«Was derzeit abgeht, ist der Demokratie nicht würdig. Es werden Behauptungen aufgestellt und Dinge gesagt, die schlicht und einfach nicht stimmen.» Münchwilens Noch-Gemeindepräsident Guido Grütter wählt deutliche Worte, wenn er über die Debatte zur bevorstehenden Abstimmung über den Landverkauf an der Waldeggstrasse spricht. Vordergründig geht es um den Boden dreier gemeindeeigener Liegenschaften, der für 3,4 Millionen Franken an die Firma HRS Investment in Frauenfeld veräussert werden soll. Doch Grütter ist überzeugt, dass die Gegner auf den Mann spielen – und auf den Gemeinderat. Das Anti-Komitee wird getrieben von der örtlichen SVP und den Grünen. «Ich verstehe es als Opposition, weil die SVP nicht mehr im Gemeinderat vertreten ist. Im Hintergrund gab es immer wieder persönliche Angriffe auf meine Person», sagt Grütter.
Das Fass zum Überlaufen gebracht haben schliesslich ein Inserat in der Lokalzeitung «Regi – die Neue» und ein Flyer, welcher von Gegnern des Landverkaufs gestreut worden ist. So wird zum Beispiel angegeben, wegen der Fassadenbauweise drohe die nahe gelegene Murg vergiftet zu werden. «Es ist noch nicht einmal klar, welche Fassaden eingebaut werden. Es wird einen Sondernutzungsplan und ein Baubewilligungsverfahren geben, bei welchem Vorschriften gemacht werden können. Zudem sind die giftigen Stoffe gebunden und es wird verhindert, dass sie ins Wasser gelangen», sagt Grütter. Als «Beleidigung an die Architekten» empfindet er, dass die Gegner von «drittklassiger Architektur» schreiben.
Ersatzwahl am 9. Februar
Die Anfeindungen hätten zugenommen – schon vor diesem Abstimmungskampf. Es sei schon so gewesen, als vor zwei Jahren über die Sanierung der Hauptstrasse durch das Dorf abzustimmen war. Damals hatte der Gemeinderat Schiffbruch erlitten und war mit seiner Vorlage deutlich gescheitert. «Auch da war unsachlich lobbyiert worden», sagt Grütter rückblickend. Er müsse die Situation aber akzeptieren – und zieht mit der Ankündigung seines Rücktritts per Ende Mai 2020 die Reissleine.
Die Demission erfolgt nach neun Jahren im Amt und nur einem Jahr in der dritten Legislatur. «Es war eine tolle Erfahrung. Aber ich bin nun in einem Alter, in dem ich mir viel anderes vorstellen kann und die Work-Life-Balance in Einklang bringen möchte», sagt der 64-Jährige. Der erste Wahlgang für die Ersatzwahl ins Gemeindepräsidium ist auf den 9. Februar 2020 angesetzt.
Erneute Kandidatur als Kantonsrat
Grütters Rücktritt hat auch Einfluss auf seine Funktion als Präsident von «Regio Wil», welche sich schwergewichtig um die Errichtung des Entwicklungsschwerpunktes Wil West kümmert. Im Jahr 2017 wurde Grütter für eine vierjährige Legislatur gewählt, wird nun aber auch dieses Amt per 2020 abgeben – also ein Jahr früher als geplant. Wer Nachfolger wird, ist offen. Grundsätzlich wechselt der Vorsitz alle vier Jahre zwischen einem Vertreter der Kantone St. Gallen und Thurgau. Ob es nun eine einjährige «Thurgauer Übergangslösung» gibt oder der neue Präsident aus dem Kanton St. Gallen fünf Jahre machen wird, steht noch nicht fest.
Klar ist hingegen bereits, dass Grütter als Kantonsrat weitermachen will. Bei den Wahlen im kommenden Frühjahr steht er für die FDP zur Wiederwahl.
_______________________________________________________________________________
So hat hallowil.ch über die Rücktritts-Ankündigung von Guido Grütter berichtet (1.10.):
Diese Meldung kommt überraschend. Guido Grütter hat genug und räumt seinen Posten als Gemeindepräsident von Münchwilen vorzeitig. Er tritt per Ende Mai 2020 zurück. Das ist elf Monate vor dem Erreichen seines ordentlichen Pensionsalters und drei Jahre vor Ablauf der laufenden Legislatur. Erst im Februar dieses Jahres war er für seine dritte Legislatur wiedergewählt worden. Diese wird er nun nach einem Viertel abbrechen.
In der Begründung gibt das Gemeindeoberhaupt neben dem Alter an, dass eine Minderheit der Einwohner des Hinterthurgauer Bezirkshauptortes sich zusehends in die Rolle der Opposition begeben habe. Bei einzelnen Vorlagen seien «unzutreffende Aussagen» und «Misstrauen» gegen ihn, den Gemeinderat und die Behörden geäussert worden. Grütter will sich die Freiheit nehmen, alsdann selbst zu entscheiden, wofür er seine Zeit und seine Schaffenskraft einsetzt. Er möchte sich vor allem jenen Dingen widmen, die er als Gemeindepräsident lange aufschieben musste. Bis zu seinem Abschied Ende Mai 2020 will der Noch-Gemeindepräsident laut eigenen Angaben zahlreiche Geschäfte erledigen, laufende Projekte weiter begleiten und die Politische Gemeinde zum Wohle aller weiterführen.
Auch Kantonsrat und Regio-Wil-Präsident
Guido Grütter ist seit 2011 Gemeindepräsident von Münchwilen. Seit November 2017 politisiert er zusätzlich für die FDP im Thurgauer Kantonsrat. Im gleichen Jahr war er zudem zum Präsidenten der Regio Wil gewählt worden, welche sich die Realisierung des Entwicklungsschwerpunktes Wil West – zu einem grossen Teil auf Münchwiler Gemeindegebiet – auf die Fahne geschrieben hat.
Was sind die Hintergründe des vorzeitigen Rücktritts von Guido Grütter? hallowil.ch hat mit ihm gesprochen und wird im Verlauf des heutigen Mittwochs ein Update publizieren.