Susanne Hartmann war im Jahr 2013 in Wil erste Stadtpräsidentin in der Geschichte des Kantons St. Gallen. Im Jahr 2020 dürfte es auch im Hinterthurgau soweit sein. Und zwar im Bezirkshauptort Münchwilen. Dort ist die Nachfolge von Gemeindepräsident Guido Grütter zu regeln, der überraschend seinen Rücktritt per Ende Mai 2020 bekannt gegeben hat. Schon früh meldete die Münchwiler Gemeinderätin Nadja Stricker ihr Interesse an – und erhielt keine Konkurrenz. Dies lässt sich nun sagen, wo am späten Montagnachmittag die Meldefrist für Kandidaturen abgelaufen ist. Auf dem Wahlzettel wird also einzig ihr Name stehen.
Darf man also schon zur Wahl gratulieren? «Nein, der erste Wahlgang ist am 9. Februar 2020. In Münchwilen kann alles passieren», sagt Nadja Stricker gegenüber hallowil.ch. Es ist eine Anspielung darauf, dass der Gemeinderat innerhalb von zwei Jahren zweimal eine kommunale Abstimmung verloren hat. Einmal ging es um die Sanierung der Hauptstrasse durchs Dorf, einmal um einen Landverkauf im Gebiet Waldegg.
Zweimal mit dem besten Resultat
«Das Vertrauen in den Gemeinderat ist beschädigt. Es geht nun darum, ein konstruktives Miteinander zu ermöglichen. Da müssen alle mitmachen vom Gemeinderat über die Verwaltung, die Parteien, die Bevölkerung bis zu jedem einzelnen», sagt Nadja Stricker. Man müsse wieder mehr miteinander reden.
Auch wenn Stricker ihre Wahl selbstredend nicht voreilig verkünden will, deutet nichts darauf hin, dass noch etwas schief gehen könnte. Von den vier Ortsparteien haben sich FDP, CVP und Grüne für Nadja Stricker ausgesprochen. Die SVP wollte noch die Meldefrist am 16. Dezember abwarten, ehe auch sie die Parole fasst. Alles andere als die Unterstützung Strickers wäre nun eine grosse Überraschung. Zudem hatte sie bei den Münchwiler Gemeinderatswahlen zuletzt zweimal das beste Resultat aller Kandidierenden gemacht. Es erstaunt deshalb nicht, dass die einzige Kandidatin keinen eigentlichen Wahlkampf betreiben wird. Im Januar gibt es dreimal die Möglichkeit, sie in einem Münchwiler Lokal bei Kaffee, Gipfeli oder Kuchen kennenzulernen.
Parallelen zum Fussball
Doch wer ist eigentlich diese 47-jährige Münchwilerin, die im Hinterthurgau Geschichte schreiben will? Nadja Stricker, die heute der FDP angehört und Mutter einer 18-jährigne Tochter ist, war früher Journalistin bei den Wiler Nachrichten, der Thurgauer Zeitung und der Wiler Zeitung. Letztere führte sie drei Jahre lang als Redaktionsleiterin. Seit achteinhalb Jahren ist sie Gemeindeschreiberin in Rickenbach und hat das Bauwesen als einen Schwerpunkt. Seit viereinhalb Jahren gehört sie dem Gemeinderat von Münchwilen an und betreut das Ressort Finanzen und Gesundheit. «Ich habe die Behörden aus den verschiedenen Blickwinkeln beobachtet und konnte mir Fähigkeiten und Kompetenzen für das Gemeindepräsidium erarbeiten», sagt Nadja Stricker.
In ihrer Freizeit hat sie die Juniorinnen-Abteilung des FC Münchwilen aufgebaut. Ihr gehören heute rund 60 Mädchen an, womit der Verein zu den grössten im Thurgau gehört, was die Frauenabteilung betrifft. «Zwischen Fussball und Politik gibt es viele Parallelen. Man muss mit Niederlagen umgehen können und darf Siege feiern. In beiden Bereichen brauchst du Strategien, um zum Erfolg zu kommen. Wenn es nicht mehr vorwärts geht, muss man sich zuerst zurück orientieren, um danach neu aufzubauen», sagt Stricker.
Wird Nadja Stricker am 9. Februar gewählt, würde in der Folge eine Ersatzwahl in den Gemeinderat fällig, um Strickers Sitz zu besetzen.