Schon mehrfach stand der heute 32-jährige Mann vor Gericht. In der Vergangenheit kam er immer mit Bussen und bedingten Strafen davon. Er musste also nie hinter schwedische Gardinen. Doch nun ist es soweit und der Richter eröffnete im Urteilsspruch, dass die Hälfte der 24-monatigen Strafe abgesessen werden muss. Just als das Urteil bekannt war, kamen beim Gerüstbauer die Emotionen. Er geigte dem Richter die Meinung und musste beruhigt werden. Scheinbar stürzte in jenem Moment das Gerüst seines Lebens zusammen. Noch während der Verhandlung hatte er, auf seine Zukunft angesprochen, «viel Gutes» auf ihn zukommen sehen.

Was war passiert? So manches. Gleich 15 Taten wurden dem Handwerker während der Verhandlung, die den ganzen Mittwoch dauerte, zur Last gelegt. Die meisten trugen sich im Jahr 2017 zwischen Februar und Oktober zu. Hauptsächlich ging es um häusliche Gewalt, die sich in einem Wiler Mehrfamilienhaus abgespielt hatte. Am Schwersten wog der Vorwurf, er habe seine damalige Freundin zweimal so fest und lange gewürgt, dass diese in Lebensgefahr schwebte. Jedoch wurde der Mann, der heute nicht mehr in der Region wohnt, genau in diesen beiden Punkten freigesprochen, da die unmittelbare Lebensgefahr nicht nachgewiesen werden konnte. Aber es blieb noch so manches übrig.

Verteidiger forderte Freisprüche

Gleich dreimal soll er seine damalige Freundin, die eine starke Sehbehinderung hat und nur noch rund 10 Prozent sieht, einen ganzen Tag lang eingesperrt und alle Schlüssel mitgenommen haben. Er habe es zum Schutz und auf Wunsch der Frau gemacht, damit diese nicht in Versuchung komme, das Haus zu verlassen und sich bei einem Dealer Drogen zu beschaffen, lautete die Begründung. Es blieb bis zuletzt die Frage im Raum, warum die Frau sich nicht per Mobiltelefon Hilfe gerufen hat.

Zudem soll der 32-Jährige die Frau mehrfach geboxt, geschlagen und auch verletzt haben. So hatte das Opfer einmal ein blutunterlaufenes blaues Auge, ein anderes Mal eine blutende Nase, einmal ein grosses Hämatom am Arm und einmal musste es Blut spucken. Der Angeklagte, der mit rund 60'000 Franken in den Miesen steht, gab zu Protokoll, sie habe sich selbst verletzt. Dies wiederum bestritt das Opfer. «Sie haben die Frau eingesperrt und geschlagen, auch wenn sie es nicht zugeben», sagte der Richter bei der Urteilsverkündung. Und dann war da noch eine Szene im Treppenhaus, welche eine Nachbarin dazu veranlasste, wegen des anhaltenden Lärms mitten in der Nacht die Polizei zu rufen. Die Partnerin hatte ihren Freund nicht in die Wohnung gelassen.

Der Verteidiger hatte in allen Punkten der häuslichen Gewalt einen Freispruch gefordert, weil die Darstellungen des Opfers «unglaubwürdig» und «widersprüchlich» seien. Alle Anschuldigungen würden lediglich auf den Aussagen der Frau beruhen. Die Verletzungen allein würden noch nichts beweisen, da man sich diese auch selbst zuführen könne. Der Staatsanwalt seinerseits hatte eine vierjährige Gefängnisstrasse ohne Bewährung beantragt.

Aus Angst geblieben

Doch warum hat die Frau ihren damaligen Freund nicht einfach verlassen? «Ich kann es mir nicht erklären und war mit der Situation überfordert. Er war das einzige, was ich in meinem Leben noch hatte. Ich befürchtete, sonst vor dem Nichts zu stehen. Es wäre jedoch die bessere Lösung gewesen», sagte die Frau vor Schranken.

Verurteilt wurde der Gerüstbauer auch für einen Zwischenfall im Thurbo-Regionalzug von Wil nach Weinfelden. Er war ohne Billett unterwegs, beschimpfte und bedrohte die Kontrolleure und gab falsche Personalien an. Ferner hat er, obwohl mit einem Hausverbot belegt, in einem Coop in der Innerschweiz gestohlen.

Ob eine der beiden Parteien in Berufung geht, steht noch nicht fest. Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.