Zweimal im Jahr laufen Kinder durch die Altstadt und halten so lebendige Bräuche aufrecht. Einerseits am Silvesterabend beim Laternenumzug, andererseits im Herbst beim Steckliträge. Diesen Freitag (13. September) um 18.15 Uhr ist es wieder soweit. Vom Hofplatz aus führt der farbenprächtige Umzug durch die Wiler Altstadt und die Obere Bahnhofstrasse zurück auf den Hofplatz, wo die Schulkinder und Kindergärtler Süssmost und die obligaten Brezel abgegeben bekommen. Der Umzug der verschiedenen Sektionen der Stadtschützen wird von der Stadtharmonie Wil, den Stadttambouren und der Trachtengruppe Wil angeführt. Als Brezel-Träger engagieren sich auch Mitglieder der Cevi Wil. Die Stadtharmonie und die Tambouren beschliessen die Veranstaltung mit einem Platzkonzert auf dem Hofplatz.

Mit dem „Steckliträge“ schlagen die Schützen eine Brücke zur Jugend der Stadt Wil. Dieses bildet jeweils den Auftakt zum Endschiessen der Stadtschützen. Auch in diesem Jahr wird eine muntere Schar von Kindergärtlern und Primarschülern aus verschiedenen Wiler Schulklassen symbolisch die an Stecken gebundenen Gaben durch die Gassen der Altstadt und die Obere Bahnhofstrasse tragen. Bei diesem Umzug darf auch der zottelige Wiler Bär nicht fehlen.

Was ist mit dem Brauch auf sich hat

Doch was ist das Steckliträge eigentlich? Anbei aus dem Wiler Online-Stadtlexikon «will.net» zitiert:

Das "Steckliträge" im Herbst gehört zur "lebendigen" Sorte der Wiler Bräuche. Aus Anlass des Endschiessens der Stadtschützen führt jeweils der festliche Umzug vom Hofplatz durch die Stadt, früher ins Schützenhaus am Stadtweier, später ins Hotel «Schwanen». Die auf diesen Anlass hin von den Vereinsmitgliedern und Gönnern gespendeten Gaben werden, an Stecken gebunden, von der Schuljugend mitgetragen. Als Lohn winkt heute wie früher «ein gesottener oder Butter-Ring». Der zottelige Wiler Bär, der feuerrote "Schybezeiger" und die bunten "Pejasse" sind die nicht wegzudenkenden Bestandteile des Umzugs, ebenso wie die Wiler Trachten, wie die Tambouren, die Stadtmusik, die Schützen und die Zeiger. In einer Wiler Chronik wird besonders das Treiben der Kinder wie folgt beschrieben: «... bei diesem Anlasse ergötzte sich die Kinderwelt durch Spielen mit Nüssen oder anderer Art, und dann an den Gaben von Brötchen oder gesottenen Ringen, die der Bestgewinner des Tages vom zweiten Stock herab unter sie 'röpfeln', das heisst werfen liess, wo dann das Untereinanderpurzeln der rüstigen Jugend selbst dem so ernstgestimmten Zuschauer oft noch ein Lächeln abnöthigten.» Ab 1874 gehörten die Wiler Kadetten, gebildet aus den Knaben der Realschule, ebenfalls zum Umzug, bis diese Form des militärischen Vorunterrichts in den 1920er-Jahren aufgehoben wurde. (pd/red)