Die prekäre Situation war zweimal nahezu identisch: Kurze, aber heftige Niederschläge im Raum Wil liessen den in der Regel zierlichen Krebsbach binnen Minuten so stark anschwellen, dass er beim Sammelbecken vor der Autobahn A1 überlief. Der Bach, welcher in Rossrüti entspringt und via Wil nach Rickenbach fliesst, hat an jener Stelle seinen Engpass. Dort muss das Wasser durch einen so genannten Düker, welcher unter der Autobahn durchführt. Ist dieser Durchfluss voll, fliesst das Wasser oberirdisch zuerst über eine Wiese nahe der Firma Larag und dann eine Böschung hinunter auf die A1.
So ist es geplant, und im Juni 2015 ein erstes Mal eingetreten. «Das überschiessende Wasser schwemmte auch grosse Teile der Böschung auf die Autobahn. Mit zwei Sickergeröllbeton-Gräben haben wir danach versucht, die Böschung für ein nächstes Ereignis zu sichern und den Wiederaufbau zusätzlich zu stabilisieren», sagt Jérôme Jacky vom Bundesamt für Strassen (Astra) auf Anfrage von Hallowil.ch. Dumm nur, dass die Massnahme nicht wirkte. Als es am 15. Juli dieses Jahres in der Region wieder stark regnete, wurde die Nationalstrasse bei Wil erneut in beide Richtungen überschwemmt. «Die Wassermassen waren so stark, dass sie sogar Teile der Sickergeröllbeton-Gräben unterspült haben. Die Massen rissen rund 300 Kubikmeter Böschungsmaterial auf unser Trassee», sagt Jacky.
Schutzmassnahmen für 28 Millionen Franken
Also musste das Astra erneut über die Bücher – und entschied sich dieses Mal für eine Blocksteinpflästerung. «Damit soll nun der Hang so gesichert sein, dass bei einem erneuten Ereignis die Wassermassen keine Möglichkeit haben, Teile der Böschung zu lösen und auf die Autobahn zu schwemmen», sagt Jacky. Fakt aber ist: Gezähmt ist der Krebsbach damit keineswegs. Es ist ein durchaus realistisches Szenario, dass dieser früher oder später erneut Hochwasser führt und die Autobahn ein drittes Mal überschwemmt.
Um dies zu verhindern, wird momentan unter der Leitung des Amts für Umwelt des Kantons Thurgau ein Projekt erarbeitet, das sich der Hochwasser-Problematik im Raum Wil annimmt. Diesen Sommer wurde das Vorprojekt der Öffentlichkeit vorgestellt. Es geht dabei nicht «nur» um den Krebsbach, sondern auch um den von Kirchberg kommenden Alpbach, den aus Sirnach zufliessenden Huebbach und den Maienmättelibach in Wilen. Alles in allem belaufen sich die Kosten für die Schutzmassnahmen auf 28 Millionen Franken, wobei Bund und Kantone den grössten Anteil übernehmen. Wilen müsste 3,8 Millionen bezahlen, Wil 3,61 Millionen und Rickenbach 2,64 Millionen. Die drei Gemeinden unterstützen das Projekt. Baubeginn ist frühestens im Jahr 2021. Gibt es Einsprachen, kann sich die Umsetzung womöglich lange verzögern – womit die Chance steigt, dass das Krebsbach-Wasser erneut die A1 bei Wil flutet.