In Zuzwil gehen seit Monaten die Wogen hoch betreffend Hochwasserschutz. Bestandteil der emotional geführten Diskussion ist ein Hochwasser-Entlastungs-Stollen, der unter dem Kirchhügel gegraben werden soll, wenn es nach einem von Dorfbewohnern gegründeten Komitee geht.
Doch nicht nur in Zuzwil ist ein Stollen zum Hochwasserschutz ein Thema. Sondern auch in Wilen – und zwar im Rahmen eines anderen Projekts. Die Gemeinden Wil, Rickenbach, Sirnach und eben Wilen sollen vor Hochwasser geschützt werden. Bei gleich vier Bächen – dem Krebs-, Hueb-, Alp- und Maienmättelibach – sind Gefahren zu beheben. So zum Beispiel jenes Nadelöhr, bei welchem der von Wil kommende Krebsbach unter der Autobahn A1 in Richtung Rickenbach fliesst. Der Düker, welcher das Wasser unter der Nationalstrasse hindurch transportiert, ist aktuell aber nur beschränkt aufnahmefähig. Kommt bei Starkregen zu viel Wasser, fliesst dieses im Larag-Areal über eine Wiese – und dann auf die Autobahn A1. So geschehen in den Jahren 2015, 2018 und im Juli dieses Jahres. Nun soll ein zweiter Düker errichtet werden, womit das Problem behoben wäre.
Zusammenfluss nach den beiden Stollen
Das ist aber bei weitem nicht die einzige Massnahme. In den vergangenen Jahren ist das «Hochwasserschutz-Projekt Region Wil» erarbeitet worden. Ein Vorprojekt wurde im Sommer des Vorjahres der Öffentlichkeit erstellt. In der Zwischenzeit sind die Planungen verfeinert worden. Die markantesten Anpassungen seither: Gleich zwei Stollen sollen gegraben werden. Beide auf Wilener Ortsgebiet. Der eine betrifft den Huebbach. Er wird künftig nicht mehr der Autobahn A1 entlang von Sirnach Richtung Rickenbach geführt, sondern unter dem Hummelberg hindurch. Der Stollen hat einen Kilometer Länge – und ist somit mehr als viermal so lang wie der Stollen des Maienmättelibachs, der eine Länge von 225 Metern aufweist. Letztgenannter Bach ist bereits heute im Dorfgebiet eingedolt, würde gemäss Planung mit der Methode des bergmännischen Vortriebs aber zu einem richtigen Stollen. Am Ende der beiden Röhren werden die beiden Bäche in einem Weiher gesammelt und danach in den Alpbach geführt, wenn die Pläne umgesetzt werden.
Was das für Auswirkungen auf die Kosten des Projektes hat – geplant sind rund 28 Millionen Franken für alle Massnahmen – kann Klemens Müller, Projektleiter Hochwasserschutz Region Wil, noch nicht im Detail sagen. Allzu gross dürften die Abweichungen aber nicht sein. Bis am 14. November sollte die Zahl vorliegen. An jenem Abend wird im Wilener Kirchen- und Gemeindezentrum das Hochwasserschutz-Projekt Region Wil der Öffentlichkeit vorgestellt.
Umsetzung nicht vor 2022
Nach eben dieser Infoveranstaltung wird das Projekt weiter verfeinert und soll in etwa einem Jahr öffentlich aufgelegt werden. Es ist dann allerdings mit Einsprachen zu rechnen, da gewisse Anstösser Land abtreten müssen, um die Massnahmen umsetzen zu können. «Es herrscht nicht überall grosse Begeisterung», sagt Klemens Müller diplomatisch. Da solche Einsprachen bei allfälligen Weiterzügen erst nach Jahren bereinigt sind, ist es schwierig zu sagen, wann die Umsetzung der Schutzmassnahmen beginnt. Das Jahr 2022 dürfte ein optimistisch gewählter Zeitpunkt sein.
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So hat hallowil.ch am 9. April berichtet:
In Zuzwil hat der Gemeinderat von den Stimmbürgern vor gut einem Jahr den Auftrag gefasst, die Machbarkeit eines Entlastungsstollens unter dem Kirchenhügel abzuklären. Damit soll der Dorfbach auch bei einem Hochwasser wie im Jahr 2015 kein Problem mehr darstellen. Bis im Sommer dieses Jahres soll das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Noch ein weiterer Stollen ist in Planung, wie nun bekannt wird – und zwar im Hinterthurgau. Er soll unter dem Hummelberg hindurch verlaufen und das Wasser aus dem Huebbach südlich von Wilen in den Alpbach führen. Der Stollen wäre ein Kilometer lang und würde vollständig auf Ortsgebiet von Wilen verlaufen. Diese Lösung ist gemäss einer Mitteilung des Kantons Thurgau kostenneutral gegenüber der bisher geplanten Linienführung entlang der Autobahn und beansprucht weniger Kulturland. Zusätzlich können auf die temporären Überflutungsräume am Huebbach und Alpbach verzichtet werden. Der Landbedarf konnte reduziert werden, ohne die ökologische Qualität des Projektes zu schmälern.
Direkt Betroffene mit einbezogen
Doch warum braucht es diesen Stollen? Rückblende: Im Sommer 2018 wurde der Bevölkerung der Region Wil die Massnahmen vorgestellt, um die Menschen und Sachwerte vor Hochwasser zu schützen, die Wasserqualität im Alpbach zu verbessern sowie den Lebensraum für Tier und Pflanzen aufzuwerten. Massnahmen sind dringend nötig, hat doch der Krebsbach seit 2015 schon zweimal Hochwasser geführt und die Autobahn A1 geflutet.

In der Zwischenzeit haben die Projektbeteiligten – die Gemeinden Rickenbach, Wilen und Sirnach, die Stadt Wil, das Bundesamt für Strassen (ASTRA) sowie die Kantone Thurgau und St. Gallen – die verschiedenen Massnahmen für das Auflageprojekt konkretisiert und optimiert. Direkt Betroffene wurden in Planung einbezogen. Im Gespräch mit ihnen ermittelte das Projektteam die verschiedenen Interessen und versuchte Lösungen zu finden, um die Einschränkungen durch das Wasserbauprojekt zu reduzieren.
Stollen wäre 1,8 Meter breit
Das Projektteam hat für die geplante neue Leitung vom Huebbach eine neue Linienführung entwickelt. Der Huebbach wird westlich von Wilen in einem Stollen unter dem Hummelberg bis an den südlichen Siedlungsrand geführt. Dort werden der Huebbach und Meienmättelibach offen bis zum Alpbach verlängert. Dank der grösseren Abflusskapazität des neuen Huebbach-Stollens mit einem Durchmesser von
1,8 Metern wird eine Überflutung der Landwirtschaftsflächen im Gebiet zwischen Dietenmoos und Kreuzstrasse verhindert. «Detaillierte hydrologische und hydraulische Berechnungen mit verschiedenen Zusammenflussszenarien der Bäche haben gezeigt, dass es genügt mit leichten Geländeanpassungen Hochwasserspitzen am Alpbach zu lenken und danach über den neuen offenen Huebbach wieder abzuleiten. Die bisher vorgesehene Erhöhung der Abflusskapazität am Alpbach in Rickenbach muss jedoch weiterhin durchgeführt werden. Auf die temporären Überflutungsräume am Huebbach und Alpbach gemäss dem Vorprojekt 2015 wird verzichtet», schreibt der Kanton.
Baubeginn frühestens 2021
Parallel zu den bereits angekündigten verschiedenen baulichen und ökologischen Abklärungen an den vier Bächen in Rickenbach, Wilen, Sirnach und Wil wird das Auflageprojekt weiter konkretisiert. Die Linienführung vom Meienmättelibach wird weiter optimiert, die verschiedenen Bachquerschnitte innerhalb und ausserhalb der Siedlungsgebiete festgelegt sowie die naturnahen Bachabschnitte und Gewässerräume gemäss den aktuellen Vorgaben projektiert.
Es ist das Ziel, im Herbst 2019 das Hochwasserschutzprojekt der Öffentlichkeit vorzustellen. Dieses soll nach weiteren Optimierungen im Herbst 2020 aufgelegt werden. Frühestens 2021 wäre somit Baubeginn. Allerdings mit Einsprachen zu rechnen, womit sich die Ausführung verzögern würde. Die Gesamtkosten für alle Massnahmen soll sich auf rund 28 Millionen Franken belaufen. (pd/sdu)
