Die in Schwarzenbach wohnhafte Martina Dumelin in einem Portrait vorzustellen ist herausfordernd, sie lässt sich nicht so einfach in eine Schublade stecken. Die Mutter eines einjährigen Sohnes ist dazu vordergründig in zu unterschiedlichen Themen unterwegs.
Ein Projekt von Martina Dumelin veranschaulicht die komplexe Verbindung ihrer Themen auf exemplarische Weise: „Da ich früher Hauswirtschaft unterrichtet habe, erhielt ich immer wieder Anfragen, um mit Menschen gemeinsam an einem Anlass zu kochen.“ Dies war der Ursprung ihrer Veranstaltungsserie `Tafel mit Sinn`, bei der Arbeitsteams, Vereine oder auch interessierte Privatpersonen gemeinsam Gemüse rüsten, Fleisch anbraten, Saucen anrühren und sich anschliessend an gemeinsam an den gedeckten Tisch setzen. Dies klingt nicht besonders ungewöhnlich und spektakulär. Martina Dumelin: „Entscheidend ist, was zusätzlich zum gemeinsamen Kochen passiert.“
Nachhaltiger Genuss
„Es entstehen gute Gespräch unter den Teilnehmenden.“ Diese drehen sich oft auch um die Herkunft der Produkte. Für die Veranstalterin müssen diese aus der Region stammen. Da sind die Anschlussthemen wie `bewusster Umgang mit Ressourcen` sowie `saisongerechte Verwendung von Obst- und Gemüsesorten` gesetzt.
So ein Abend dreht sich nicht nur um Kulinarik, auch Ausflüge in ökologische, gesellschaftspolitische und sogar philosophische Bereiche gehören dazu. Damit wird klar, weshalb der Kochanlass `Tafel mit Sinn` heisst: Gaumen und Geist sollen beim Geniessen gleichermassen bereichert werden, und dazu einen Nachhall mitnehmen.
Wiederverwendetes Mobiliar
Es geht dabei nicht um schulmeisterlich moralisierende Ermahnungen, im Januar ja keine eingeflogenen Erdbeeren zu konsumieren, vielmehr um neue Einsichten, welch komplexe Fragen mit der Nahrung zusammenhängen. Mutmasslich werden die Teilnehmenden danach Lebensmittel bewusster einkaufen und sich mehr Gedanken über die Zusammenhänge ihrer Menüs machen.
Nachhaltigkeit ist ein Thema, das Martina Dumelin sehr am Herzen liegt, dies wird im Gespräch mit ihr deutlich. Dabei ist nicht nur ein bewusster Umgang mit den natürlichen Ressourcen gemeint, es geht auch sinnvolle Weiterverwendung des bereits Bestehenden. Der Esstisch der `Tafel mit Sinn` wurde vom Lebenspartner der Gastgeberin aus eigenem Holz gezimmert. Die Stühle standen ehemals in einem Schulhaus.
Weiterentwicklung der Tafel
Bisher haben diese ebenso sinnlichen wie sinnreichen Kochanlässe jeweils im Herbst in einer historischen Liegenschaft in Hüttlingen bei Frauenfeld stattgefunden. Da dieses Haus mittlerweile anderweitig beansprucht wird, ist die weitere Zwischennutzung nicht mehr möglich, ein neuer temporärer Standort muss gefunden werden.
Dieses zeitlich Beschränkte und das Nutzen von Gelegenheiten scheint typische für die Denk- und Arbeitsweise von Martina Dumelin zu sein.
Ausbildung in Kulturmanagement
Durch ihre Herkunft aus einer Bauernfamilie ist die praxisbezogene Nähe zur Produktion von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln bereits gegeben. Die 32-Jährige hat sich zusätzlich den theoretischen Hintergrund in einem Nachdiplomstudium zu nachhaltiger Unternehmensführung angeeignet.
Belebende Herausforderungen
Ursprünglich wurde sie zur Sekundarlehrerin ausgebildet. Doch das Unterrichten befriedigte sie nicht dauerhaft. In der Unterhaltung in einem Café in der Wiler Altstadt mit ihr wird klar, dass die gesellige Ein-Frau-Unternehmerin immer wieder neue Herausforderungen braucht und diese auch liebt. Ihr sehr wach wirkender Blick scheint Ausdruck eines neugierigen und lebendigen Geistes zu sein.
„Ich besuchte eine klassische Studienberatung.“ Ergebnis: Ihr weiterer Lebensweg führt in Richtung Kulturmanagement. Das entsprechende Studium absolvierte sie in Basel. Der Gestaltungsspielraum, den Kulturmanagement ermöglicht entspricht ihr. Zudem: „Jede Form von Kunst fasziniert mich.“
Filmkultur
Auch Kino ist eine Kunstform. Im regional bekannten Cinema Luna in Frauenfeld sass die Kulturfreundin zeitweise an der Kasse. Es werden dort zum Teil Filme gespielt, die besondere cineastische Einblicke gewähren und die Nischen des internationalen Filmschaffens auf die Leinwand bringen.
Heute ist die einstige Kassiererin Präsidentin des Cinema Luna-Trägervereins, den `Frauenfelder FilmfreundInnen`. Überraschend ist dies nicht. Die Kulturmanagerin wird immer wieder für die Übernahme von Funktionen und Projekten angefragt; ungesucht kommen sie auf sie zu.
Auf diese Weise kam sie auch zu Engagements beim Literaturspaziergang `Lauschig`. Unter diesem Label werden in Winterthurer Gärten und Parkanlagen Lesungen organisiert. Martina Dumelin wirkte dabei als Moderatorin mit.
Nachhaltige Ressource Mensch
Neben ihren Einsätzen als Kulturmanagerin bei Literaturanlässen und im Nischenkino ist sie auch als Fachperson für Gesundheitsförderung bei der Präventionsorganisation Perspektive Thurgau engagiert.
Aus der Sicht von Aussenstehenden mögen diese beiden Bereiche wenig Gemeinsamkeiten haben, anders stellt es sich für die vielseitige Praktikerin dar: Soziales, Kultur und Wirtschaft sind für sie keine insolierten Themenbereiche, sie sind ganzheitlich miteinander verknüpft und können sich auch gegenseitig befruchten.
Diese Sicht hat für Martina Dumelin einen ganz besonderen Hintergrund, einer ihrer jüngeren Brüder ist vom Down-Syndrom betroffen. Damit weiss sie aus eigener Erfahrung, wie wichtig und umfassend das Thema `gesellschaftliche Integration` ist.














