„Es gibt viele Gründe zufrieden zu sein, wie es bisher läuft“, meint Jacques Erlanger beim Gespräch im Restaurant Hof. Der 53-jährige Kulturunternehmer hat einen der exklusivsten Arbeitsplätze in der ganzen Ostschweiz: Er ist auf Zeit „Mister Hof“ und von der Hofstiftung in einem 30 Prozent-Pensum angestellt. Etwas überspitzt formuliert: Er muss das Publikum vom Reiz sehr baufälliger Räume überzeugen und sie vermieten.

In der übrigen Zeit kümmert er sich mit seiner Firma unter anderem um die Organisation und die Produktionsleitung von künstlerischen Theater- und Tanzprojekten. In seiner Wohnstadt St. Gallen hat er sich bisher etwa um die kulturelle Entwicklung des Sitterwerks sowie der ehemaligen Militärkantine gekümmert und sich damit einen Namen geschaffen.

Bekanntheit fördern
Im Wiler Hof ist er für die Vermietung einzelner Räume zuständig, weiter koordiniert er die verschiedenen Nutzungen im mächtigen Gebäude. Gemäss Auftrag muss er auch dafür sorgen, dass die Möglichkeit der Nutzung überhaupt bekannt wird. Dazu bedient er sich der traditionellen Möglichkeiten, in Form von Plakaten, Flyern und Prospekten. Er setzt aber auch auf die digitalen Medien, wie Facebook, Newsletter und Homepage. „Oft sind es auch Besucher einer Veranstaltung, die die Räume für ein eigenes Projekt entdecken“, berichtet er von seinen bisherigen Erfahrungen.

Herrschaftsbau
Wie Jacques Erlanger betont, brauche es eine gewisse Anlaufzeit, bis die Bevölkerung das Potential der verschiedenen Räume wahrnehme. Für ihn sind sie eine faszinierende Herausforderung, weil sie eine ganz eigene Atmosphäre ausstrahlen. Dem wuchtigen Bau haftet eine Aura von Trutzigkeit und feudaler Machtdemonstration an. Ein gewisser Respekt ist bei der Bevölkerung vor dem ehemaligen Amtssitz des mächtigen Fürstabtes ist nur schon von seiner Erscheinung her gegeben, ein heiteres Lustschloss ist es allemal nicht.

Toleranz ist gefordert
In den oberen Etagen sowie in der Dienerschaftskapelle fanden bisher als Zwischennutzung Bilderausstellungen, Tanzperformances, Lesungen, Konzerte, Versammlungen und auch Fotoshootings statt. „Man muss allerdings die besondere Atmosphäre von baufälligen Räumen mögen“, betont der ausgebildete Soziologe. „Da und dort bröckelt immer mal wieder der Verputz herunter.“ Dies darf einem nicht stören. Und in der kalten Jahreszeit sind nicht alle entsprechenden Räume zu heizen.

Strenge Sicherheitsauflagen
Die Nutzung ist nicht nur wegen der Jahreszeiten zum Teil eingeschränkt, auch der bautechnische Zustand sowie die feuerpolizeilichen Bestimmungen setzen Grenzen. So dürfen in einzelnen Räumen maximal 50 Personen anwesend sein. In der der Dienerschaftskappelle braucht es eine menschliche Brandwache neben der Türe, wenn sich mehr als 30 Personen darin aufhalten, so sind die gesetzlichen Bestimmungen. Und an den Wänden darf nichts aufgehängt oder befestigt werden.

Trotz all dieser Hemmnisse lassen sich verschiedene Veranstalter nicht davon abhalten, einzelne Räume zu mieten, wie ein Blick auf die Liste der nächsten Veranstaltungen zeigt. Am 22. Juni sowie am 29.August sind Konzerte programmiert. Einige weitere Projekte sind noch im Planungsstadium, die Details werden rechtzeitig öffentlich bekannt gegeben.

Mix von Stilepochen
Weshalb auch immer man den Hof betritt, man kann sich seiner Vergangenheit kaum entziehen. Überall stösst man auf historische Wandmalereien, ornamentale Stuckaturen und hochwertige Kachelöfen.

Dass die Räume Spuren unterschiedlicher Stilepochen zeigen, macht sie besonders interessant, nach dem Motto: Mittelalter trifft Rokoko. Dies sind die besonderen Herausforderungen, die sich für die Zukunft stellen: Wie kann man ein 800-jähriges mächtiges Gebäude, das als Denkmal von nationaler Bedeutung gilt, in eine lebendige Zukunft überführen?

Gemäss Jacques Erlanger wird der Stiftungsrat des Hofs im Sommer entscheiden, welches die nächsten Schritte sind. Dann wird auch bestimmt, ob sein befristetes Mandat verlängert wird. Die Motivation, den Hof für die Bevölkerung auf vielfältige Weise erlebbar zu machen, scheint beim derzeitigen „Mister Hof“ ungebrochen.

Weitere Informationen: www.hofzeit.ch

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Veranstaltungshinweis:

Am Freitag, dem 22. Juni 18 findet, ab 20 Uhr im Dachstock des Hof ein Konzert statt. Gemäss Veranstalter steht: „DEJÀN steht für pulsierenden Rhythmen und orientalische Stimmen, durchmischt mit lateinamerikanischen Klängen. Der Name DEJÀN setzt sich zusammen aus dem spanischen “DE”, “von”, und dem aserbaidschanischen “JAN”, was ”Familie” oder “Seele” bedeutet. Zusammen bilden die Bandmitglieder eine Seelenfamilie, die sich dem World Jazz verschrieben hat - eine Verschmelzung von lateinamerikanischem Lebensgefühl und Melodien aus dem Nahen Osten.

Ihre Musik erzählt von Reisen durch die Kulturen dieser Welt, von Unterschieden und Gemeinsamkeiten und lebt von der universellen und verbindenden Sprache der Kreativität.

DEJÀN ist ein sehr junges Projekt, das aus einem Kollektiv von Studenten des Berklee College of Music in Boston entstanden ist. Es besteht aus dem Bassisten Han Beyli (Aserbaidschan/Ukraine), dem Pianisten Aníbal Cruz (Cuba), Keisel Jiménez (Cuba) an der Perkussion und Sängerin Joana Elena (Schweiz/Argentinien).“