Was St. Gallen, Wittenbach, Buchs und Grabs bereits haben, strebt die Stadt Wil per Jahr 2022 an: das Energiestadt-Label «Gold». Um dieses zu erlangen, muss 75 Prozent des energiepolitischen Potenzial erfüllt werden. Nachdem es vor 20 Jahren in der Äbtestadt noch 56 Prozent gewesen waren, steht sie aktuell bei 70 Prozent. «Je weiter man nach oben kommt, desto anspruchsvoller wird es, sich zu verbessern. Die nächsten fünf Prozent werden die schwierigsten», sagt Stefan Grötzinger, Energiebeauftragter der Stadt Wil.

Ein wichtiger Treiber in der Bewertung ist die Förderung von erneuerbarer Energie. Dazu gehört die Photovoltaik. Diese macht in Wil aktuell «erst» 3,5 Prozent aus, soll aber bis im Jahr 2020 auf 15 Prozent gesteigert werden. «Die grossen Dächer in der Stadt Wil sind bereits besetzt. Es geht nun darum, in Knochenarbeit alle anderen möglichen Solarstrom-Produzenten anzugehen. Zudem hoffen wir, dass die Technologie besser wird und wir pro Quadratmeter noch mehr Solarstrom gewinnen können», sagt der zuständige Stadtrat Daniel Meili.

Fernwärme: Gespräche mit Zuzwil
Auch das Fernwärme-Projekt dürfte der Stadt helfen, das Gold-Label zu erlangen. Das ambitionierte Ziel: Bis im Jahr 2050 soll 80 Prozent der Wärme erneuerbar sein. Auf Heizöl und Graugas ist dann gänzlich zu verzichten.

Geplant ist, dass ab dem Energiepark der Zweckverwertung Abfall Bazenheid (ZAB) ein Fernwärmenetz bis nach Wil errichtet wird. Während ein erster Ast im Dorf Bazenheid bereits gebaut wird, dürfte dieses Thema demnächst auch im Wiler Parlament zu reden geben. Beantragt wird ein Planungskredit von 1,3 Millionen Franken. Dieses Netz würde zuerst auf Kirchberger, später auf Rickenbacher und Wilener Boden bis an die Stadtgrenze und alsdann auf städtischen Gebiet verlaufen. Im besten Fall kann ab dem Jahr 2021 Fernwärme bezogen werden – zuerst im Bergholz-Gebiet. Eine erste Bauetappe soll das Spital Wil erschliessen, eine zweite die Psychiatrische Klinik. Auch das Gebiet Wil West, wo in den nächsten Jahren bis zu 3000 Arbeitsplätze entstehen sollen, könnte mit Fernwärme aus Bazenheid bedient werden. Mittlerweile ist gar vorstellbar, dass auch die Gemeinde Zuzwil angeschlossen wird. Mit der Firma Rutishauser im Ortsteil Züberwangen und der Gemeinde Zuzwil laufen Gespräche.

Stadtrat Meili sagt aber, dass ein flächendeckendes Netz in der Stadt Wil nicht realistisch sei. Das Hofberg-Quartier komme nicht in Frage und auch für die Altstadt sehe es schlecht aus. Ob Bronschhofen angeschlossen wird, hänge davon ab, ob im Gebiet AMP genügend Interessenten vorhanden seien.

Jedes Jahr eine Millionen-Investition
Um das Gold-Label zu bekommen, sind noch weitere Punkte von Bedeutung. Zum Beispiel beim Stichwort «Mobilität». Geplant ist die Velo-Situation zu verbessern, den ÖV-Knoten aufzuwerten und den Bahnhofplatz neu zu gestalten. Zudem sollen kommunale Gebäude saniert werden, wobei der Fokus als nächstes dem Lindenhof-Schulhaus gilt. Ferner ist die Stadt Wil auf dem Weg zu einer Smart-City. Es wurde ein partizipatives Vorgehen gewählt. Will heissen: Die Meinung der Stadtbewohner fliesst ein. In den vergangenen Wochen wurde deren Meinung erfragt. Bis im Herbst dieses Jahres soll die Strategie für die Smart City erarbeitet sein. Nächstes Jahr sind Massnahmen geplant. Ganz grundsätzlich ist die Kommunikation ein wichtiger Punkt, wobei hier auch die Jugend miteinbezogen wird.

Die Weiterentwicklung der Stadt Wil im Energiebereich ist selbstredend nicht gratis – selbst wenn man die bevorstehende Millionen-Investition für das Fernwärmenetzes weglässt. «Jedes Jahr werden rund zwei bis drei Millionen Franken aus der städtischen Kasse für den Energiefonds, Velowege, Sanierungen und dergleichen investiert», sagt Meili.