Zum ersten Mal seit dem Cupsieg des FC Wil am Ostermontag des Jahres 2004 durfte am Mittwoch im Fürstensaal des Hofs mal wieder ausgelassen gefeiert werden. Endlich ist Wil auch national wieder ein Begriff. Endlich geht die Schweiz östlich von Winterthur weiter. Endlich darf man sich wieder mit geschwellter Brust «Wiler» nennen. Und das zurecht, wie die Politik zeigt. Immerhin hatte Wil vor sechs Jahren eine Vorreiterrolle, als die erste Stadtpräsidentin des Kantons St. Gallen gewählt wurde. Zudem hat Wil landesweit die höchste Pro-Kopf-Dichte an Bundes-Parlamentariern – und ab dem 1. Januar also auch eine Bundesrätin.

Das alles ist wichtig. Denn die Stadt hat ein Imageproblem. Zwischen den Zentren Zürich und St. Gallen eingeklemmt, tut sie sie sich schwer mit der eigenen Identität. Das Restaurant-Sterben schreitet voran, die Oberen Bahnhofstrasse darbt, als nahezu einzige Region in der Ostschweiz profitiert Wil nicht vom am Sonntag bevorstehenden Fahrplanwechsel der SBB. Natürlich wird daran auch Karin Keller-Sutter kaum etwas ändern können – oder zumindest nicht direkt und nicht kurzfristig. Zumal sie nun noch mehr die nationale Sichtweise einzunehmen hat als bis anhin.

Also ist zu fragen: Was bringt diese Bundesratswahl der Stadt und Region ganz konkret? Einiges – auch abgesehen vom Werbewert durch die verstärkte Präsenz in den Medien. Zwei Dinge sind zentral. Zum einen ist Karin Keller-Sutter in Bundesbern gut vernetzt. Sie weiss genau, wo und wie sie auch für ihre Heimat Einfluss nehmen kann, ohne sich dabei den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, Lokalpolitik zu betreiben. Zum anderen ist es die Strahlkraft ihres Wirkens. KKS hat zu einem guten Teil wegen ihren ausgeprägten, kommunikativen Fähigkeiten eine steile Politkarriere an den Tag gelegt. Sie spricht an, was angesprochen werden muss – auch wenn es unangenehm ist. Deutlich und bestimmt. Sie ist transparent, ehrlich, und hat zuletzt auch gelernt, ihr distanziertes Wirken abzulegen. Vor allem hat KKS aber ein offenes Ohr und geht bei Bedarf proaktiv auf Menschen zu. Gerade dies ist ein Wert, den sich manch ein lokaler Politiker zu Herzen nehmen sollte. So könnten sich anbahnende Probleme im Keim erstickt werden. Denn in den allermeisten Fällen ist die richtige Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg. Reden hat noch fast jede Hürde abgebaut, oder zumindest verkleinert.

Kurzum: Wenn die Art und Weise es Politisierens von KKS auf die Region abfärbt, so hat die erste Wiler Bundesrätin auch für ihre Heimat schon viel erreicht.

Der Liveticker des Wahlmorgens zum Nachlesen

Ganz Wil gratuliert Karin Keller-Sutter zur Wahl