Gross waren die Hoffnungen auf die Viertelfinal-Qualifikation. Einige träumten gar vom Endspiel. Auch in der Region Wil hofften so viele auf einen Sieg gegen die Schweden, auf die Revanche für den verlorenen WM-Final im Eishockey im Mai. So auch in Oberbüren, wo die Fussball-Hütte gestossen voll war. Selbst um einen Bildschirm vor dem extra für die WM errichteten Holzhaus scharrten sich die Fans um einen Bildschirm. Rund 500 Schweizer Anhänger hofften, bangten, zitterten. Als zur Pause SRF-Kommentator Sascha Ruefer beim Stand von 0:0 sagte, es sei noch ein weiter Weg in den Viertelfinal, war hernach auch die Stimmung beim Pausenprogramm in der Hütte gedämpft.
Szenenwechsel: Im WM-Zelt in Schwarzenbach, welches vom FC Niederstetten betrieben wird, hatten sich gar rund 800 Fans eingefunden. Auch hier litten viele in roten Leibchen mit der Schweizer Nati. Fondue wurde in den VIP-Bereich serviert. Doch der Mocken Brot dürfte dem einen oder anderen im Hals stecken geblieben sein, als Emil Forsberg nach gut einer Stunde die Schweden in Führung brachte. Allem Anrennen der Schweizer zum Trotz fiel der Ausgleich nicht mehr und Ruefer musste unmittelbar nach dem Schlusspfiff feststellen: «Die Schweiz hat komplett versagt.» Die Stimmung bei den Public Viewings war auf dem Tiefpunkt. Der Vorteil: Das befürchtete Verkehrschaos in der Stadt Wil blieb mangels Siegesfeier aus.
Für Kreier ist die Tradition ein schwaches Argument
Einer hingegen hatte Freude am Resultat: Stefan Kreier, Mitglied des Wiler Künsterlnetzwerks Ohm 41. Der bekennende Nicht-Fussballfan betrachtet die Geschehnisse aus einer anderen Optik. Wenige Tage vor dem WM-Eröffnungsspiel hatte er mit weiteren «Öhmlern» den Schwanenkreisel mit schier unzähligen Läuchen bepflanzt, um das Urban-Gardening in seine Extreme zu ziehen und mittels völliger Absurdität auf die Spitze zu treiben. Er tat es, obwohl er von der Kantonspolizei eine WM-Warnung erhalten hatte. Und prompt gab der Kreisel schon wenige Tage später ein tristes Bild ab und viele Läuche waren plattgetrampelt – von Fussballfans aus Albanien, dem Kosovo und der Schweiz. «Ich kann begreifen, dass der Schwanenkreisel als Ventil für unsere Gesellschaft herhalten muss. Ich war an jenem Abend auch vor Ort und habe mir diesen Masochismus zehn Minuten lang angeschaut. Ich hätte aber nicht gedacht, dass die Situation so ausartet. Neben dem von uns gepflanzten Lauch waren da noch einige weitere Läuche zugegen.» Dies lediglich mit der Tradition zu begründen, man mache das ja schon seit vielen Jahren so am Kreisel, ist für Kreier eine schwache Erklärung. «Das ist ein Missbrauch eines öffentlichen Geländes. Auch im Rausch darf man sich nicht alles erlauben. Ich finde es gefährlich, wenn der Nationalismus wieder so durchdrückt.» Für ihn sind solche Feiern ein klares Statement, dass nicht alles abgefeiert werden muss.

«Die Leute sollen sich ruhig beschweren»
Der Künstler aus dem Eschlikon reagierte auf seine Weise und zeichnete auf eine Schweizer Fahne einem Doppeladler. Diese hängte er an eine rote Putzmaschine, die ihm gehört, und half am Morgen nach dem Schweizer Sieg gegen Serbien, den Schwanenkreisel aufzuräumen. «Wir haben uns überlegt, ob wir Läuche nachpflanzen sollen. Jedoch ist es gut, wenn der Kreisel in tristes Bild hinterlässt. Die Leute sollen ruhig bei der Stadt Wil anrufen und sich beschweren», sagt Kreier. Wie es nun weitergeht mit den Läuchen, ist noch nicht bestimmt. Womöglich werde nach der WM noch einmal angepflanzt. Immerhin hätten über 1000 Personen eine Lauch-Patenschaft übernommen und für einen Franken ein Lauch-Setzling finanziert. Das gelte es zu berücksichtigen.