Anstoss zur religionsübergreifenden Aktion gaben Mitglieder der reformierten Kirchgemeinde Flawil-Niederwil. Zusammen mit Persönlichkeiten der katholischen Kirchgemeinde Niederwil befasst sich das Projekt „Generationenkirche Niederwil“ mit dem Versuch, alle Generationen, ob kirchennah oder distanziert, in einer ungezwungenen Atmosphäre anzusprechen und zusammen zu bringen. „Ziel ist es, Raum zu schaffen für offene Begegnungen und die Kirche mittel- und längerfristig im Alltag der Menschen besser zu verankern“, sagt Marianne Bruhin, Mitglied der zehnköpfigen Projektgruppe. Als symbolischen Startschuss bauten die Organisatoren auf dem Kirchplatz eine Jurte auf. Im Verlauf der nächsten zwei Wochen kann sich die ganze Bevölkerung in dieser Jurte treffen. Am ersten Adventssonntag fand eine Eröffnungsfeier statt. Dies war der Beginn einer Reihe von unterschiedlichen Anlässen und Begegnungsmöglichkeiten.


In ökumenischem Geist

Am Abend des ersten Advents hiess in der Jurte Pastoralassistent Eric Jankovsky im Namen der katholischen Kirchgemeinde die interessierten Besucher zum Eröffnungsanlass willkommen. Mit einem einfachen Lied, das er mit seiner Gitarre begleitete, unterstrich er seine adventliche Vorfreude. Der reformierte Flawiler Pfarrer Mark Hampton erklärte die Hintergründe des Projekts „Generationenkirche Niederwil“. Die Gesellschaft und die Rolle der Kirche hätten sich verändert, die Selbstverständlichkeit gelte nur noch bedingt. Es stelle sich die Frage: „Wie können wir beim heutigen individuellen Verständnis der Menschen einen Beitrag leisten zur Förderung des Zusammenhalts und den Zugang zu den Menschen und zur Kirche finden“? Bereits 2016 habe sich in Flawil eine Arbeitsgruppe gebildet. Im Bewusstsein, dass jedes Dorf seine eigene Lebenswelt habe, wurde auch in Niederwil eine eigenständige Projektgruppe ins Leben gerufen, in der Vertreter beider Konfessionen Gespräche führten. Dabei stand der ökumenische Gedanke im Vordergrund, um Zeichen zu setzen für das Wohl der Dorfgemeinschaft.


Gemeinschaft pflegen

Mark Hampton erläuterte die Ziele der Adventsjurte. „Die nächsten zwei Wochen soll sie in den gleichwertigen Feldern Alltag, Lernen, Feiern und Kultur im Geist der Ökumene ein Treffpunkt für die Niederwiler Bevölkerung sein“. In der Jurte könne man verweilen, sich austauschen, essen oder spielen. Sie biete Raum für alle Gruppierungen. Er wünsche sich viele schöne Gemeinschaftserlebnisse und freudige Begegnungen. Bevor Kirchenpräsident Karl Schönenberger seine Gedanken zum Ausdruck brachte, lockerte Eric Jankovsky den Ablauf mit Gitarrenklängen auf. Der Kirchenpräsident begrüsste die Bestrebungen der Projektgruppe zur Förderung der Generationenkirche. Bei den mehr als 30 unterschiedlichen Anlässen wolle man alle Bevölkerungsschichten ansprechen und neue Impulse setzen. Er stellte das Projektteam vor und dankte ihm für die geleistete Vorbereitungsarbeit. „Ich bin überzeugt, dass es eine gute Sache ist und dem Dorf einen Gewinn bringt“, sagte er. Der Pastoralassistent erklärte, dass in der katholischen Kirche das Kirchenjahr mit dem ersten Advent beginne, dieses Jahr gleichzeitig mit dem Start des Projekts Generationenkirche Niederwil. Mit Segensworten der beiden Seelsorger und einem gemeinsam gesungenen Schlusslied endete der erste Anlass.


Gemeinsam unterwegs

Im Gespräch mit Hallowil.ch begründete Mark Hampton, seit fünf Jahren Pfarrer der Reformierten Kirchgemeinde Flawil-Niederwil, warum für den ersten Anlass der Generationenkirche Niederwil eine Jurte gewählt wurde. „So wie die Nomaden in Zentral- und Westasien seit jeher unterwegs sind, so sind auch wir sinnbildlich immer unterwegs. Die Mongolen erstellten dazu die Jurten, eine Art Textilarchitektur. Diese Leichtbauweise ermöglichten einen schnellen Auf- und Abbau. Das inspirierte uns zu dieser Wahl.“ Das Nomadenzelt sei ein Symbol der Flexibilität und Offenheit, es biete Geborgenheit und Schutz. Für den Startanlass in Niederwil mieteten die Organisatoren eine grosse Jurte, die über 50 Plätze bietet. „Die Adventsjurte ist auch ein Symbol für den ökumenischen Weg, den wir zusammen anstreben wollen“, sagte Hampton. Er lobte die gute Zusammenarbeit mit den katholischen Mitchristen bei konfessionsübergreifenden Anlässen und Gottesdiensten. Ökumene werde vor Ort in den Pfarreien gelebt.


Behörden degustierten

Am zweiten Abend lud die Projektgruppe die kirchlichen und politischen Behördenmitglieder zu einem Treffen in der Adventsjurte ein. Wie bei der Eröffnungsfeier stellten die Verantwortlichen das Projekt Generationenkirche vor. Die Vernetzung mit den Behörden sei für dieses ökumenische Experiment wichtig, betonte Pfarrer Hampton. Daniela Zillig, Präsidentin der Kirchenvorsteherschaft Flawil, bemerkte in ihrem Grusswort, dass auch die Kirche nicht stehen bleiben könne. Der ökumenische Prozess befinde sich in konkreter Entwicklung und habe Vorbildcharakter. Der Niederwiler Anteil an der Mitgliederzahl der reformierten Kirchgemeinde Flawil-Niederwil betrage etwa 10 Prozent.

Im Anschluss an den Behördentreff bot sich die Gelegenheit, bei einem Whisky-Tasting verschiedene Erzeugnisse zu degustieren. Bruno Eschmann aus Niederbüren informierte über die Herstellung seiner Eigenkreationen, die degustiert werden konnten.