«Karin ist mein Vorbild und sie hat mich einst gecoacht. Ich bin als Unternehmer aber auf einer anderen Schiene unterwegs als sie und nehme es politisch, wie es kommt.» Das sagt Marc Flückiger, der seit viereinhalb Jahren Geschäftsführer der Liegenschaftsbetreuungs-Firma Sygma AG ist und nächsten Donnerstag an der ersten Sitzung 2019 des Wiler Stadtpräsidiums aller Voraussicht nach das Erbe von Luc Kauf (Grüne Prowil) als höchster Parlamentarier der Äbtestadt antritt. Zwar sieht Flückiger in der Kaskade KKS-Marc Mächler-Marc Flückiger einen «logischen Abstand», ist aber weit davon entfernt, konkrete Bundesrats- oder auch Regierungsratspläne zu schmieden. Wenn, dann wäre der Nationalrat der nächste Schritt. Aber auch dort geht Flückiger nicht aufs Ganze. Für die nächsten Wahlen im Oktober 2019 wird man seinen Namen nicht auf der FDP-Liste finden, dafür auf jener der Umwelt-Freisinnigen. «Die grosse Liste der FDP käme zu früh. Ich bin noch zu wenig bekannt. Zudem ist Politik für mich ein Hobby und ich bin hauptsächlich Unternehmer», sagt der seit dem Jahr 2009 in Wil wohnhafte Flückiger.

Kommt dazu, dass ihn 2019 das Amt des Wiler Parlamentspräsidenten voll fordern wird, ist doch diese Aufgabe mit vielen repräsentativen Pflichten verbunden. Für Flückiger besteht dieses Jahr aus weit mehr als dem Leiten der monatlichen Sitzungen in der Tonhalle. «Ich werde mir rausnehmen, im Hintergrund gewisse Positionen zu beziehen. In der Politik läuft ohnehin viel im Hintergrund ab», sagt der gelernte Käser.

Via Turnfest in die Politik

In die Wiler Politik kam der Heimweh-Thurgauer dank Parteikollege Mario Breu, seines Zeichens amtierender Fraktionspräsident der FDP im Stadtparlament. Die beiden verbindet viel und sie sind heute gute Freunde. Das war nicht immer so. Als Breu einst die Rekrutenschule besuchte, war Flückiger dessen Vorgesetzter. «Er war ein Besserwisser-Rekrut und ein schwieriger Fall», sagt Flückiger mit einem Schmunzeln. Doch noch im Militär ist eine Freundschaft entstanden. Dank einem Tipp von Breu ist Flückiger heute Mit-Inhaber der Firma Sygma AG – und in der Wiler Politik aktiv. Als in der Äbtestadt im Jahr 2009 ein kantonales Turnfest auf die Beine gestellt wurde, wohnte Flückiger noch in Zuzwil. Breu wusste um die turnerischen und organisatorischen Fähigkeiten seines Freundes und holte Flückiger nach Wil und ins erweiterte OK des Turnfestes. «Innerhalb von drei Monaten habe ich ganz Wil kennengelernt», sagt Flückiger rückblickend.

 
Hier nimmt der designierte Parlamentspräsident Marc Flückiger Stellung zu fünf hallowil.ch-Thesen.

Politisch legte Flückiger die Basis mit der Entscheidung, den Jungfreisinnigen der Stadt Wil neues Leben einzuhauchen. Die ersten vier Jahre gehörte der Unternehmer jener Partei an, ehe Flückiger seit 2017 für die FDP städtische Politik betreibt.

Steuerfuss-Senkung: «Es war eine Zwängerei»

Vor dem Jahr als Parlamentspräsident hat der Vereinsmensch grossen Respekt. «Es läuft vieles formal ab. Das ist nicht schlecht, aber ich bin ein Ad-Hoc-Mensch», sagt Flückiger. Er setzt sich eine straffere Sitzungsführung zum Ziel und hofft, dass keine Sitzung bis um Mitternacht dauert wie die Budgetdebatte im vergangenen Dezember. Zudem möchte er Wil in ein besseres Licht rücken. «Die Stadt hat einen schlechten Ruf, auch gegen aussen. So höre ich Leute, die nicht nach Wil arbeiten kommen wollen, weil die Stimmung schlecht sei. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass Wil ein attraktiver Arbeitgeber wird», sagt Flückiger.

Der FDP-Politiker übt auch Kritik am Stadtrat, der aus seiner Sicht die Führungsverantwortung nicht in genügendem Mass wahrnimmt. «Der Exekutive versteckt sich zu oft hinter dem Departements-System. Die Mitglieder könnten mehr Druck untereinander ausüben. Ein Brennpunkt ist vor allem im Departement Bau, Umwelt und Verkehr. Das bewusste Bremsen stört mich», sagt Flückiger. In diese Thematik geht laut dem designierten Parlamentspräsidenten auch das Thema Steuerfuss-Senkung. Seine Partei hat zusammen mit der SVP eine solche mittels Ratsreferendum vors Volk gezerrt, obwohl eine Mehrheit im Stadtparlament dagegen war. «Es ist vielleicht eine Zwängerei. Aber der Stadtrat hat die Führungsverantwortung nicht wahrgenommen. So blieb am Schluss nur diese Option. Im Budget 2019 hat es Luft, die wir somit etwas rauslassen wollen.» Voraussichtlich am 10. März befinden die Wiler Stimmbürger an der Urne über eine Steuerfuss-Reduktion um zwei Prozentpunkte auf 118 Prozent.