Eben haben in vielen Betrieben Schulabgänger ihre Lehrzeit begonnen. Und bereits ist die Rekrutierung der nächstjährigen Lernenden im Gang. Lehrlinge sind in einigen Berufen gefragt. Und es ist nicht selbstverständlich, dass noch alle Lehrstellen besetzt werden können. In dieser Situation hat es der Gewerbeverein Uzwil als nützlich erachtet, von der Oberstufe zu erfahren, wie sie Schüler auf die Berufswahl vorbereitet. Mary Baumgartner und Christoph Eggenberger, Schulleiterin und Schulleiter an den Oberstufenzentren Uzeschuel und Schöntal, haben ihre Schule und deren Angebot zur Berufsfindung vorgestellt.
Viele Hilfestellungen
Seit 2014 führt Uzwil eine kooperative Oberstufe mit 20 Klassen: zehn Sekundarklassen, acht Realklassen und zwei Kleinklassen. 40 Lehrpersonen unterrichten rund 350 Schüler. Mit der Vorbereitung auf die Berufswelt wird schon in der 1. Oberstufe begonnen. In der beruflichen Orientierung werden den Schülern Berufe vorgestellt. Ebenso wichtig ist es, dass die Schüler sich selbst und ihre Stärken und Schwächen kennen lernen. Intensiv ist die Berufswahlvorbereitung im 2. Oberstufenjahr. Lehrmeister und Lehrlinge berichten im Unterricht, das BIZ (Berufsinformationszentrum) und die OBA (Ostschweizer Bildungsausstellung) werden besucht. Es werden Vorträge über Berufe gehalten, Lebensläufe geschrieben und Bewerbungen verfasst. Betriebsbesichtigungen und Schnupperlehren vermitteln Einblicke in die Berufswelt. Auch ein Elternabend gilt der Thematik Berufswahl. Im 3. Oberstufenjahr können die Wahlpflichtfächer unter dem Aspekt der Berufsinteressen gewählt werden.
Das Bleibende im Wandel
Trotz des grossen Angebots und der zahlreichen Hilfestellungen macht die Berufswahl manchen Schülern Mühe. Im Gegensatz zu früher lässt sich der Entscheid heute in der Regel leichter korrigieren. Die Ausbildungswege sind durchlässiger – und oft werden Berufsleute sogar zu einer Neuorientierung gezwungen. Grundlegend jedoch bleiben Werthaltungen, welche die Schule fördern muss und die Lehrbetriebe voraussetzen: Selbständigkeit, Eigenverantwortung, Ordnung, Pünktlichkeit, Anstand und Ehrlichkeit.
An die Adresse der Lehrbetriebe richteten die Schulleiter die Wünsche, Referenzauskünfte zu verlangen, Berufserkundungen zu ermöglichen sowie Lehrstellen nicht vor Abschluss der 2. Oberstufe zu vergeben und die Leistungen des 3. Jahres zu kontrollieren.


Integrations- und Präventionsprojekt
Die Oberstufe Uzwil macht, wie Mary Baumgartner ausführte, neu beim schweizweiten Projekt Lift mit. Lift ist ein Integrations- und Präventionsprogramm an der Nahtstelle zwischen der Volksschule und der Berufsbildung. Es bezieht Jugendliche ab der Oberstufe ein, welche eine erschwerte Ausgangslage bezüglich der Integration in die Arbeitswelt aufweisen. Kernelement sind regelmässige Kurzeinsätze, sogenannte „Wochenarbeitsplätze“, in Gewerbebetrieben der Region. Die Einsätze in den lokalen Betrieben erfolgen auf freiwilliger Basis in der schulfreien Zeit. Mary Baumgartner ermunterte die Gewerbetreibenden, das Projekt zu unterstützen.
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Nachgefragt: "Wollen Mittelstufe einbeziehen"
Rolf Raschle, der Präsident des Gewerbevereins Uzwil, befasst sich intensiv mit der Lehrstellensituation in der Region. Dass nicht mehr alle Betriebe ihre Lehrstellen besetzen können, hat ihn veranlasst, der Situation mit einem Projekt zu begegnen. Dazu will er die Schule stärker «mit ins Boot nehmen».
hallowil.ch: Herr Raschle, gibt es zwischen dem Gewerbe und der Schule einen Graben?
Von einem Graben kann man sicher nicht sprechen. Aber der Kontakt muss intensiviert werden. Wir vom Gewerbe wissen zu wenig, was die Schule im Bereich Berufswahlvorbereitung macht. Am heutigen Stamm haben wir erfahren, dass die Schule gegenüber unseren Wünschen offen ist und Informationen schätzt.
hallowil.ch: Wie ist die Lehrstellensituation in Uzwil zu Beginn des neuen Lehrjahres?
Es sind immer noch etliche Stellen offen, vor allen in Handwerksbetrieben, aber auch einzelne Dienstleistungsbetriebe bekunden Mühe mit der Lehrstellenbesetzung. Im eigenen Betrieb – Elektrobranche – hatten wir Glück. Wir haben aber auch grosse Anstrengungen unternommen.
hallowil.ch: Sie haben ein Projekt in Aussicht gestellt, welches zur Verbesserung der Situation beitragen soll. Wie weit ist es gediehen?
Das Projekt «Zoom» ist auf guten Wegen und soll 2020 zusammen mit den Gewerbevereinen und Oberuzwil und Oberbüren realisiert werden. Es will dazu führen, dass Schulabgänger eine Lehre möglichst am Wohnort oder in nächster Umgebung absolvieren können. Und natürlich auch, dass die Lehrstellen in der Region besetzt werden können. Wir möchten bereits die Mittelstufe der Primarschule einbeziehen. Mit Erlebnistagen bei regionalen Betrieben sollen die Kinder einen ersten Einblick die Berufswelt bekommen.