Bereits zum zweiten Mal wird Welcome2my-Küche veranstaltet. Welche Erfahrungen hat man bei der Premiere gemacht?

Das erste Mal war für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung. Die anfänglichen Schwierigkeiten, wie beispielsweise die Bildung der Gruppen, die Kompensation von Aussteigern und der eigentlichen Terminfindung, wurden mit viel Engagement aus dem Wege geräumt. Die vielen positiven Rückmeldungen, selbst gemachte Erfahrungen und die Tatsache, dass Integration kein Sprint, sondern ein Marathon ist, haben uns dazu bewogen, die Aktion weiterzuführen. Durch die Ausweitung und den Einbezug von Schulkindern ab der dritten Klasse haben wir bewusst keine Wiederholung angestrebt. Inklusion benötigt Räume, Gestaltung – denn ohne diese können wir keine Veränderung bewirken.

Die Veranstaltung steht im Rahmen der Aktionstage gegen Rassismus. Wie kann die gemeinsame Küche hier entgegenwirken?

Die Sensibilisierung beginnt durch gemeinsames Essen. Durch den Einbezug von unterschiedlichen Menschen erfährt man mehr vom Gastgeber, seinem Hintergrund, seinen Werten und der Herkunft. Durch die Freiwilligkeit hat die interessierte Person bereits einen ersten Schritt auf sein unbekanntes Gegenüber gemacht und ist empfänglich, Neues aufzunehmen, Bekanntes zu hinterfragen und Diversität als Bereicherung zuzulassen. Es ist eine niederschwellige Plattform, um Vorurteile und Hemmschwelle abzubauen. Das gemeinsame Essen bietet eine gute Grundlage, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Nach dem Motto «Gemeinsam im Zentrum» oder «Ich habe auch andere Facetten». Wenn du mich besser kennst, nimmst du mich automatisch anders wahr.

Wie funktioniert das Projekt «Welcome2my-Küche»?

In individuellen Gruppen von vier bis sechs Personen bekochen wir uns gegenseitig. Mit der Organisation meines Anlasses habe ich die Möglichkeit, mich an drei bis fünf Abenden selbst überraschen zu lassen. Wir schaffen damit Begegnungen auf Augenhöhe, ermöglichen den Aufbau von sozialen Netzwerken, bauen Vorurteile und Hemmschwellen durch gemeinsame Aktivität ab, und erleben statt dessen die Vielfalt. Unsere Gemeinsamkeiten werden in den Vordergrund gestellt. Das Projekt dient als Anstoss für den individuellen Prozess, Diversität als Bereicherung wahrzunehmen und zuzulassen.

Welches sind die Herausforderungen bei der Planung oder der Durchführung?

Oft gestaltet sich die Terminfindung als Herausforderung. Daneben gilt es, zu überlegen, welche Zielgruppe und welche daraus resultierenden Faktoren für die Essensauswahl zu berücksichtigen sind. Die Auseinandersetzung mit dem erwarteten Gegenüber ist bereits ein erster Schritt, Inklusion zuzulassen.

Was kommt jeweils auf den Tisch?

Bedingt durch die unterschiedliche Zusammensetzung der Gruppe wird bei jedem Anlass ein individuelles Essen gekocht. Dabei werden oft mit viel Enthusiasmus Spezialitäten der jeweiligen Region zubereitet und mit Stolz präsentiert.

Wie verstehen sich die Teilnehmenden untereinander? Wer besucht den Anlass?

Die Teilnahme setzt Grundkenntnisse der deutschen Sprache voraus. Interessant ist, dass Teilnehmer oftmals während des Anlasses ihre bestehenden Zweitsprache-Kenntnisse aktivieren und einsetzen.

Was nehmen Sie von der Aktion persönlich mit?

Es ist immer wieder schön, zu beobachten, dass der in Gang gesetzte Prozess über die Projektdauer hinausgeht. Es entstehen dabei sogar Bekanntschaften und Gruppen, welche sich später weiterhin treffen, austauschen, spazieren und gemeinsame Aktivitäten unternehmen. Vielen Leute haben durch die Teilnahme eigene Grenzen überschritten und sind dankbar über die gemachte Erfahrung - und gehen offener mit ihrem Umfeld um.