb nicht zu sagen. Aber «das Virus wird nicht einfach von sich aus verschwinden. Bis zum nächsten Sommer dürfte die Lage schwierig bleiben. Dann wird ein Impfstoff kommen. Doch bis der überall eingesetzt werden kann und wirkt, dürfte es übernächsten Sommer werden. Dann dürfte das Ganze aber gegessen sein», prognostizierte Daniel Koch.

Und welche Lehren hat er für sich selbst aus der Corona-Krise gezogen? «Dass man im Leben flexibel sein muss. Denn es kann sein, dass morgen nichts mehr so sein wird, wie man es heute noch kennt.»