Flawil hat im Jahr 2017 eine Sozialhilfequote von 3,5 Prozent aufgewiesen. Das ist der fünfthöchste Wert im Kanton. Und der liegt deutlich über dem Kantonsdurchschnitt von 2,2 Prozent. Anders verhält es sich bei den Nachbargemeinden: So verzeichnen Gossau mit 1,4 Prozent und Uzwil mit 2,2 Prozent eine deutlich geringere Quote als Flawil. «Aufgrund der überdurchschnittlichen Sozialhilfequote hat der Gemeinderat ein Legislaturziel definiert», heisst es in einer Mitteilung der Gemeinde Flawil. So solle Ende 2020 bekannt sein, was die Gründe dafür seien. «Ausserdem sollen die Massnahmen zur Reduktion der Sozialhilfequote definiert sein», so die Gemeinde. Im Rahmen eines Praxisprojekts habe ein Projektteam der Fachhochschule (FHS) St.Gallen vorerst die Gründe für die hohe Sozialhilfequote der Gemeinde erforscht.
«Die Befragung der Flawiler Sozialhilfefälle durch die Projektgruppe erfolgte mit einem standardisierten Fragebogen», wird in der Mitteilung erklärt. Dabei ist das Projekt auf grosses Interesse gestossen. Denn 88 Prozent der verteilten Fragebogen seien zurückgekommen. Neben der quantitativen Befragung hat die Projektgruppe die Unterschiede der Gemeinde Flawil zu den Gemeinden Gossau, Uzwil, Rorschach, Wattwil und Buchs ermittelt. Sie verglich dabei die Sozialhilfestatistiken der Vergleichsgemeinden sowie die Statistiken und Kennzahlen zu ausgewählten Kenngrössen, welche die hohe Sozialhilfequote der Gemeinde Flawil erklären könnten. Die erhobenen und errechneten Werte wurden mittels Informationen aus der Literatur begründet sowie mit Expertenaussagen verglichen.
Zu viel günstiger Wohnraum
Die Ergebnisse hat das Projektteam nun in seinem Schlussbericht mit Kernaussagen zusammengefasst. «Die Gemeinde Flawil ist attraktiv für Sozialhilfebezieher. Bei 37 Prozent der zugezogenen Sozialhilfefälle liegen der Zuzug nach Flawil und das Beziehen von Sozialhilfeleistungen maximal zwei Jahre auseinander», berichtet das Projektteam. In der Befragung haben die betroffenen Personen folgende Gründe häufig angegeben: Sie seien wegen des günstigen Wohnraums, des sozialen Umfelds oder auf Empfehlung einer bekannten Person nach Flawil gezogen. Dies lässt darauf schliessen, dass Flawil als Wohnort für Sozialhilfebezieher attraktiv ist. Zusammenfassend steht gemäss Projektteam in der Gemeinde «sehr viel günstiger Wohnraum zur Verfügung». Ausserdem wird angeregt, die personellen Ressourcen des Sozialamts zu verstärken, damit Sozialhilfebezieher enger betreut und rascher in den Arbeitsprozess integriert werden können. «Andere geprüfte Faktoren wie zum Beispiel der Ausländeranteil, der Arbeitslosenanteil, die Scheidungsziffer oder die Arbeitsplatzentwicklung haben gemäss Projektteam keinen Einfluss auf die Sozialhilfequote» informiert die Gemeinde.
Nachdem die Gründe erforscht worden sind, sollen nun Massnahmen zur Reduktion der Sozialhilfequote definiert werden. «Diese sollen im nächsten Jahr ebenfalls im Rahmen eines FHS-Praxisprojektes ausgearbeitet werden», nennt die Gemeinde das weitere Vorgehen. (pd)