Gleich zu Beginn der Medienkonferenz macht Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga klar, dass die Ansteckungen rasch und stark zunehmen. «Dies in allen Region des Landes», sagt Sommaruga, «wir sind in einer kritischen Phase.» Vor allem die Spitäler bringe die sich immer weiter zuspitzende Situation ans Limit. Die Schweiz könne nicht länger zuwarten. «Und deshalb braucht es zusätzliche Massnahmen», führt sie weiter aus. «Darum hat der Bundesrat das Heft wieder stärker in die Hand genommen.» Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, gelten ab morgen Samstag, 12. Dezember, und sind bis zum 22. Januar 2021 befristet die neuen Regeln.
Die wichtigsten Massnahmen in Kürze:
- Gastrobetriebe und Geschäfte müssen von 19 bis 6 Uhr schliessen, Hotelrestaurants (nur für Hotelgäste), Lieferdienste und Takeaway-Betriebe von 23 bis 6 Uhr. Eine Ausnahme bilden die Feiertage am 24., 25. und 31. Dezember: 1 Uhr bis 6 Uhr.
- Freizeit- und Kultureinrichtungen wie Museen, Archive und Casino müssen auch zwischen 19 und 6 Uhr und sonntags schliessen.
- Skigebiet dürfen unter den bereits veröffentlichen Corona-Auflagen öffnen.
- Durchführung von Veranstaltungen sind verboten, mit wenigen Ausnahmen, zum Beispiel religiöse Veranstaltungen bis 50 Personen.
- Kulturelle Aktivitäten in Gruppen bis zu 5 Personen erlaubt.
- Kantone dürfen unter Umständen Ausnahmen bei den Öffnungszeiten gewähren.
- Der Bundesrat will das Härtefälle-Programm von 1500 Millionen auf 2500 Millionen Franken aufstocken.

Kein Entscheid gegen die Kantone
Sommaruga erklärt auch, dass der Bundesrat das Heft wieder stärker in die Hand nimmt, ist nicht gegen die Kantone gerichtet. Der Bundesrat wolle vorbereitet sein, wenn die Ansteckungen in Zukunft weiter zunehmen würden. Der Bundesrat werde nächste Woche die Kantone konsultieren, damit der Bundesrat in einer solchen Situation schnell entscheiden könne. Bundespräsidentin Sommaruga sagt weiter: «Die Kantone sind zwar nicht alle einverstanden mit den Massnahmen des Bundesrats.» Der Wunsch nach Vereinheitlichung sei aber spürbar gewesen. Der Bundesrat wolle einen Lockdown nach wie vor verhindern, das Gesundheitspersonal schützen und die wirtschaftlichen Folgen abfedern.
«Der Bundesrat ist sich bewusst, dass viele Unternehmen und Menschen wirtschaftlich stark betroffen sind», sagt Sommaruga. Deshalb sollen die Mittel für das Härtefallprogramm um 1,5 Milliarden auf 2,5 Milliarden aufgestockt werden.
«So wenig Kontakt wie möglich haben»
«Die Lage ist heikel», sagt Gesundheitsminister Alain Berset. In sechs von sieben Regionen des Landes würden die Zahlen steigen. «Die Spitäler stehen unter grossem Druck.» Das Personal komme an seine Grenzen. Mit den Festtagen komme einiges auf die Schweiz zu. «Es ist wichtig, so wenige Kontakte wie möglich zu haben», so Berset. Es sei aber nach wie vor das Ziel, einen harten Lockdown zu vermeiden. Die Empfehlung, dass private Treffen mit nicht mehr als zwei Haushalten stattfinden, bleibt weiter. «Wir wissen, dass die Stimmung gedrückt ist», ist sich Berset bewusst. «Wir müssen das alle zusammen aushalten.» Es gehe nun nicht um Weihnachten oder ums Skifahren. Es gehe nun darum, gemeinsam durch die Krise zu kommen. «Wir müssen weiterdenken und durchbeissen, bis es wieder wärmer wird und die Impfung ihre Wirkung zeigt.»
Die Massnahmen seien moderat, aber sie greifen, wenn sie umgesetzt würde. «Haltet sich die Bevölkerung nicht daran, kommt der Lockdown immer näher», sagt Berset. Die neuen Massnahmen gelten vorerst bis am 22. Januar.
«Dann ist die Schweiz am Anschlag
Ein an der Medienkonferenz anwesender Journalist will wissen, warum sich der Bundesrat über die Kritik der nationalrätlichen Gesundheitskommission und zahlreicher Kantone hinwegsetzt. Berset erklärt: «Wir tragen eine grosse Verantwortung für unser Land als Bundesrat.» Und weiter: Die Situation hatten wir so noch nie, einen Wiederanstieg auf sehr hohem Niveau. Für die zwei ersten Wellen waren die Verdoppelungen auf sehr tiefem Niveau.» Wenn die Schweiz jetzt mit 5000 Fällen täglich zwei Verdoppelungen erlebe, sei die Schweiz am Anschlag. «Der Bundesrat hat mit der Ausnahmeregelung aufgezeigt, dass Kantone die Möglichkeit haben, die Zahlen stark zu senken und dafür gewisse Erleichterungen zu bekommen. Damit haben wir eine Türe offengehalten, das kommt den Kantonen entgegen, die etwas getan haben», fügt Bundespräsidentin Sommaruga an. «Wir haben gewusst, dass die Situation im Winter viel schwieriger wird als im Sommer», betont Berset. Man sei vorbereitet gewesen, aber man habe nicht gewusst, zu welchem Zeitpunkt sich die Lage in diesem Grade verschlechtern würde.
Es kann getankt werden
Eine weitere wichtige Frage, wird ebenfalls gestellt: Gilt die Sperrstunde auch für Weihnachten und Silvester? Schnell verneint Gesundheitsminister Berset diese Frage: «Da gibt es eine Ausnahme bis 1 Uhr.» Für Tankstellenshops gilt: Sie bleiben zu Sperrstunden zu. Benzin kann man aber beziehen.
Eine Drohung?
Während der Medienkonferenz betonen Bundespräsidentin Sommaruga, Gesundheitsminister Berset und Wirtschaftsminister Ueli Maurer, dass der Bundesrat bereits nächste Woche wieder über die Massnahmen reden will. Darauf will eine Journalistin wissen: «Ist das eine Drohung?» Man laufe Gefahr, dass die Situation noch schwieriger werde in gewissen Kantonen und Regionen, erklärt Sommaruga. «Der Bundesrat möchte deshalb festlegen, wie man in einer solchen Situation weitermacht», so die Bundespräsidentin. Das werde man mit den Kantonen grundsätzlich besprechen müssen. Der Bundesrat habe bereits die nächsten möglichen Schritte besprochen. Verraten will er sie aber noch nicht.
«Sonntagsverkäufe werden verboten, aber Restaurants dürfen am Sonntag offen sein – was sind die Gründe für diese Entscheidung?», fragt ein Journalist. Ziel der Massnahme sei, die Kontakte und Menschenansammlungen zu reduzieren, wiederholt Berset. Man könnte auch sagen dass es so mehr Leute in den Läden unter der Woche hat. «Aber wenn wir am Sonntag die Läden schliessen, sind die Leute weniger unterwegs und es gibt weniger Kontakte. Wir glauben, dass die jetzige Reduktion der Kontakte uns an Weihnachten helfen werden. Und vergessen Sie nicht: Wir haben viel weniger strenge Massnahmen als viele andere europäischen Länder.»
Die Medienkonferenz des Bundesrates im Replay
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Das hat der Bundesrat beschlossen (28.10.20):
In den letzten 24 Stunden wurden in der Schweiz und Liechtenstein insgesamt 8616 Personen positiv auf Covid-19 getestet. Das meldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Mittwoch. Es seien 30 772 Tests in der ganzen Schweiz gemacht worden. Damit beträgt die Positivitätsrate 28 Prozent. 24 Menschen sind am Coronavirus gestorben. 149 Personen wurden hospitalisiert. Laut des BAG herrscht aktuell Alarmstufe rot. Mit Hochspannung hat die Schweiz schon den ganzen Tag auf die Bekanntgabe der verschärften Corona-Massnahmen des Bundesrates gewartet: Die Bundesräte Alain Berset und Guy Parmelin und Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga haben über die neusten Massnahmen informiert, die ab dem 29. Oktober gelten:
- Nun gilt die Maskenpflicht auch im Freien – überall dort, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann.
- Discos und Tanzlokale müssen schliessen.
- Für Restaurants und Bars gilt zwischen 23 und 6 Uhr die Sperrstunde. Zudem dürfen an einem Tisch nicht mehr als vier Personen sitzen.
- Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen sind verboten. Die Ausnahme gilt für politische Versammlungen wie beispielsweise Gemeindeversammlungen.
- Privat dürfen sich maximal zehn Personen treffen.
- Sportliche oder kulturelle Freizeitaktivitäten mit mehr als 15 Personen sind ebevnfalls verboten. Aus dieser Regel ausgenommen sind sportliche Aktivitäten von Kindern unter 16 Jahren. Das gleiche gilt für professionelle Trainings und Wettkämpfe, die durchgeführt werden dürfen.
- In den Hochschulen gilt der Fernunterricht. In den obligatorischen Schulen ist er erlaubt. Ab Sekundarstufe II gilt Maskenpflicht – so auch am Arbeitsplatz.
- Ab dem 2. November will der Bundesrat ausserdem flächendeckend Schnelltests einsetzen. Diese sind allerdings weniger zuverlässig als die herkömmlichen PCR-Tests. Wer ein positives Schnelltest-Resultat erhält, soll trotzdem in Isolation und sich später per PCR-Test testen lassen.

Schweiz dürfe keine Zeit verlieren
Bereits zu Beginn der Medienkonferenz erklärte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, dass nun keine Zeit verlieren kann. Die neuen Regeln treten ab Mitternacht am 29. Oktober in Kraft. «Die Kantone dürfen strengere Massnahmen ergreifen», sagte Sommaruga, «aber nicht lockern». Und weiter: «Nicht alle werden mit den einzelnen Massnahmen einverstanden sein», sagt sie. Doch der Schaden für die Schweizer Wirtschaft würde grösser, wenn jetzt nichts unternommen würde. Die Situation sei für niemanden leicht, Kontakt und Nähe zu anderen Menschen seien wichtig. «Je schneller wir das Virus unter Kontrolle kriegen, desto mehr liegt bald wieder drin», betonte Sommaruga. Wenn man aktuell weniger Kontakt habe, bringe die Schweiz die Ansteckungszahlen runter und damit komme es zu weniger Hospitalisierung.
Auch Gesundheitsminister Alain Berset unterstütze die Worte von Bundespräsidentin Sommaruga. Schweizweit müssten die Kontakte zu anderen Menschen massiv reduziert werden. Aber man müsse nicht in Panik verfallen. Weil die bisherigen Massnahmen nicht gereicht haben, habe der Bundesrat – in Absprache mit den Kantonen – weitere Massnahmen beschlossen. Nun seien alle gefordert, sich wirklich an alle Massnahmen zu halten. «Die Massnahmen sind nun entscheidend», erklärte Berset. Aus dieser Grund habe auch das BAG seine Farbe auf Rot gewechselt. Dabei erklärte der Bundesrat, dass sich die aktuelle Reproduktionszahl halbieren muss. «Das soziale und gesellschaftliche Leben wird jetzt eingeschränkt», sagte Berset. Zudem sollen neu auch die Schnelltests flächendeckend eingesetzt werden. Dies gilt ab dem 2. November. Momentan sind 30'000 PCR-Tests schweizweit verfügbar, mit den Schnelltests kommen 50 000 Tests dazu, so Berset.
Jetzt ist man besser vorbereitet
Wirtschaftsminister Guy Parmelin erklärte, dass die gesundheitliche Entwicklung dem Bundesrat aus wirtschaftlicher Sicht grosse Sorgen bereitet. Zum aktuellen Zeitpunkt sei damit zu rechnen, dass einige Branchen unter den neu beschlossenen Massnahmen leiden werden. «Der Bundesrat nutzt seinen Spielraum im rechtlichen Rahmen aus.» Mit dem Covid-19-Gesetz habe man nun die Möglichkeit, auch Härtefälle zu unterstützen. «Ausserdem sollen Unterstützungsmassnahmen des Frühlings weitergeführt werden», sagte Parmelin. Erwerbsausfall könne somit abgefedert werden. «Dies betrifft direkt und indirekt die Freiberufler», führte Parmelin weiter aus. In dieser zweiten Welle sei man besser vorbereitet.
Massnahmen müssen nun fruchten
Bei der Fragerunde wollte ein Journalist wissen: «Vor sieben Tagen war schon ein positiver Trend ersichtlich. Wieso wurden diese Tage nicht genutzt?» Bundespräsidentin Sommaruga winkte sofort ab: «Damals waren die Kantone am Zug.» Bereits am Sonntag vor zwei Wochen habe der Bundesrat auf Bitte der Kantone Massnahmen erlassen. Sommaruga erklärte: «Wenn man solche Massnahmen ergreift, muss das gut durchdacht sein. Was wir heute beschlossen haben, bringt uns einen Schritt nach vorne.» Gesundheitsminister Berset erklärte anschliessend, dass der Bundesrat versucht einen Weg zu finden, «um einen Lockdown zu verhindern». Dabei verwies Berset darauf, dass bereits im März ein Weg gefunden worden war, der weniger hart war als in anderen Ländern. Und: «Wenn die neuen Massnahmen die Lage nicht verbessern, ist es möglich, dass noch härtere Massnahmen ergriffen werden.» Diese wären dann aber schädlich. Nun hofft der Bundesrat, dass die neu beschlossenen Regeln in den nächsten Tagen fruchten werden.
Dauer der Massnahmen
Eine interessante Frage ist auch: Wie lange werden die neuen Massnahmen gelten? Gesundheitsminister Berset erklärte sofort, dass in der aktuellen Lage vor allem Flexibilität und Automatismus gefragt sind. Dabei sei die grösste Herausforderung die Kontrolle über die Pandemie. «Die oberste Priorität ist, die Überlastung der Spitäler zu verhindern.» Berset betonte, dass der Winter lange dauert und Viren zu dieser Jahreszeit besonders gut verbreitet werden. «Umso wichtiger ist es, dass wir eine Stabilität bekommen», erklärte Berset. An dieser Stelle erklärte Berset, dass der Bundesrat nun hofft, dass die Infektionszahlen nun schnell wieder runtergehen. «Deshalb gibt es aktuell keine Frist für die geltenden Massnahmen», so Berset. Sollten die Zahlen sinken, sei ebenfalls noch nicht sicher, ob die Massnahmen gleich fallen gelassen würden.
Wie sinnvoll ist die Maske im Freien?
Ein Journalist wollte während der Medienkonferenz auch wissen, was denn Masken im Freien überhaupt nicht bringen. Gesundheitsminister Berset meinte, dass diese Regel nur gewisse Zonen umfasst. «Wir wollen dort Masken sehen, wo es viele Menschen gibt und wo der Abstand nicht eingehalten werden kann», führte Berset weiter aus. Er selbst trage auch nicht gerne eine Maske, aber es sei nicht zu vermeiden. «Ausserdem haben wir festgestellt, dass Kantone, die bereits eine Maskenpflicht im Freien haben, erfolgreich sind», meinte Berset noch zu diesem Thema.
Die ganze Medienkonferenz im Replay:
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Steigende Corona-Zahlen: Der Bundesrat ist beunruhigt (21.10.20)
Gerade in der Schweiz verbreitet sich das Coronavirus in einem besorgniseregenden Höllentempo aus: Innerhalb einer Woche haben sich die Fallzahlen verdoppelt. Vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor einer Woche noch 2613 neue Fälle, sind es am Mittwoch bereit 5596 neue Coronavirus-Ansteckungen – zudem sind es aktuell 115 Spitaleinweisungen und elf neue Todesfälle. Die Lage spitzt sich im Moment derart zu, dass der Bundesrat darüber diskutiert, sogar einen Mini-Lockdown zu verhängen. «Wir beobachten die Situation mit grosser Aufmerksamkeit, wir müssen die Lage sehr ernst nehmen», sagt Alain Berset während der Medienkonferenz im Bundeshaus in Bern. Am Morgen habe sich der Bundesrat mit der Taskforce getroffen und diese schätze die Situation so ein, dass sie sich momentan sehr schnell verändere. «Die Fallzahlen verdoppeln sich von Woche zu Woche. Die Hospitalisierungen haben sich verdoppelt. Die Verdoppelung der Fälle beunruhigt uns sehr», betont Berset. Vor drei Wochen haben in der Schweiz laut des Gesundheitsministers «eine der besten Lagen Europas» geherrscht. «Momentan haben wie eine der schlechtesten Lagen», führt er weiter aus. Zudem gebe es grosse Unterschiede bei den Kantonen, manche seien stark betroffen. Aus diesem Grund müsse man sehr schnell handeln. «Deshalb haben wir am Sonntag neue Massnahmen beschlossen. Es dauert etwa zehn Tage, bis wir die Auswirkungen sehen. Wir werden die Situation sehr genau beobachten», sagt Berset. Gemäss des Gesundheitsministers wird der Bundesrat wahrscheinlich am nächsten Mittwoch neue Massnahmen beschliessen. «Betroffen von schärferen Massnahmen werden insbesondere Veranstaltungen und öffentliche Gebäude sein.»
Berset appelliert an die Bevölkerung
Im Kampf gegen das Coronavirus sind nach Angaben von Berset insbesondere die Kantone gefordert. Gerade weil die Zahlen in den Kantonen sehr unterschiedlich seien. Der Bundesrat beobachte genau, wie die Kantone darauf reagierten und ermuntere sie, Massnahmen zu ergreifen, wenn dies notwendig sei: «Es braucht hier eine gute Zusammenarbeit.» Die Schweiz habe bereits die erste Welle gut gemanagt. Man wisse, was zu tun sei. An dieser Stelle betont Berset aber auch, dass das Wichtige nicht ist, was die Politik beschliesst. «Das interessiert das Virus nicht. Was zählt ist, was die Bevölkerung macht.» Hier müsse sich die Bevölkerung wieder konsequenter an die Abstandsregeln und Hygienemassnahmen halten. «Das Virus hat keine Beine», so Berset. Zur Übertragung brauche es eben Menschen.
Zudem erklärt der Gesundheitsminister, dass diese zweite Welle nicht mit der ersten Welle im Frühling vergleichbar ist. «Wenn wir das nicht bald in Griff bekommen, kann die aktuelle Welle noch sehr lange dauern.» Auch Stefan Kuster, Leiter übertragbare Krankheiten beim BAG: «Häufig finden die Ansteckungen im Familienkreis statt. Zum aktuellen Zeitpunkt kann man sagen, dass die Ansteckungen dort stattfinden, wo sich Menschen ohne Schutz versammeln.» Nun stellt sich die Frage, ob man in der aktuellen Lage überhaupt noch ein Restaurant besuchen darf? Berset sagt klar, dass dies jeder Einzelne für sich selbst entscheiden muss. «Wenn man einer Risikogruppe angehört, dann sollte man ein wenig vorsichtiger sein», führt Berset weiter aus. Zudem komme es auf die Schutzkonzepte der einzelnen Gastrobetriebe an. «Es gibt Restaurants haben sehr gute Schutzkonzepte erarbeitet.»
Mehrmals stellt Berset während der Medienkonferenz klar, dass es im Moment in der Schweiz nicht gut läuft. Wie bereits letzte Woche Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sagte, meint auch Gesundheitsminister Berset sechs Tage später: «Die Lage ist ernst. Wir müssen jetzt reagieren.» Morgen treffe er sich noch einmal mit den kantonalen Vertretern. Auch wenn sich die Lage in der Schweiz immer weiter zuspitzt, ist das Ziel für den Bundesrat klar: «Wir müssen eine Schliessung der Gesellschaft verhindern.» Aber genau da liege die Herausforderung. Und deshalb brauche es jeden Einzelnen in der Bevölkerung, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen
Im Moment keine Ausgangssperre vorgesehen
Während der Medienkonferenz im Bundeshaus will ein Journalist wissen, ob vielleicht sogar eine Ausgangssperre eine Möglichkeit ist. «Eine Ausgangssperre ist derzeit kein Thema», antwortet Berset. Denn die Ausgangslage sei anders als im Frühling. «Schliesslich wissen wir jetzt viel mehr über das Virus.» Der Bundesrat hoffe, dass es nicht so weit komme. Aber wenn man die Lage nicht in den Griff kriege, seien alle Massnahmen möglich.
«Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einen Mini-Lockdown zu beschliessen?», will ein anderer Journalist wissen. Berset, erklärt, dass der Bundesrat den sogenannten Circuit Breaker versucht zu verhindern. «Wir wollen, so wenig Schaden an der Gesundheit und Wirtschaft wie möglich machen», betont Berset. Es gebe keinen Schwellenwert, ab wann der Bundesrat einen Mini-Lockdown beschliessen werde. «Man muss aus der Situation handeln.»
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Bundespräsidentin über die Corona-Situation: «Die Lage ist ernst» (15.10.20):
Dass es «fünf vor zwölf» ist, wie Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sagt – das zeigt auch die aktuelle Zahl der neuen Corona-Ansteckungen: 2613 Personen haben sich in den letzten 24 Stunden mit dem Coronavirus infiziert. Während der Pressekonferenz unterstreicht Sommaruga deutlich, dass es nun wichtig ist, den steigenden Trend zu brechen. «Je schneller uns dies gelingt, desto weniger Einschnitte hat es für die Bevölkerung, die Wirtschaft, die Familien und die Risikogruppen», so Sommaruga. Trotzdem konnten sich die wichtigsten Vertreter der Landesregierung und der Kantone noch nicht auf Massnahmen einigen oder zumindest einen Fahrplan für mögliche Massnahmen vorzulegen.
In den nächsten Tagen sollen weitere Massnahmen, die dann schweizweit gelten werden, diskutiert und anschliessend öffentlich kommuniziert werden. Bereits am Freitag findet aber ein Treffen der kantonalen Gesundheitsdirektoren mit Gesundheitsminister Alain Berset statt. Auch Berset fand angesichts der steigenden Corona-Fallzahlen am Donnerstag klare Worte: «Die Situation ist beunruhigend, es gibt eine starke negative Dynamik.» Es ist möglich, dass man sich auf Massnahmen wie beispielsweise eine Homeoffice-Empfehlung oder striktere Regeln fürs Maskentragen einigen wird. Auch Regeln für private Veranstaltungen sind in der aktuellen Situation nicht ausgeschlossen.
Eines ist nach diesem Krisengipfel aber schon einmal klar und muss sich nun sofort ändern: Die Bevölkerung muss sich mindestens wieder an die Grundregeln von Händewaschen, Distanzhalten und Maskentragen halten.
«Dynamik der Pandemie brechen»
Bereits jetzt nach der Medienkonferenz zum Krisengipfel zeichnet sich ab, dass die geltenden Mechanismen in der Krise ungeeignet sind. Denn der Bund hat zu wenig Möglichkeiten die Kantone zum Handeln zu verpflichten und die Kantone sind zu nachsichtig untereinander. Und genau das könnte in der aktuellen Lage die Gesundheit der Bevölkerung gefährden. Auch Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektionen, schloss sich den Aussagen von Sommaruga und Berset an: «Die Lage ist ernst und daran wird sich so bald nichts ändern.» Und weiter: «Es gilt nun, die Dynamik der Pandemie zu brechen.» Noch sei die Situation in den Spitälern nicht alarmierend – dies könne sich aber schnell ändern. «Alle Kantone sind gefordert, ihre Massnahmen anzupassen», so Engelberger. Die Konferenz der Gesundheitsdirektionen werde dazu Empfehlungen verfassen. (red)