Wie heisst es doch so schön? Richtig: Das Gute liegt so nah! Die Kulturfahrt zu Schaffhauser Perlen stiess trotz der Nähe zu Wil auf ein so grosses Interesse, dass für zwanzig Mitglieder im Reisebus kein Platz vorhanden war. Auf dem Hinweg wurden die Reiseteilnehmenden von Vereinspräsident Hans Vollmar mit den ersten Informationen versorgt. Die Geschichte von Stein am Rhein ist geprägt von guten, aber auch schlechten Zeiten. In finanzieller Hinsicht geriet das Städtchen immer wieder in Turbulenzen. Dass Stein am Rhein heute reichlich Mittel für die Erhaltung der Bausubstanz und kulturelle Aktivitäten zufliessen, ist der 1989 gegründeten Jakob und Emma Windler-Stiftung mit einem Vermögen von mehreren hundert Millionen Franken zu verdanken.
Einzigartige Renaissance-Wandmalereien
Zum Aufschwung von Stein am Rhein führte das zu Beginn des 11. Jahrhunderts gegründete Benediktiner-Kloster Sankt Georgen, das heute zu den kulturhistorischen Perlen der Bodensee-Region zählt. Die ehemalige Abtei ist eine der besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen der Schweiz. Erhalten geblieben sind auch viele der rund 500 Jahre alten Wandmalereien aus der Frührenaissance, die man in dieser Qualität nördlich der Alpen sonst nirgendwo findet. Dieses Bauwerk direkt am Rhein ist so authentisch geblieben, dass hier im Jahr 2018 80 Prozent des erfolgreichen Zwingli-Spielfilms gedreht werden konnten.
Im Zuge der Reformation wurde das Kloster 1525 aufgehoben. Durch verschiedene Handwechsel geriet die Bausubstanz des Klosters im 19. Jahrhundert ernsthaft in Gefahr. Sogar ein Abbruch wurde in Betracht gezogen. Es war ausgerechnet der protestantische Pfarrer Ferdinand Vetter (1811-1888), der die Anlage 1875 erwarb. Heute wird das Museum von der Eidgenossenschaft betrieben.
Carigiet-Werk einst umstritten
Auf dem Rundgang durch das Städtchen schweift der Blick unweigerlich auf die farbenfrohen Fassaden beim Rathausplatz, mit denen die Besitzer einst ihren Wohlstand zur Schau stellten. Ein ganz besonderes Kunstwerk schmückt die Fassade des Hotel-Restaurant Adler. Diese Fassadenmalerei wurde 1956 von keinem Geringeren als Alois Carigiet erstellt, damals längst nicht zur Freude aller Bewohner des Städtchens ...
Ein unrühmliches Kapitel von Stein am Rhein ist die Hexenverfolgung, die zwischen 1510 und 1667 zu 17 vollstreckten Todesurteilen führte. Der Tod schlug in Stein am Rhein aber auch am 22. Februar 1945 zu, als das Städtchen von einem amerikanischen Bomber irrtümlich bombardiert wurde. Fünf Kinder und vier Frauen starben. Zertrümmert wurde dabei auch das historische Untertor.
Nach dem Mittagessen im Burgrestaurant Hohenklingen, hoch über Stein am Rhein, ging es weiter nach Schaffhausen, wo im ehemaligen Kloster Allerheiligen mit dem grössten erhaltenen Kreuzgang unseres Landes eine weitere Führung auf die Reisegruppe wartete. Die Entwicklung des Kantonshauptortes vom Flecken zur Stadt ist eng mit den Grafen von Nellenburg verknüpft. Diese hatten die geographische Bedeutung des Areals als Umschlagplatz von Waren erkannt. Um den Rheinfall zu umgehen, mussten die auf dem Rhein transportierten Güter umgeladen und auf der Strasse bis unterhalb des Wasserfalls transportiert werden. Hier bestand die Möglichkeit, Abgaben und Zölle zu erheben.
Grösster romanischer Sakralbau der Schweiz
Im Jahr 1064 war der Bau des kleinen Eigenklosters von Ita und Eberhard von Nellenburg vollendet. Die Grafen von Nellenburg waren ein bedeutendes Adelsgeschlecht in Südwestdeutschland und der Nordschweiz. Über den bestehenden Fundamenten wurde ab 1090 das heutige Münster errichtet. Dieses gilt als grösster romanischer Sakralbau der Schweiz. 1529 setzte sich in Schaffhausen die Reformation durch und das Benediktiner-Kloster wurde aufgelöst.
Zum Abschluss der Kulturfahrt in den Kanton Schaffhausen wurde dem ins ehemalige Kloster integrierten Museum zu Allerheiligen ein Besuch abgestattet. Das bedeutendste Museum der Region vereinigt Archäologie, Geschichte, Kunst und Naturkunde unter einem Dach. Das Museum zu Allerheiligen war beim irrtümlichen Bombenangriff vom 1. April 1944 auf Schaffhausen mit 40 Todesopfern ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden.
Im Herbst nach Oberschwaben
Auf der Rückfahrt nach Wil machte Präsident Hans Vollmar der Reisegruppe bereits die Herbst-Kulturfahrt schmackhaft. Am 5. September geht es an die oberschwäbische Barockstrasse. Besucht werden die ehemalige Reichsabtei Ochsenhausen und die Benediktiner-Abtei Ottobeuren. Zuvor steht am 29. August eine Abendführung durch Weinfelden auf dem Programm. Freuen dürfen sich die Mitglieder als aktuellste Buchgabe des Vereins aber auch auf den neuen Kunstführer „Die Madonna zu Wil“.
Für weitere Informationen: www.kunst-museumsfreunde-wil.ch