Die Karateka An Polimeno aus Wiezikon ist amtierende Europameisterin in der Kategorie Kata. Die ehrgeizige Kämpferin wird an der EM 2018 in Polen alles versuchen, um den prestigeträchtigen Titel zu verteidigen.Ein Leben ohne Karate ist für An Polimeno undenkbar. Die Trägerin des dritten Dan ist seit 26 Jahren aktiv.

Gründerin der Karateschule Sirnach
Vor neun Jahren gründete sie zusammen mit ihrem Mann Luigi die Sirnacher Karateschule Tomodachi Dojo. Dort trainiert sie die Kleinsten und tritt bei internationalen Turnieren als Schiedsrichterin auf. Die gebürtige Belgierin ist sechsfache Meisterin ihres Heimatlandes, vor allem aber ist sie amtierende Europameisterin.

An den Titelkämpfen vom 11. und 12. Mai in Breslau ist An Polimeno die Frau, die es zu schlagen gilt. Die Favoritenrolle ist für die Vierzigjährige, trotz ihrer grossen Erfahrung neu. Wie sie mit der neuen Situation umzugehen beabsichtigt und wie ihr momentaner Formstand ist, erklärt sie in einem Gespräch.

An Polimeno, wie geht es Ihnen? Sind Sie gut in Form?
Danke, sehr gut! Ich befinde mich mitten in einer intensiven Trainingsphase. Ich bin sehr gut beieinander, habe in den vergangenen Monaten unter Anleitung meines Mannes (Anmerkung der Redaktion: Luigi Polimeno gilt weltweit als einer der renommiertesten Karatelehrer) hervorragend trainiert.

Wenn alles wie geplant läuft, werde ich hoffentlich bis an der EM meine Topform erreicht haben. Einen ersten Formtest verlief Ende Februar am Diamond Cup mit einem Sieg erfolgreich. Das stimmt mich zuversichtlich.

Wie beurteilen Sie Ihre Chancen auf die Titelverteidigung?
Die Ausgangslage ist neu für mich. Letztes Jahr war ich die Überraschungssiegerin. So richtig hatte mich niemand auf dem Fokus. An dieser EM gelte ich dagegen als die Frau, die es zu schlagen gilt. Der Druck wird somit ungleich höher sein. Da die jüngsten Gegnerinnen altersmässig meine Töchter sein könnten, habe ich vor allem im konditionellen Bereich hart gearbeitet.

An der Erfahrung wird es sicher nicht liegen. So leicht bringt mich nichts aus der Ruhe. Das Wichtigste wird sein, dass es mir gelingt an der EM meine stärkste Leistung abzurufen. Wenn ich am Tag X mein Top-Niveau erreiche, kann es mit der Titelverteidigung klappen.

Wie oft trainieren Sie?
Im Dojo mindestens drei Mal pro Woche um die zwei Stunden. Dazu kommen Stabilitätsübungen und Krafttraining. Und wie schon gesagt, muss auch die Kondition stimmen. Deshalb laufe ich regelmässig und ich bin oft auf dem Fahrrad.

Mehr als früher schaue ich auf mein allgemeines Wohlbefinden und wende mehr Zeit für die aktive Regenerierung auf. Und natürlich muss ich als Spitzensportlerin auf meine Ernährung achten. Der Trainingsaufwand pro Woche beläuft sich auf 12 bis 15 Stunden, vor wichtigen Wettkämpfen natürlich mehr.

Was heisst Kata und wie werden die Wettkämpfe von statten gehen?
Kata ist ein Schattenkampf, ein vorgeschriebener Ablauf von verschiedenen Techniken. Katas geben das Karate-Wissen von Generation zu Generation weiter, weshalb sie bis ins letzte Detail stimmen müssen. An einem Turnier führen jeweils zwei Karatekas eine Kata vor und am Schluss signalisieren die Schiedsrichter, welche Wettkämpferin die Kata besser interpretiert hat.

An der EM sind total um die 400 Athletinnen und Athleten aus über 30 Nationen am Start. In meiner Kategorie sind 26 Karatekas gemeldet. Die stärkste Konkurrenz kommt traditionell aus den Ostblockstaaten und Schweden. Aber mit Carla Gallati aus Baden ist auch eine weitere Schweizerin mit dabei. Mit ihr trainiere ich regelmässig. Sie ist für mich ein wichtiger Gradmesser in Bezug auf den Formstand.

Was bedeutet Ihnen Karate?
Alles! Ein Leben ohne Karate kann ich mir nicht vorstellen. In unserer Familie dreht sich fast alles um diese Sportart. Mein Mann steht in seiner Freizeit als Schiedsrichter, Trainer, Coach und Instruktor ständig im Einsatz. Ich nehme regelmässig an Wettkämpfen teil und unterrichte immer mehr an Seminaren in der Schweiz und im Ausland.

Dieses Jahr darf ich in Frankreich, Belgien und Holland als Gastinstruktorin unterrichten. Es ist eine grosse Ehre für mich, andere zu begeistern. Unser Fokus liegt aber im Tomodachi Dojo mit unseren gut 80 Mitgliedern. Die Jüngsten gehen gerade in den Kindergarten, die Ältesten sind schon knapp 50. Karate kann man problemlos auch bis ins höhere Alter betreiben. Es ist eine hervorragende Lebensschule. Im Zentrum stehen Respekt, Bescheidenheit, Disziplin und Fairness. In unserer Sportart gewinnt man auch bei einer Niederlage. Mit jeder Erfahrung kommt man einen Schritt weiter.

Wenn man zuoberst auf dem Treppchen steht weiss man, dass man einen weiten, aber lohnenswerten Weg gegangen ist und dass man in der Vorbereitung alles richtig gemacht hat. Das ist ein wunderschönes Gefühl, dass ich sehr gerne an der EM 2018 wiedererleben möchte.
Interview: Peter Mesmer

Die schwierige Suche nach Sponsoren
Karate ist eine Randsportart. Die Suche nach Sponsoren gestaltet sich sehr schwierig. An Polimeno muss seit Jahren sämtlichen Aufwendungen für Trainings und Reisen aus dem eigenen Sack bestreiten. Sie würde sich deshalb riesig über Unterstützung freuen.

Mit dem Europameistertitel verfügt sie ja über eine beachtliche Ausstrahlkraft gegen aussen. Somit könnte eine Firma mit der sympathischen und ehrgeizigen Sportlerin sicher gute Werbung für sich machen. An Polimeno freut sich über jede Anfrage (info@tomodachi-dojo.ch).