Die chinesische Kultur bezauberte einen Nachmittag lang rund zwei Dutzend Gäste. Mit ihrem Stundenschlag erinnerte die Glocke der St. Nikolauskirche daran, dass man sich an einem kalten Winternachmittag im historischen Zentrum Wils befand. Andernfalls hätte man sich leicht in Fantasiebildern von nebligen Teeplantagen, umrahmt von Silhouetten von Pagoden und Tempeln, verlieren können.Ursprünglich habe sie in diesen Räumlichkeiten als Schülerin ihr Taschengeld aufgebessert, erzählte Christina Braig bei den letzten Vorbereitungen für den Event `Tee und Tai Chi`. An der Marktgasse 70 war ehemals das Haushaltwaren-Geschäft Rebsamen und Ammann untergebracht.
Heute führt die in Wil aufgewachsene Christina Braig am selben Ort einen Teeladen. Wiederum ist dort formschönes Geschirr, nun für Tee, erhältlich. Die Wände der Räume zieren ornamentale Malereien aus dem 17. Jahrhundert.
Zweite Durchführung geplant
Der von der Altstadt-Vereinigung mitorgansierte Anlass wurde am vergangenen Samstagnachmittag, dem 3.März, durchgeführt. Rund zwei Dutzend Interessierte waren der Einladung gefolgt.
Mit Degustationen sowie mit Kultur- und Informationsanlässen will die Altstadt-Vereinigung auf das vielfältige Angebot im historischen Stadtkern aufmerksam machen.
Wie Simon Lumpert, Präsident der Altstadt-Vereinigung, bei der Begrüssung erwähnte, seien deutlich mehr Anmeldungen eingegangen als Plätze vorhanden. Der Teenachmittag werde daher im September ein zweites Mal durchgeführt.
Lange Teetradition
Im ersten Teil der Veranstaltung erzählte Christina Braig von den sehr unterschiedlichen Teesorten und –qualitäten Chinas. Das Riesenland stellt pro Jahr 2 401 784 Tonnen des Getränkes her. Es ist damit der Spitzenreiter, gefolgt von Indien mit einer halb so grossen Jahresproduktion.
Unterschiedliche Formen
Ähnlich wie Wein, zeichnet sich auch Tee durch unterschiedlichste Geschmacks- und Aromaqualitäten aus. Das Spektrum bewegt sich ungefähr zwischen süss und bitter. Einige Provenienzen zeichnen sich durch ein holziges, fruchtiges oder würziges Bouquet aus.
Die Teefachfrau liess kleine Dosen mit Teeproben zirkulieren. In ihnen wurden die Unterschiede in der Rollungen und Farbnuance der fermentierten Blätter deutlich erkennbar. Optisch sehr beeindruckend war auch ein verzierter dunkler Teeblock, der in seiner Form an einen Honig-Tirggel erinnerte. Zu Blöcken gepresster Tee lässt sich leichter lagern und transportieren.
Tai Chi-Lehrer
Anschliessend setzte Lukas Häne die Ausführungen fort. Der Wiler Sinologe absolvierte in Guangzhou, dem früheren Canton, eine Ausbildung in Traditioneller Chinesischer Medizin. Zudem unterrichtet er Tai Chi und Qi Gong, zwei Bewegungsmethoden die den Energiehaushalt im menschlichen Körper und Geist in Harmonie bringen.
Den Fluss des Qi fühlen
Wie Lukas Häne erläuterte, basiert die chinesische Weltsicht auf der feinstofflichen Energie des Qi, aus der das Universum entstanden ist und es durchzieht. Sie manifestiert sich in allen Lebensbereichen, beispielweise auch im Dampf, der einer Teetasse entsteigt.
Vor allem aber spielt sie in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) eine zentrale Rolle. Beispielweise können TCM-Therapeuten durch das Fühlen der unterschiedlichen Qualitäten des Pulsschlages feststellen, ob das feinstoffliche Energiesystem im Organismus ausgeglichen ist. Andernfalls entstehen verschiedene Beschwerden, die die Heilkundigen mittels Akupunktur, speziellen Massagetechniken oder auch durch Kräuteranwendungen lindern.
Energie in den Bauch lenken
Die Therapeuten müssen sich gemäss Lukas Häne selber in einem inneren Zustand von Ausgeglichenheit und Konzentriertheit befinden, damit sie die unterschiedlichen Qi-Qualitäten und deren Störungen bei ihren Patienten wahrnehmen können.
Der TCM-Fachmann leitete die Gäste anschliessend mit einfachen Vorstellungübungen dazu an, ihr Qi in den Bereich des Bauchnabels zu konzentrieren.
Exotische Harmonien
Das entsprechend eingestimmte Publikum lauschte danach der chinesischen Zither Guqin. Gespielt wurde das längliche Instrument von Qin Steller-Shen, die am Musikkonservatorium in Peking ein Masterdiplom in Musikethnologie erworben hat. Heute unterrichtet sie in der Schweiz, und sie gibt immer wieder Konzerte, beispielsweise am Sonntag, dem 11.September, in der Bibliothek in der Hauptpost in St. Gallen. In die fernöstlichen Klänge mischte sich der kräftige Stundenschlag der Wiler Stadtkirche.
Aromaproben
Nun präsentierte Qin Deng Häne eine chinesische Teezeremonie. In verschiedenen Aufgüssen mit variierenden Ziehdauern bereitete sie das Getränk zu. Die Anwesenden folgten ihren Handgriffen und ihren Erläuterungen sehr interessiert und aufmerksam.
Geselligkeit beim Tee
Nach rund zwei Stunden setzte Simon Lumpert zum Schlusswort für den offiziellen Teil des Nachmittags an.
Danach klang die Veranstaltung bei offeriertem Tee und bei Knabbereien aus. Die einen Gäste vertieften sich in Gespräche. Andere interessierten sich für die grosse Vielfalt an Dosen, Tassen und Krügen im Ladengeschäft.











