Sanierung des bestehenden Flussverlaufs oder ein Hochwasser-Entlastungs-Stollen unter dem Kirchhügel. Das sind die beiden Optionen, welche in Zuzwil seit Monaten für Diskussionen sorgen. Unbestritten ist, dass es Massnahmen braucht, um ein Dorfbach-Hochwasser wie im Jahr 2015 verhindern zu können. Auf der einen Seite steht der Gemeinderat, der das bestehende Gerinne sanieren und somit vor einem 100-jährigen Hochwasser sicher machen will. Auf der anderen Seite ist ein Ad-Hoc-Komitee «Zur Rettung des Zuzwiler Dorfbachs», das sich für einen Stollen einsetzt.
Zuletzt war das Augenmerk des Komitees verstärkt auf die Abstimmung vom 20. Oktober gerichtet. Dann befinden die Zuzwiler, ob sie den Dorfbach «herkömmlich» sanieren wollen oder das Stollenprojekt vorantreiben möchten. Die Kosten-Differenz beträgt fast zehn Millionen Franken. Oder wird noch alles anders? Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat das Komitee eine aufsichtsrechtliche Anzeige gegen den Zuzwiler Gemeinderat beim Kanton eingereicht. Die Begründung: Es bleibe zu wenig Zeit für die Meinungsbildung. Laut dem Komitee gibt es derzeit zum herkömmlichen Sanierungsprojekt zu wenige Infos. Diese würden erst Ende September an einer Infoveranstaltung gegeben. Fast zeitlich würden die Unterlagen für die Abstimmung verschickt – und die Leute begäben sich in die Herbstferien. Die rund drei Wochen bis zum Abstimmungstermin seien zu wenig Zeit zur Meinungsbildung. Darum fordert das Komitee, die Abstimmung zu verschieben. Ein Ersatzdatum wird nicht genannt.
Gemeinderat verspricht Infos noch im August
Der Gemeinderat hat nun bis Ende August Zeit, um sich zu dieser Anzeige zu äussern. Bereits jetzt steht fest, dass die Behörde am Zeitplan festhält und die Abstimmung am 20. Oktober durchführen möchte. «Wir wollen keine Zeit verlieren, um die Sicherheit im Dorf gewährleisten zu können», sagt Zuzwils Gemeindepräsident Roland Hardegger gegenüber hallowil.ch. Der Gemeinderat verweist darauf, dass das Projekt «Gerinneausbau» bereits vor ziemlich genau zwei Jahren vorgestellt worden sei und die Bevölkerung an zwei «gut besuchten Sprechstunden» die Möglichkeit hatte, sich über Details zu informieren. Zudem werde der Gemeinderat die Unterlagen der beiden Varianten «Ende August» veröffentlichen. «In der zweiten Hälfte August wird die Abstimmungsbotschaft im Gemeinderat verabschiedet und dann zusammen mit den Projektunterlagen der beiden Varianten für die interessierte Bevölkerung auf www.zuzwil.ch aufgeschaltet», schreibt der Gemeinderat im Zuzwiler Mitteilungsblatt von dieser Woche.
Zudem sei vorgesehen, dass Mitte September beide Varianten im Gelände abgesteckt werden. Zudem würden an den «Absteckungspunkten» die entsprechenden Profile angezeigt. Für den 25. September ist eine Informationsveranstaltung in der Turnhalle 1 vorgesehen, an welcher auch die Fachpersonen anwesend sind. Dabei wird über beide Varianten informiert. Weiter ist geplant, dass Feldbegehungen mit den Projektverantwortlichen angeboten werden. Der Zeitpunkt ist noch nicht bestimmt.
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So berichtete hallowil.ch am 3. August 2019):
Das Hickhack um die Neugestaltung des Zuzwiler Dorfbachs geht in die nächste Runde. Nachdem der Gemeinderat vor den Sommerferien eine Urnenabstimmung «Pro / Contra Stollen» für den 20. Oktober in Aussicht gestellt hatte, gehen nun die Gegner in die Offensive und fordern eine Verschiebung auf ein noch unbestimmtes Datum. «Weder sind wesentliche technische Fragen geklärt, noch sind die Kosten für die Kernzone vom Gemeinderat bevorzugten Projekt glaubwürdig», sagt Peter Link von diesem Ad-Hoc-Komitee gegenüber hallowil.ch.
In einem längeren Schreiben, das dem Gemeinderat sowie den Ortsparteien bereits zugestellt worden ist, hallowil.ch vorliegt und auch der Bevölkerung zugänglich gemacht werden soll, nennt das Komitee Gründe, warum eine Abstimmung am 20. Oktober aus seiner Sicht verführt ist. Dabei konzentriert sich das Komitee nicht in erster Linie auf das selbst propagierte Stollen-Projekt unter dem Kirchhügel. Viel mehr nimmt es sich dem vom Gemeinderat bevorzugten Sanierungsprojekt des Dorfbachs an. Was genau geplant sei, ist laut Peter Link nur ansatzweise bekannt. Er geht davon aus, dass dieses Projekt vom Gemeinderat erst gut drei Wochen vor der Abstimmung der Öffentlichkeit präsentiert wird. Die Botschaft der Behörde und die Stimmzettel für die Abstimmung vom 20. Oktober würden nahezu zeitgleich verschickt. «Eine breite Diskussion und eine echte Meinungsbildung sind zurzeit unmöglich», begründet das Komitee.
Gegner befürchten eine «Blamage»
Ende Juni hatte der Gemeinderat an einer gut besuchten Infoveranstaltung die Fakten auf den Tisch gelegt. Eine Kernaussage: Die Gesamtkosten für einen Entlastungsstollen beliefen sich auf 17,7 Millionen Franken. Würde «nur» das bestehende Gerinne saniert, so wären dafür 8,1 Millionen Franken einzuplanen. Die Differenz beträgt also fast zehn Millionen Franken. Doch mit den präsentierten Zahlen wird das Komitee nicht grün. Es hinterfragt zum Beispiel enthaltene «Ohnehinkosten» von 1,6 Millionen Franken. Dabei handelt es sich laut dem Komitee um Instandstellungen, die im Falle eines Entlastungsstollens erst in Jahrzehnten erforderlich sein werden. Für einen fairen Kostenvergleich muss laut den Berechnungen des Ad-Hoc-Komitees für die Kernzone von einem höheren Aufwand ausgegangen werden, da neun Brücken tangiert seien und 1200 Meter Bachbett neu gebaut werden müssten.
Ferner bemängeln die Sanierungsgegner, dass die Gerinne-Erneuerung nicht mit dem Ortsbildschutz kompatibel sei. Mit Verweis auf den Zuzwiler Richtplanbericht ist für das Komitee klar: Das Mitteldorf von Zuzwil und die Bachbebauung am Fusse der Kirchterrasse mit Bauten aus dem 17. und 19. Jahrhundert ist eine schützenswerte Bebauung und deren ursprüngliche Substanz sei zu erhalten. «Was für eine Blamage für Zuzwil, wenn das Abstimmungsergebnis vom 20. Oktober im Falle einer Zustimmung zum Sanierungsprojekt vom Kanton später aufgehoben würde», schreibt das Komitee. Und weiter: «Es darf nicht sein, dass ein von Betonmauern gesäumter Kanal von dreieinhalb Metern Tiefe entsteht, der das Dorfbild nachhaltig negativ verändern wird. Das ist eine Ingenieurlösung des 19. Jahrhunderts.»
Ergebnisoffene Diskussion gefordert
Im erwähnten Schreiben des Ad-Hoc-Komitees werden noch weitere Gründe genannt, warum der Urnengang zu verschieben sei. «Vor einer Abstimmung pro oder contra Stollen müssen diese Fragen geklärt werden, so die Forderung. Eine ergebnisoffene Diskussion sei zu ermöglichen, damit sich die Stimmbürger eine fundierte Meinung bilden könnten.