Das Sicherheits- und Justizdepartement und die Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten haben sich auf eine neue Aufgabenteilung im Asylwesen ab 2019 geeinigt. Wer im beschleunigten Verfahren als Flüchtling anerkannt oder vorläufig aufgenommen wird, soll möglichst rasch in den Gemeinden integriert werden. Asylsuchende, die dem erweiterten Verfahren zugewiesen werden, werden in kantonalen Kollektivunterkünften betreut, bis ihr Asylgesuch rechtskräftig beurteilt ist. Personen mit negativem Asylentscheid, die aus der Schweiz weggewiesen werden, sollen allfällige Nothilfeleistungen nicht mehr von den Gemeinden, sondern vom Kanton erhalten.Raschere Asylverfahren auf Bundesebene, schnellere Integration der Schutzbedürftigen, konsequente Wegweisung der Personen ohne Bleiberecht - dies sind die Eckwerte der Revision des Asylgesetzes, die im Juni 2016 von den schweizerischen Stimmberechtigten mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde.
Diese Neustrukturierung auf Bundesebene bedarf der Umsetzung innerhalb der Kantone. An einem Workshop unter dem gemeinsamen Vorsitz von Regierungspräsident Fredy Fässler und Boris Tschirky, Gemeindepräsident von Gaiserwald und Präsident der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP), haben sich je eine Delegation des Sicherheits- und Justizdepartementes (SJD) und der VSGP auf eine neue Aufgabenteilung im Hinblick auf diese Neustrukturierung geeinigt.
60 Prozent der Fälle in Bundesasylzentren beurteilt
Aufgrund des revidierten Asylgesetzes geht das Staatssekretariat für Migration (SEM) davon aus, dass rund 60 Prozent aller Asylgesuche rechtskräftig in Bundesasylzentren abgeschlossen werden. Zu diesem Zweck erstellt der Bund gesamtschweizerisch rund 5'000 Unterbringungsplätze.
Eines dieser Bundesasylzentren wird in der Asylregion Ostschweiz in Altstätten errichtet. Bei den restlichen rund 40 Prozent der Asylgesuche sind vertiefende Abklärungen erforderlich. Diese Personen werden nach einer ersten Phase im Bundesasylzentrum einem Kanton zugewiesen, um dort auf den Asylentscheid zu warten. Über die Gewährung des Asyls wie auch über eine allfällige vorläufige Aufnahme oder über die Verweigerung des Bleiberechts entscheidet auch weiterhin - wie schon nach geltendem Asylrecht - ausschliesslich das SEM.
Bleiberecht: Fokus auf frühzeitige Integration
Personen, denen bereits im Bundesasylzentrum Asyl gewährt oder die vorläufige Aufnahme ermöglicht wird und die somit in der Schweiz verbleiben, sollen frühzeitig in die Gemeinden und die örtlichen Verhältnisse integriert werden. VSGP und SJD haben sich darauf geeinigt, diese Personen unmittelbar nach ihrem Austritt aus dem Bundesasylzentrum in kommunale Strukturen zu übergeben. Die VSGP wird zu diesem Zweck sogenannte «Triage-Zentren» errichten, in denen die betreffenden Personen gezielt auf den nachfolgenden Aufenthalt in einer Gemeinde und auf ein möglichst selbständiges Leben vorbereitet werden.
Die Erfahrung zeigt, dass diese Personen längerfristig in der Schweiz leben werden.
Asylsuchende, die in das erweiterte Verfahren verwiesen werden, übernimmt - wie schon heute - der Kanton in Kollektivunterkünften. Hier werden diese Personen ebenfalls auf die Integration in einer Gemeinde vorbereitet; weil aber auch ein negativer Entscheid resultieren kann, erfolgt in der kantonalen Struktur stets auch eine Rückkehr-Orientierung bei der Betreuung. Die Betreuungskonzepte von Kanton und Gemeinden werden so aufeinander abgestimmt, dass Personen, denen das SEM im erweiterten Verfahren ein Bleiberecht gewährt, rasch und nach den gleichen Kriterien in Gemeinden integriert werden können, wie dies bei den kommunalen Triage-Zentren der Fall ist. Ein mehrmaliger Wechsel zwischen verschiedenen Kollektivunterkünften (Bundesasylzentrum, kantonales Asylzentrum, Triage-Zentrum der Gemeinden und evtl. wieder zurück) soll jedenfalls vermieden werden.
Nothilfe bei Wegweisung inskünftig kantonal
Personen, die aus dem Asylverfahren kein Bleiberecht zugesprochen erhalten und die somit die Schweiz verlassen müssen, werden im Bedarfsfall mit minimalen Sozialhilfeleistungen (Nothilfe) unterstützt.
Während nach heutiger Aufgabenteilung die Nothilfe durch die Gemeinden geleistet wird, sei es durch minimale Geldleistungen, sei es durch Kollektivunterbringung, wird es inskünftig Sache des Kantons sein, die Nothilfeleistungen auszurichten. Zu diesem Zweck wird das SJD voraussichtlich Kollektivunterkünfte für minimale Leistungen betreiben. Diese Regelung hat den Vorteil, dass die Leistung von Nothilfe und der Vollzug der durch das SEM verfügten Wegweisungen durch den Kanton erfolgen können und der Amtsverkehr mit den Gemeinden in diesen Fällen entbehrlich wird.
Finanzströme
Für die verschiedenen Personenkategorien richtet der Bund unterschiedliche Globalpauschalen als Entschädigung an die Kantone aus. Während bisher ein relativ komplexer Verteilschlüssel diese Pauschalen zwischen Kanton und Gemeinden aufteilte, einigten sich SJD und VSGP darauf, dass inskünftig jene Staatsebene und für jene Zeitdauer die Bundesgelder erhält, die für die konkret betroffene Person ausgerichtet werden. Dies wird sowohl die Abrechnung als auch das Controlling - namentlich gegenüber dem Bund für die rechtlich korrekte Verwendung der Gelder - erheblich vereinfachen.
Nächste Schritte zur Umsetzung
Sowohl das SJD als auch die VSGP werden entscheiden müssen, welche der heutigen Kollektivstrukturen inskünftig noch als Unterbringungszentren benötigt werden und welche Zweckbestimmung diese Zentren haben werden. Sodann werden SJD und VSGP definieren, welche «Integrationskriterien» erfüllt sein müssen, damit der Übertritt in eine Gemeinde - sei es ab kantonalem Zentrum nach erweitertem Verfahren, sei es ab kommunalem Triage-Zentrum - erfolgreich abgewickelt werden kann. Auf Seiten des Kantons sind sodann die Voraussetzungen und die Regelung der Nothilfe (bisher eine Gemeindeaufgabe) zu klären. Zur rechtlichen Umsetzung der neuen Aufgabenteilung wird schliesslich eine Revision der kantonalen Asylverordnung erforderlich sein.
SJD und VSGP haben sich darauf geeinigt, die neue Aufgabenteilung auf 1. Januar 2019 umzusetzen. Damit sind beide Staatsebenen mit einer gewissen «Vorlaufzeit» auf die neuen Aufgaben vorbereitet, wenn das revidierte Asylgesetz des Bundes wie vorgesehen am 1. März 2019 in Kraft treten wird.

