Im Jahresend-Gespräch wollte InfoWILplus.ch von Stadtpräsidentin Susanne Hartmann erfahren, wieweit der Stadtrat als kollegiale Behörde funktionieren kann. Hartmann betont im Gespräch, dass die Departementregelung auch eigenverantwortliche Bereiche des jeweiligen Stadtrates kennt. Überzeugt zeigt sich Hartmann weitergehend von der Realisierung des Quartiertreffpunktes Lindenhof und der getroffenen Verlegung des InfoCenter in die Altstadt.In der Stadt Wil ist die Organisation im Stadtrat mittels Departementen gelöst. Damit ist der oder die jeweilige Departementsleiter/in innerhalb des eigenen Bereiches eigenverantwortlich. InfoWILplus.ch wollte von der Stadtpräsidentin erfahren, wo die Entscheidungs- und Einflussgrenzen aus ihrer Warte sind.

IWP: Frau Hartmann: Der Stadtrat arbeitet seit diesem Jahr in veränderter Zusammensetzung, nachdem Daniel Stutz das Departement Bau, Umwelt und Verkehr (BUV) übernommen hat. Wieweit hat sich dessen Einstieg im Stadtrat bemerkbar gemacht?
S. Hartmann: In gewissen Themenbereichen hat sich die inhaltliche Diskussion sicherlich verändert – das liegt aber wohl in der Natur der Sache: In jedem mehrköpfigen Gremium ist es so, dass jedes Mitglied mit seinem persönlichen Ausbildungs- und Erfahrungsrucksack sowie seinen individuellen Haltungen und Überzeugungen unterschiedliche Ansichten und Hintergründe einbringt und auch einbringen soll – in einem demokratisch gewählten Gremium wie dem Stadtrat soll und darf es unterschiedliche Ansichten geben, denn das bereichert und befruchtet die Arbeit durch inhaltlichen Diskussionen und Auseinandersetzungen im Sinne eines konstruktiven Miteinanders. Dabei arbeitet der Stadtrat nach dem Kollegialitätsprinzip – das heisst, dass im Gremium demokratisch gefällte Entscheide von allen mitgetragen und gegen aussen einheitlich vertreten werden.

IWP: Mit dem Wechsel beim Stadtplaner ergaben sich im Departement (BUV) zusätzliche Unsicherheiten, nachdem immer wieder auch grundsätzlich von fehlendem Personal die Rede ist. Ist dazu Handlungsbedarf gegeben?
S. Hartmann: In der Struktur der Stadt Wil ist jeweils ein Behördenmitglied als Vorsteher für ein Departement zuständig – damit obliegen Fragen nach departementaler Organisation oder auch departementalen personellen Ressourcen grundsätzlich dem jeweiligen Stadtratsmitglied alleine. Dabei steht es einem Stadtratsmitglied natürlich jederzeit frei, eine an sich departementale Fragestellung seinerseits in den Gesamtstadtrat einzubringen, wo sie beispielsweise im Rahmen der allgemeinen Aussprache diskutiert werden kann.

IWP: Einmal grundsätzlich eine Frage zu den Verantwortlichkeiten. Wieweit sind die LeiterInnen der einzelnen Departemente eigenverantwortlich in der Ausübung der Amtsführung? Oder sind Sie als Stadtpräsidentin letztlich einfach für alles verantwortlich?
S. Hartmann: Wie gesagt: Die Stadt Wil ist nach einem departementalem System organisiert, in welchem eine Departementsvorsteherin beziehungsweise ein Departementsvorsteher für seine Departementsgeschäfte vollumfänglich verantwortlich zeichnet. Auch als Stadtpräsidentin kann und möchte ich mich in diese Zuständigkeit nicht einmischen – das steht mir als «prima inter pares», als «Erste unter Gleichen» auch nicht an. Oder anders gesagt: Ich als Stadtpräsidentin habe keine departementsübergreifende, allgemeine Weisungsbefugnis – auch im personellen Bereich nicht.

IWP: Die Veränderungen bei Zuständigkeiten bei den Departementsvorstehern wie Wegfall der Organisation Thurvita, die Schulbauten neu beim BUV und die Anstellung eines Schulleiters lassen die Anstellungspensen der Stadträte hinterfragen. Gibt es Handlungsbedarf?
S. Hartmann: Die Aufgabenfülle und -breite der Stadtratsmitglieder ist gross und auch immer wieder Veränderungen unterworfen, indem gewisse Zuständigkeiten wegfallen oder andere neu hinzukommen – in diesem Sinne kann man die Pensen natürlich diskutieren. Allerdings soll diese Diskussion nicht aus einer politischen Perspektive, sondern auf einer soliden Faktenbasis geführt werden – vor diesem Hintergrund begrüsse ich es, dass die Pensen aktuell von der Geschäftsprüfungskommission GPK des Stadtparlaments detailliert überprüft werden.

IWP: Bei den Legislaturzielen 2017-2020 haben Sie die Förderung der Willkommenskultur an erster Stelle erwähnt. Welche Massnahmen zeigen bereits Fortschritte?
S. Hartmann: In der Stadt Wil leben rund 23'500 Menschen. Sie alle sind ganz unterschiedlich – sei es von ihrer Nationalität oder ihrer Religion, von ihrem persönlichen Hintergrund und von ihrer Geschichte her, aber auch bezüglich ihrer Stärken und Schwächen oder bezüglich ihrer Wünsche und Träume. Jede und jeder von ihnen bringt seine Persönlichkeit mit all ihren Facetten in die lebendige Gemeinschaft der Stadt Wil ein. Dies trägt zu einer vielfältigen, bunten Stadt bei – und das ist mir ein wichtiges Anliegen: Als Stadt möchten wir dafür sorgen, dass sich alle Menschen hier bei uns willkommen und wohl fühlen.

Die städtische Integrationsarbeit soll dabei das Zusammenleben und das Miteinander der Einheimischen und der Migrationsbevölkerung verbessern und hat dafür verschiedene Instrumente entwickelt – etwa die Erstgespräche zur Erstinformation von aus dem Ausland zugewanderten Personen, eine allwöchentliche offene Sprechstunde für Kurzberatungen, verschiedene Drucksachen oder Online-Inhalte etc. Ich bin überzeugt, dass diese Instrumente greifen, auch wenn dies natürlich ein sehr schwer messbarer Wert ist. Indizien sind etwa die positiven Nutzungszahlen der Erstgespräche oder der Sprechstunden, zudem höre ich von vielen unterschiedlichen Personen direkt, dass die Stadt Wil in den vergangenen Jahren offener und «herzlicher» geworden sei – wir sind meiner Ansicht nach auf einem guten Weg.

IWP: In Ihrem Departement nennen sie unter anderem die Realisierung eines Quartier- und Familientreffpunktes. Ist die Realisierung in Sichtweite?
S. Hartmann: Dieser Quartier- und Familientreffpunkt ist eine konkrete Massnahme, die nach der detaillierten Analyse aus dem Projekt «projet futur» für das Lindenhof-Quartier hervorgegangen ist. Ich bin überzeugt, dass ein solcher Treffpunkt ein Gewinn für das Quartier ist, daher haben wir einen entsprechenden Betrag ins Budget 2018 eingestellt. Wenn das Stadtparlament dieser Position am 14. Dezember im Rahmen der Budgetdebatte zustimmt, kann der Quartiertreffpunkt im Lauf des kommenden Jahres realisiert werden und seine Wirkung entfalten.

IWP: Das InfoCenter ist seit einem Jahr in der Altstadt platziert. Hat sich die neue Organisation, am neuen Standort und ausserhalb von Wil Tourismus bereits positiv bemerkbar gemacht?
S. Hartmann: Das Info-Center als touristische Anlaufstelle gehört klar in die Altstadt – denn diese ist mit dem Hof zu Wil das Herzstück unserer touristischen Angebote. Auch die Zahlen geben uns Recht – so ist beispielsweise die Besucherfrequenz ebenso angestiegen wie auch die Auslastungsquote für die Gemeinde-Tageskarten. Organisatorisch profitieren wir zudem von der direkten Nähe zur übrigen Stadtverwaltung. Und auch inhaltlich respektive bezüglich touristischer Angebote konnte im vergangenen Jahr einiges bewegt werden, etwa mit dem neu eingerichteten permanenten City-OL in der Altstadt oder dem Aufbau der Elektro-Scooter-Vermietung.

IWP: An der Dezembersitzung des Parlaments informierten Sie über einen bevorstehenden deutlich über Budget liegenden Rechnungsabschluss 2017, allerdings mit Hinweis, dass letzte Zahlen noch fehlten. Welche Posten führen zum guten Resultat?
S. Hartmann: Es sind verschiedene Faktoren, die in einem kleineren oder grösseren Umfang zu diesem sich abzeichnenden positiven Rechnungsergebnis beitragen – ganz wesentlich sind dabei vor allem die höheren Steuererträge bei den juristischen Personen, sprich den Unternehmen.

IWP: Im 2018 stehen wichtige Entscheide bevor, wie Verselbständigung der Technischen Betriebe, Fernwärmeprojekt ZAB und nächste Schritte „Schule 2020“. Das sind zumeist Entscheidungen, welche auch finanzielle Auswirkungen haben. Sind dazu Korrekturen bei der Finanzplanung zu erwarten?
S. Hartmann: Eins vorweg: Die Technischen Betriebe Wil TBW werden nicht verselbständigt – das hat der Stadtrat unter anderem in der Postulatsantwort «Strategie TBW» bekräftigt: Die TBW als erfolgreiches städtisches Unternehmen sind langfristig zu sichern und zu entwickeln. In diesem Kontext wird zu prüfen sein, in welchem Umfang allfällig organisatorische Entwicklungen nötig sind.

Was die Finanzplanung anbelangt: Ein Finanz- und Investitionsplan zeigt die vorgesehene Entwicklung der Finanzen und Aufgaben einer Stadt auf. Er ist kein Mehrjahresbudget, sondern ein Instrument zur mittelfristigen Planung, das den Behörden primär als Führungsinstrument dient und im Gegensatz zum Budget auch keine verpflichtende oder ermächtigende Wirkung hat. Er soll lediglich zeigen, wie sich der Gemeindehaushalt entwickeln könnte und ist in diesem Sinne das Instrument einer rollenden Planung. Demnach sind auch keine «Korrekturen» bei der Finanzplanung nötig, sondern Anpassungen. Solche Anpassungen können beispielsweise in der Folge grösserer Projekte notwendig werden – etwa, wenn im Projekt «Schule 2020» bekannt ist, ob und wenn ja wie viel zusätzlicher Schulraum benötigt wird.

IWP: Abschliessend: Welchen Projekten werden Sie in Ihrem Departement im 2018 besondere Aufmerksamkeit schenken?
S. Hartmann: Da gibt es vieles, im Grossen wie auch im Kleinen. Einiges ist in der Legislaturplanung 2017-2020 festgehalten, hier arbeiten wir auch 2018 kontinuierlich an den Zielen und Leuchttürmen weiter. Unter anderem werden wir das Projekt «DialogG» zur Strukturentwicklung des Departements abschliessen und hoffen, dass wir auch den Quartiertreffpunkt realisieren können.

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Stadtpräsidentin Susanne Hartmann: " Als Stadt möchten wir dafür sorgen, dass sich alle Menschen hier bei uns willkommen und wohl fühlen".