Die Ostschweizer Filiale der Firma Krieger AG lud zu einer Fachtagung des Bereichs Kälberaufzucht ein. Das Unternehmen mit Stammsitz im luzernischen Ruswil ist seit 1976 ein Partner für die Landwirtschaft. Die Krieger-Gruppe beschäftigt insgesamt rund 160 Mitarbeitende und gehört in der Sparte Planung und Stalleinrichtungen der drei Hauptbereiche Rinder, Schweine, Geflügel zu den führenden Schweizer Fachbetrieben. Die Anwesenheit von rund 140 Landwirten, darunter etwa 20 Frauen, überraschte auch Cornel Fleischlin, Leiter Verkauf/Planung in Ruswil. Er führte als Moderator durch die Veranstaltung.
Rahmenbedingungen verbessern
In seinem halbstündigen Referat beleuchtete Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV), die Ausgangslage im Rindviehsektor und sprach die grossen Herausforderungen an. Die Rindviehhaltung habe in der Schweiz eine grosse wirtschaftliche Bedeutung, resultiere doch bei einem Markterlös von 10,5 Milliarden Franken rund ein Drittel aus diesem Sektor. Er stellte die Frage: „Was will der Bauernverband"? Und lieferte gleich eine Antwort: „Unsere Ziele sind optimale Rahmenbedingungen, damit wir mit unserer Arbeit und unseren Produkten eine hohe Wertschöpfung und damit vergleichbare Einkommen erzielen können. Dies bei einer hohen Lebensqualität.“ Ein Erfolg in den Bauernbetrieben mit kostendeckenden Preisen solle auch künftigen Generationen eine Perspektive und damit eine Existenz ermöglichen. Der SBV wolle auf politischer Ebene die Gesetzgebung und auch das Budget massgeblich mitgestalten und dabei auch stabile Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft fordern. Als politisch wichtiges Geschäft führte Ritter die Agrarpolitik 22+ an. Sorge mache ihm, dass auf ausgewiesene Forderungen des SBV nicht genügend eingegangen werde. Stabile Rahmenbedingungen hätten positive Effekte auf das Einkommen und damit auf die Investitionsbereitschaft der Landwirte.
Engagierter Bauernpolitiker
Aktuell sei das Freihandelsabkommen mit Indonesien im Gespräch. Der SBV nehme dazu Stellung, wenn der Inhalt im Detail geprüft werden konnte und es im Parlament behandelt werde. Wir stimmen erst zu, wenn alles in Ordnung ist. Vorerst herrsche in der EU für Schweizer Anliegen eher Funkstille, weil der Brexit im Fokus stehe. Wenn unser Land ein direktes bilaterales Abkommen ablehnt, bleibe grundsätzlich der status quo, das heisst alles auf dem gegenwärtigen Stand. Grosse Sorge bereitet Ritter der Entwurf zum neuen Raumplanungsgesetz. „Das ist dicke Post, was der Bundesrat dem Parlament am 31. Oktober zugestellt hat. Die Gesetzesvorlage kommt als Botschaft 2019 ins Parlament. Dabei wird die Landwirtschaft bei neuen Bauvorhaben im Oekonomiebereich deutlich schlechter gestellt als heute“, regte sich Markus Ritter auf. „Da hört der Humor auf. Die Vorlage ist nicht tragbar für uns, so geht das nicht“, meinte der kämpferische Politiker. Für die Landwirtschaft sei das nur eine Verschlechterung und damit habe die nächste Generation keine Chance. Das Volumen von Neubauten über Abbrüche zu kompensieren und wenn das nicht möglich ist einen Rückbaurevers hinzunehmen, bei dem die Rückbaukosten mit einer Grundpfandverschreibung sicher gestellt werden müssen, wäre ein massiver Einschnitt.
Die Kosten für die Bauvorhaben würden deutlich steigen oder die Kreditwürdigkeit unserer Bauten massiv verschlechtert. Ebenfalls sind die Spezialbauzonen für die bodenunabhängige Produktion mit dem Enteignungsrecht für diese Flächen zu Gunsten der Gemeinden und Kantone nicht akzeptabel. Die neuen Strafbestimmungen mit bis zu drei Jahren Haft und Geldstrafen für Verfehlungen wären gerade bei unklaren Bestimmungen bezüglich der Baubewilligungspflicht sehr gefährlich.
Da im Bundesrat ein Wechsel bevorsteht, nahm er kurz Stellung zu den Wahlen. Persönlich sieht er sehr gute Chancen für die Wiler FDP-Kandidatin und Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter. Bei der CVP-Nachfolge ist die Ausgangslage eher offen. Spannend werde die Departements-Verteilung am 7. Dezember. Eine grosse Rochade sei wahrscheinlich.
Gesunde und vitale Kälber
Tierärztin Corinne Bähler gehört zum ärztlichen Fachteam des Schweizer Kälbergesundheitsdienstes. Sie erklärte einleitend die Situation des Kalbes in der Gebärmutter des Rindes. Eine Geburt müsse in der Regel innert zwei Stunden sauber, stressfrei und wenn nötig mit leichter Zughilfe erfolgen. Wichtig seien eine gute Abtrocknung und allenfalls Wärmen bei kaltem Wetter. Die Vitalität sei gut, wenn das Kalb innert vier Minuten von der Seitenlage in die Brustlage komme. Die Referentin gab den Zuhörenden Tipps und Empfehlungen für die Milch- und Wasserfütterung. Gewisse Stoffe würden in der Milch fehlen, womit zum Ausgleich ein Ergänzungspulver zu verwenden sei. Zum Thema Krankheit sagte sie: „Krankheit gehört auch bei den Tieren zum Leben. Bei den Jungtieren ist ein Wert von 10 bis 20 Prozent normal.“ Sie machte Vorschläge für Massnahmen bei gesundheitlichen Störungen. Eine optimale Betreuung und Versorgung könne Zwischenfälle verhindern. Die ersten Lebenswochen seien entscheidend für die spätere Leistung der Milchkuh.
Gute Bedingungen schaffen
Pius Fleischlin berichtete als dritter Referent über die Herausforderungen des Stallplaners. Bei der Gebäudeplanung würden die Kälber eher vernachlässigt, stellte er fest. Oft reiche das Budget nicht für eine optimale Lösung. Der Kälberstall dürfe aber nicht einfach Lückenfüller sein. Ein landwirtschaftlicher Betriebsleiter müsse gut ausgebildet sein und ein Gespür für Tiere sowie Zeit für die Beobachtung haben. Ein guter Umgang mit den Tieren wiederspiegle sich in der Leistung. Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Kälberhaltung seien entspannte Tiere bei optimalen Bedingungen, Sauberkeit im Stall, richtiges Füttern und Tränken sowie eine gute Kalb-Mutter-Beziehung. Zu beachten sei die Tierschutzverordnung gemäss Gesetz. Es gebe verschiedene Aufstallungssysteme, welche die Krieger AG anbieten könne. Als Fazit erwähnte Pius Fleischlin einige wichtige Punkte: Das Fachwissen der Landwirte stärken, die Bedeutung der Kälberhaltung sensibilisieren, freistehende Systeme fördern. Der Einfluss von Stress werde unterschätzt und das Tierschutzgesetz für die Kälberhaltung müsse hinterfragt werden.