Im 17. Jahrhundert kämpften mächtige Grossreiche um Macht und Einfluss in Europa. Dazwischen eingeklemmt lag ein fragiles Bündnis von 13 Orten, aus dem später die heutige Schweiz hervorgehen sollte. An sogenannten Tagsatzungen trafen sich Abgeordnete der Stände, um gemeinsame Interessen zu besprechen. In jenen Jahren war dieser kleine Verbund von Spannungen zwischen protestantischen und katholischen Orten geprägt.

Viele Machtbefugnisse hatte dieses oft uneinige Gremium nicht. Es gab weder eine gemeinsame Aussenpolitik, noch ein einheitliches Verteidigungswesen. Es bestanden zwar Beistandsabkommen, die aber kaum mehr den damals aktuellen Verhältnissen entsprachen. Die Vereinbarungen erlaubten kein rasches Handeln bei Gefahr innert nützlicher Frist. Die Grenzen des Landes waren damit kaum geschützt.

Fremde Soldaten in der Schweiz

Es herrscht zudem unter den Orten Uneinigkeit darüber, ob man fremde Heere durchs Land ziehen lassen soll oder nicht. In jenen Jahrzehnten drangen immer wieder fremde Soldaten ein. So belagerten etwa 1633 schwedische Truppen von der Thurgauer Seite her Konstanz. Bereits 1629 hatten ausländische Truppen die Bündner Pässe besetzt. Es war damals eine schreckliche und gefährliche Zeit in Europa. 

Die Reformation hatte die bisherigen politischen Strukturen in Europa nachhaltig durcheinander gebracht. Der darauf folgende Krieg brachte Elend und Tod über verschiedene Regionen. Ausser bei Schlachten starben viele Menschen durch Hungersnöte und Seuchen. In Süddeutschland beispielsweise überlebte nur ein Drittel der Bevölkerung. Die damalige Schweiz war im Vergleich zu anderen Regionen in Europa wenig betroffen. Aber dies hätte sich ändern können, wenn das Land besetzt worden wäre, die Gefahr war durchaus real.

Fremde Truppen am Rhein

Als um 1646/47 schwedische Truppen unter General Wrangel Bregenz einnahmen und am Bodensee und am Rhein standen, bestand für die Eidgenossen akuter Handlungsbedarf. Es musste ein wirkungsvolles Bündnis geschaffen werden, um die Grenzen zu verteidigen. Am 6. Januar 1647 kamen Delegierte in Wil zusammen. Es wird vermutet, dass der Hof der Tagungsort war. Unter der akuten Bedrohung durch fremde Truppen rückten die konfessionellen Zwistigkeiten in den Hintergrund, die Orte einigten sich. 



Die ausgehandelte Vereinbarung ist als die «Defensionale von Wil» in die Geschichtsbücher eingegangen. Gemäss ihr sollten die angeschlossenen Orte 12'000 Soldaten sowie 24'000 Männer in Reserve stellen und zudem in die gemeinsame Kriegskasse einzahlen. Im Weiteren wurde die Anzahl der Geschütze und die Munition, die weiteren Waffen, die die Bündnispartner zu stellen hatten, festgelegt. Auch Besammlungsplätze, das Exerzieren sowie die Verpflegung wurden definiert. Damit hatte die damalige Schweiz eine erste fest umrissene Wehrverfassung.

Bewaffnete Neutralität

Am 20.Januar 1647 wurde das Verteidigungsbündnis zum Schutz der Ostschweiz aktiviert, aus den St. Gallischen Landgebieten, dem Toggenburg, dem Rheintal sowie aus Appenzell wurden 1500 Mann unter Waffen am Rheinufer aufgestellt. In der Folge verzichteten die Schweden auf einen Einmarsch. Die damalige Situation gilt als Meilenstein auf dem Weg zur bewaffneten Neutralität der Schweiz. Der zweite folgte bald: 1674 gab die Tagsatzung die erste offizielle Erklärung zur Neutralität ihres damaligen Gebietes ab. Dieser Grundsatz gilt bis heute. Die «Defensionale von Wil» gilt als der erste Schritt zur Gründung der Schweizer Armee.

Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde der Dreissigjährige Krieg beendet. Er hatte den Kontinent verwüstet und seine Bewohner nachhaltig traumatisiert. Es sollte rund 100 Jahre dauern, bis die Folgen des Gemetzels überwunden waren.