60 Jahre Provisorium und eine Wartezeit von weiteren vier Jahren nach dem positiven Volksentscheid zum Bau eines neuen Gemeindehauses haben im Dezember 2017 ein Ende gefunden. In Anbetracht dieser Vorgeschichte sei es erstaunlich gewesen, wie unerwartet rasch die Normalität zurückgekehrt sei, stellt Verwaltungsleiter Thomas Stricker im Rückblick auf den Einzug und die Einarbeitungszeit fest. Als wichtigsten Grund dafür nennt er die gründliche Vorbereitung auf die neue Situation.

Post inside
Thomas Stricker arbeitet seit 27 Jahren bei der Gemeinde Uzwil. Als Verwaltungsleiter hat er die Chance genutzt und die funktionale und künstlerische Gestaltung des neuen Gemeindehauses massgeblich geprägt.


Chancen wurden ausgelotet

Auf die Möglichkeit, einen Gemeindehaus-Neubau beziehen zu können, musste in Uzwil Jahrzehnte lang gewartet werden. Deshalb habe man sich schon lange im Voraus intensiv mit den Chancen befasst, welche sich daraus ergäben. Thomas Stricker präzisiert: «Wir haben uns Gedanken zu den betrieblichen Konzepten gemacht und überlegt, wie wir die Kunden durchs Haus führen.» Die gründliche Vorbereitung habe sich bezahlt gemacht. Schon kurz nach dem Bezug habe sich alles als normal erwiesen. Sowohl die eigenen Erwartungen, als auch jene der Kunden seien erfüllt gewesen.

Funktionaler Zweckbau

Das neue Gemeindehaus setzt zwar einen markanten Akzent im vorgesehenen neuen Zentrum von Uzwil. Thomas Stricker relativiert aber: «Das Gemeindehaus ist ein reiner Zweckbau. Es ist der Arbeitsplatz für die Verwaltung, und es ist der Begegnungsort mit der Bevölkerung.» Beide Funktionen erfülle das neue Gemeindehaus. Viele Abläufe seien neu geregelt worden und ermöglichten zusammen mit besseren räumlichen Voraussetzungen ein effizienteres Erfüllen der Aufgaben. Als Beispiel führt Stricker das Steueramt mit seinen 7000 Steuererklärungen an. Heute lasse sich wirkungsvoller arbeiten. Man treffe aufgeräumtere Pulte als früher an.


Réception als Aushängeschild

In st. gallischen Landen muss sich ein Besucher in den Gemeindehäusern meist beim Einwohneramt anmelden und dort auch bereits sein Problem darlegen. Uzwil ist einen eigenen Weg gegangen und hat im Foyer eine Réception als Wegweiser durchs Haus geschaffen. Damit biete man einen freundlichen Auftritt, trage dem Datenschutz Rechnung und schaffe kurze Wege für die Bürger, begründet Stricker die Neuheit. Die Skeptiker innerhalb und ausserhalb der Verwaltung habe man vom Gewinn im Ablauf und im freundlichen Kundenauftritt überzeugen können.

Diskretion an den Schaltern

Ein wesentlicher Unterschied zu früher ist die Gestaltung der Schalter. Waren diese vormals klein und zu den Arbeitsplätzen hin offen, so erlaubt die neue Gestaltung eine persönlichere Abwicklung der Geschäfte. Positiv empfunden werde, dass Gespräche – die Zahl schwieriger Gespräche sei gross – nicht mehr vor der Kulisse mithörender Gemeindeangestellter geführt werden müssten. Gleichzeitig sei es aber auch den Gemeindeangestellten möglich, ungestört arbeiten zu können. 


Einladende Besprechungsräume

Für vertieftere Gespräche stehen jetzt genügend geeignete Besprechungsräume zur Verfügung. Dass diese Räume mit grossem lokalhistorischem Verständnis und viel Liebe gestaltet worden sind, findet Anerkennung. Stricker hat sich diesbezüglich Verdienste erworben und freut sich, wenn die Räume bewusst und überlegt genutzt werden.

Jeder Raum ist einem Thema oder einer Uzwiler Persönlichkeit gewidmet und entsprechend gestaltet. Es werden die Kunstmaler Ferdinand Gehr, Leo Rimensberger und Pia Roshardt-Meinherz, die Fotografen Jack Tanner und Stefan Forster, die Filmschauspielerin Heidi Maria Glössner, die erste Bundesrichterin Margrith Bigler-Eggenberger und auch die Gründer, Patrons und Pioniere Naef, Benninger und Bühler gewürdigt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Ein wesentlicher Gewinn aus der Zusammenfassung an einem Standort sei der erleichterte Kontakt und intensivere Austausch zwischen den einzelnen Verwaltungszweigen. Stricker verschweigt aber nicht, dass es auch innerhalb und ausserhalb der Verwaltung Menschen gibt, die den kleinen, familiären Einheiten – beispielsweise dem Schulsekretariat an der Bahnhofstrasse 125 – nachtrauern.

Dass beim Neubau Sicherheitsvorkehrungen nach neuesten Erkenntnissen getroffen worden sind, versteht sich. Die Mitarbeiter müssten sich im Vollzug sicher fühlen, sagt Stricker, gleichzeitig aber dürfe das Haus nicht den Eindruck eines Hochsicherheitstrakts machen. Neben den Sicherheitsmassnahmen bemühe man sich auch, für die Klienten ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohl fühlten. Vielleicht hat dies dazu beigetragen, dass im zu Ende gehenden Jahr kein Klient ausgerastet ist.


Arbeitsplätze einsparen?

Auf das wiederholt angeführte Begehren der FDP Uzwil, das neue Gemeindehaus müsse zur Einsparung von Verwaltungsstellen führen, sagt der Verwaltungsleiter: «Natürlich gibt es gewisse Erleichterungen. Diese werden aber durch aufwändigere Arbeiten in einigen Bereichen und durch neue Aufgabenbereiche mehr als wett gemacht. Die Uzwiler Verwaltung braucht Vergleiche mit ähnlich grossen Gemeinden im Kanton St. Gallen nicht zu scheuen. Sie ist in allen Bereichen kostengünstiger. Und die vergleichbaren Gemeinden stocken ihr Personal regelmässig auf. Die neugeschaffene Réception würde eher eine Personalaufstockung als einen Personalabbau rechtfertigen.»