Das Motto des Orchesters «von Musizierlust und Spielfreude getragen» umschreibt die Hingabe, mit der die Mitglieder mit ihren professionellen Stimmführenden die Werke erarbeiten. Dank den intensiven wöchentlichen Proben mit steter Weiterbildung musiziert das Laienorchester auf einem hohen Niveau, was sich auch am Sonntagabend zeigte.
Musik aus Renaissance und Barock
Ruhig und präzise leitete Eveleen Olsen die Musikerinnen und Musiker. Die ausgebildete und ausgezeichnete Violinistin studiert zur Zeit Orchesterleitung an der Zürcher Hochschule der Künste. Sie gab zu Beginn einen kurzen Einblick in die vor 300 und 400 Jahren komponierten Werke und stellte die vier mitwirkenden Bläser Gabriel Mayer Hétu, Andreas Schneggenburger sowie Hansjörg und Urs Mauchle von der Stadtmusik Gossau vor. Mit «Orfeo» hat Caudio Monteverdi vermutlich die allererste Oper geschrieben. Wunderschön spielte Corinne Kappler das Solo auf der Tripelharfe, einer kleinen Harfe aus dem Barock, deren Seiten auf drei Ebenen angeordnet sind - und was passt besser in die Weihnachtszeit als Harfenklänge. Fantastisch tönten die Bläser von der vorderen Empore herab in Giovanni Gabrieli’s Canzone. In diversen Kompositionen hatten sie einen wesentlichen Part und bildeten zusammen mit den Streichern eine harmonische Einheit
Leckerbissen
Ohne Ventil, mit Naturtönen spielte Gabriel Mayer Hétu das Trompetensolo in der Sinfonie von Antonio Caldara und im Trompetenkonzert von Tomaso Albinoni sehr beeindruckend. Der Trompeter kommt aus Kanada, studierte in Europa und Amerika, ist Mitbegründer des Barocktrompeten-Ensembles Ostschweiz. Als Dirigent leitet er die Stadtmusik Gossau und ist zudem europaweit auf Konzertreisen. In der Sinfonia in G-Dur RV 149 für Streicher von Antonio Vivaldi entpuppte sich das «Andante» als wunderschöner Pizzicatosatz. Die Saiten wurden gezupft, nicht gestrichen und wirkten sphärisch-geheimnisvoll. Die Solovioline spielte die Melodie leise mit. Dabei überzeugten der Konzertmeister Markus Berthold und die Cellistin Erika Häusermann mit einem anspruchsvollen Duett. Wie zur Bestätigung hüpften die Bogen anschliessend auf den Saiten.
Singen und Musizieren
Johann Rosenmüller ist ein Vorläufer von Bach und studierte an der theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Ab 1651 war er Organist an der Leipziger Nikolaikirche, der grössten und ältesten Kirche der Stadt, später auch an der Thomaskirche. Nach dubiosen Vorwürfen floh er nach Italien und nannte sich fortan Giovanni Rosenmüller. Seine «Sonata Ottava 4» enthält acht kurze, abwechslungsreiche Sätze. Die Grundmelodie wird von verschiedenen Stimmen aufgenommen und zu einem vollendeten Werk geführt. Es schien, dass die etwa 200 Gäste nur auf das Singen zwischen den Vorträgen gewartet haben. Aus vollen Kehlen erklangen die beliebten Weihnachtslieder «Vom Himmel hoch da komm ich her», «Es ist ein Ros’ entsprungen und der bekannte Kanon «Dona nobis pacem». Als Abschluss des Abends sangen alle gemeinsam «Stille Nacht, heilige Nacht». Das Lied erklang vor genau 200 Jahren zum ersten Mal in der Nikolaikirche in Oberndorf bei Salzburg – und heute wird es weltweit von rund zwei Milliarden Menschen in 300 Sprachen und Dialekten gesungen, verbreitet die Sehnsucht nach Frieden und Hoffnung. Zudem zeigt es, was aus einem kleinen Funken entstehen kann.