Es ist gefährlich. Führt der von Wil kommende Krebsbach zu viel Wasser, wird dieses auf die Autobahn A1 abgeleitet. Denn der Bach hat ein Nadelöhr. Dieses ist just die Autobahn. Unter dieser muss das Wasser durch. Dazu wurde ein so genannter Düker gebaut – also eine Druckleitung zur Unterquerung der Nationalstrasse. Das Problem: Der Düker hat ein begrenztes Fassungsvermögen von rund 12 Kubikmeter Wasser pro Sekunde. Kommt zu viel Wasser, wirkt das Düker-Zuflussbecken wie ein Stausee samt Mauer und das Wasser läuft über die Wiese unweit der Larag auf die Autobahn A1. So auch am frühen Dienstagmorgen. Und das ganz gewollt. Als man die Autobahn in den 1960er-Jahren gebaut hatte, schien man die Gefährdung durch den Krebsbach als nicht allzu hoch einzuschätzen. Das rächt sich nun.
Es ist eine Situation, die niemanden befriedigt – zumal sich die Vorfälle häufen. In den Jahren 2015 und 2018 kam es je an einem Sonntagabend bei einem kurzen, aber heftigen Gewitter zu einer Überflutung der A1. Nun passierte es in der Nacht, womit viel weniger Autofahrer betroffen waren. Was nichts an der Ausgangslage ändert: Solange keine Hochwasserschutz-Massnahmen getroffen werden, kann es jederzeit wieder zu einer Überflutung kommen. Schon heute.
Zweiter Düker soll es richten
Doch was ist der aktuelle Stand der Planungen im Hochwasserschutz? Sie laufen seit Jahren, und werden noch weitere Jahre in Anspruch nehmen. Ausgearbeitet wird ein gemeinsames Projekt für die vier in jener Region verlaufenden Bäche Krebsbach, Huebbach, Alpbach und Meienmättelibach. Beim Krebsbach soll das Nadelöhr behoben werden, indem ein zweiter Düker gebaut wird. Somit könnte die doppelte Menge Wasser abfliessen, was selbst für ein Hochwasser genügt, welches in dieser Form nur alle 100 Jahre vorkommt.
Es ist das Ziel, im Herbst dieses Jahres das Hochwasserschutz-Projekt Region Wil der Öffentlichkeit vorzustellen. In der Folge wird es von den amtlichen Stellen geprüft und soll nach weiteren Optimierungen im Herbst 2020 öffentlich aufgelegt werden. Somit ist der frühestmögliche Baubeginn im Jahr 2021. Allerdings ist mit Einsprachen zu rechnen. Werden diese durch die diversen Instanzen gezogen, kann das eine mehrjährige Verzögerung nach sich ziehen.
Nach dem letzten Zwischenfall reagiert
Doch gibt es die Möglichkeit, die Schutz-Massnahmen des Krebsbachs nun vorzuziehen? Klemens Müller, der beim Kanton Thurgau für dieses Hochwasserschutz-Projekt verantwortlich ist, sagt: «Man könnte den zweiten Düker schon früher bauen. Allerdings müssen auch die Schutzmassnahmen in Rickenbach umgesetzt sein, damit das Dorf nicht geflutet wird.» Müller hat Verständnis für die immer lauter werdende Kritik, spricht aber von einer «Ohnmacht» in diesem Projekt. «So ist halt unser Rechtssystem. Es braucht Zeit», sagt er.
Nach dem letzten Zwischenfall vor Jahresfrist ist man nicht untätig geblieben. Jene Stelle, wo das Krebsbach-Wasser jeweils Richtung Autobahn stürzt, wurde mit einer Böschungsverbauung versehen. Sie sieht nun wie gepflästert aus. Damit kann zwar das überschüssige Krebsbach-Wasser nicht abgefangen werden – jedoch soll Schlamm und Geröll nicht auf der Fahrbahn landen.