Schon vor halb Sechs schien die Halle der Mehrzweckanlage Breite in Oberuzwil voll zu sein. Doch noch immer strömten Männer und Frauen herein. In der Schulanlage Steinegg in Degersheim kamen die Genossenschafter der oberen Gegend zeitgleich zusammen. Die GV der hiesigen Raiffeisenbank ist weiterhin ein Publikumsmagnet. Vermutlich trugen auch die Schlagzeilen der letzten Wochen rund um nicht regelkonforme Vorgänge eines früheren Bankchefs zum grossen Interesse bei. Darüber wurden allerdings wenige Worte verloren, vielmehr interessierte der gute Geschäftsgang und die Zukunftsaussichten der Bank – und natürlich auch das Essen in den verschiedenen Restaurants.Musikalischer Auftakt
Wie üblich gab es auch diesmal einen kulturellen Einstieg in die Versammlung. Diesmal hatten die Verantwortlichen vier smarte, stimmgewaltige junge Herren eingeladen, welche unter dem Namen „à la quarte“ auftreten. Mit eigenen, aber auch übernommenen Liedern von anderen Künstlern zeigten sie ihr ganzes Repertoire an Stimmmöglichkeiten. Seit vierzehn Jahren singen sie, wie sie verrieten, schon zusammen – was man angesichts ihrer Jugendlichkeit nur schwer glauben mag.

Interessant war ihr Ausflug in die Niederungen eines Haushalts. Sie machten weis, dass sie sehr viel bessere Haushalter seien als die meisten Frauen. Ihre Aussage gipfelte in der unbescheidenen Erkenntnis: „Ein besserer Mann ist niemals dagewesen! Wo bleibt mein Nobelpreis?“ Weil sie aber gleich darauf „Ich hab kein‘ Bock!“ vortrugen, relativierte sich alles wieder. Die heile Welt auf dem Land bezog sich auf die Tatsache, dass da noch „das Aromat neben der Maggisauce“ steht. Und mit „Schmittchen Schleicher“ als Zugabe schlichen sich die Vier nach einem grossen Dankeschön von VR-Präsident Christoph Brunner unter grossem Applaus auch wieder von der Bühne.

Guter Geschäftsgang
In seinen Eingangsworten verwies VR-Präsident Christoph Brunner auf die schwieriger gewordene Weltlage, welche auch unsere Banken beeinflussen kann. Die Wahlen in den Nachbarländern lassen aufhorchen, England plant den Ausstieg aus der EU, in Amerika ist die Politik zu einem Kandidatenkarussell verkommen. Kriege gibt es leider nur allzu viele. Vieles hätte man sich vor Jahren nicht vorstellen können, heute muss man damit leben. Und doch konnte er über einen ausgezeichneten Erfolg im Geschäftsjahr 2017 berichten. Schon hat die Bilanzsumme an der Milliardengrenze gekratzt. Nächstes Jahr wird diese überschritten sein, ist VR-Präsident Brunner überzeugt.

Herausforderungen
Nebst all den genannten politischen Unwägbarkeiten sind auch die Kundenbedürfnisse von morgen eine grosse Herausforderung. Die heutige Jugend ist mit all den digitalen Medien aufgewachsen, benutzt diese deshalb auch ohne Scheuklappen. Braucht es in Zukunft überhaupt noch Bankschalter? Die Raiffeisenbank als kundennahes Finanzinstitut macht sich fit für das neue Zeitalter, will aber die Kundennähe unbedingt behalten, da diese einer der grössten Trümpfe der Raiffeisengruppe ist.

Doch neue Anbieter drängen auf dem Markt – man denke an GOOGLE, AMAZON, an Versicherungen und Telekommunikationsfirmen -, welche die Bank zwingen, von einem Produkteanbieter vermehrt zu einem Gesamtdienstleister zu werden. Auch die stetig wachsenden Regulierungsvorgaben machen es Banken nicht gerade einfach. Anfangs Jahr installierte die Bank zudem ein neues Informatiksystem, welches sehr viel Arbeit mit sich brachte, nun aber auf gutem Wege ist und helfen soll, die digitalen Herausforderungen gut zu meistern.

Turbulenzen auf der obersten Etage
Natürlich konnte ein Thema nicht ausbleiben: Die Vorgänge rund um mehr als fragwürdige Geschäfte eines früheren Bankchefs. Christoph Brunner unterstrich die Unabhängigkeit der einzelnen Raiffeisenbanken. Hier sei die Aufsicht klar geregelt, die Kontrolle funktioniere. Auch wenn es unschön sein und auch äusserst enttäuschend, dass so etwas in „seiner“ Bank passieren könne, so habe es doch keinen Einfluss auf die Geschäfte der vor Ort ansässigen Bank. Nun müsse man die laufenden Untersuchungen abwarten. Raiffeisen ist interessiert an einer lückenlosen Aufklärung der möglicherweise rechtswidrigen Handlungen auf der obersten Etage.

Erfreuliche Zahlen
Bankstellenleiter-Stellvertreter Michael Turi konnte von einem tollen Betriebsergebnis 2017 berichten. Im Hypothekargeschäft wurde eine Zunahme um 2, 9 % auf 823,5 Millionen Franken erreicht. In diesem Zusammenhang wies er auf die sorgfältige Prüfung der Hypothekargesuche hin. Da die Tiefzinspolitik der vergangenen Jahre für Sparer nicht unbedingt attraktiv ist, stiegen die Kundeneinlagen allerdings etwas spärlicher als auch schon. Viele Raiffeisenkunden sind auf andere Anlagemöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt umgestiegen. Das Zinsengeschäft nahm dennoch um 1, 6 % zu. Ein wichtiges Plus jeder Firma sind die Angestellten. Da legt die hiesige Bank grossen Wert auf gute Ausbildungsmöglichkeiten und langfristige Anstellungsverhältnisse. Dies ist gerade auch für Frauen wichtig, welche auf eine gute Vereinbarkeit von Familie und Arbeit angewiesen sind.

Wettbewerb
TWINT ist ein neues bargeldloses Bezahlsystem über das Smartphone, welches immer mehr aufkommt. So gab es diesmal einen Wettbewerb, bei dem ein solches TWINT-Guthaben winkte. Wer nicht sofort einen Gewinn verbuchen konnte, wird von Raiffeisen dennoch ein Guthaben von Fr. 5.00 auf ein TWINT-Konto bekommen. Damit kann in immer mehr Geschäften mit einem kurzen Zücken des Smartphones an der TWINT-Abwicklungsstelle bezahlt werden. Wer jedoch weiterhin gerne mit Bargeld bezahlt, kann dies selbstverständlich auch weiterhin tun.

Neue Verwaltungsräte
Die Bank hat sich auf die Fahne geschrieben, ihren Verwaltungsrat nicht nur mit lauter Finanzexperten zu besetzen, sondern auch Leute aus dem Gewerbe und andern Bereichen des Lebens ins Gremium zu holen. Damit soll sichergestellt werden, dass nicht nur eine bestimmte Denkweise bei strategischen Entscheiden vorherrschend ist. Willi Forster, Bauer und Unternehmer, hat viele Jahre die Geschicke der hiesigen Bank mitbestimmt. Mit sympathischen Worten und einem farbigen Blumenstrauss für Gattin Petra wurde Willi Forster von VR-Präsident Brunner verabschiedet. Er lobte Forsters „Bodenhaftigkeit, aber auch die Erfahrung als Landwirt“, die der Bank in den letzten Jahren viele hilfreiche Impulse gegeben habe.

Damit der Verwaltungsrat etwas breitgefächerter agieren kann, wurden nebst dem Ersatz für Forster zwei weitere Persönlichkeiten in das Aufsichtsorgan der Bank gewählt: Carole Morellon aus Bichwil, Mitinhaberin und Geschäftsführerin der Firma H2 K Personal GmbH in Oberuzwil, Dr. Marco Küng aus Oberuzwil, Inhaber und Geschäftsführer des Küng-Logistik-Centers in Schwarzenbach sowie Meisterlandwirt Andreas Sauter aus Wolfertswil.

Flammendes Plädoyer für den Genossenschaftsgedanken
Nur eine Person wagte sich ans Rednerpult, der ehemalige Kantonsrat, Baubiologe und Umweltfachmann Bosco Büeler aus Flawil. Er warf die Frage auf, wieso bei andern grossen Finanzinstituten noch nie eine Anklage erfolgt sei. Auch hier hätten doch bestimmt unnachvollziehbare Geschäftsgänge durchleuchtet werden müssen. Er rief zudem dazu auf, die Volksnähe zu behalten und den Genossenschaftsgedanken weiterhin hochzuhalten. „Verdienen“ beinhalte im Übrigen auch das Wort „Dienen“…Für sein engagiertes Votum bekam er grossen Applaus.

Und dann das Essen…
Nach der Abwicklung des geschäftlichen Teils begann der grosse Auszug aus der Mehrzweckhalle. Mit den bereitgestellten Cars, Privatautos oder auch zu Fuss wurden die ausgewählten Restaurants angepeilt. Auch dies passt zum Genossenschaftsgedanken. Da trifft sich Jung und Alt, Bekannt und Unbekannt, man kommt ins Gespräch und lernt neue Leute kennen. Und wer nach dem Essen noch Lust auf „mehr“ hatte, war herzlich in den Lindensaal Flawil in die „Après-GV-BAR“ zur „Young Member-Night“ eingeladen. Diese hatte schon letztes Jahr um die 250 junge Leute zum Besuch anlocken können.



Raiffeisenbank Flawil-Degersheim-Mogelsberg-Oberuzwil

Es lohnt sich, die humorvolle Vorstellung der vier Sänger von „à la quarte“ nachzulesen

Quartett „à la quarte“

Die vier Herren singen auch gerne Stücke von andern Komponisten, beispielsweise von Bodo Wartke

Bodo Wartke – Das letzte Stück fehlt

Schmittchen Schleicher von Nico Haak

Bosco Büeler – Porträt


EINIGE ECKDATEN AUS DER JAHRESRECHNUNG 2017

Kundeneinlagen 682‘406‘630 Franken / + 0,2 % (machen 80,6 % der Kundenausleihungen aus)

Kundenausleihungen 846‘534‘044 Franken / + 2.9 %
Davon Hypothekarforderungen 823‘513‘309 Franken / + 2,9 %

Total Aktiven 970‘148‘434 Franken / + 3,8 %

Jahresgewinn 2017 – 836‘249 Franken / + 21,5 %

Eigenkapital per 31.12.2017 32‘226‘232 Franken / + 10,9 %¨

Genossenschaftskapital per 31.12.2017 19‘236‘200 Franken

Genossenschafts-Mitglieder per 31.12.2016 9‘628 Personen / + 1 %

Stimmberechtigte an der GV 2087 in Oberuzwil und Degersheim: rund 2‘300 Personen

Anzahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2017 -
Geschäftsbericht 2017