«Pass doch auf.» «Nein, nicht so. Ich mache das immer so.» «Warte, ich zeige dir mal, wie es richtig geht.» Bei jedem dieser Sätze muss ich meine Augen genervt rollen. Ich erlebe es so oft, dass sich Mütter in meinem Bekanntenkreis mit Händen und Füssen gegen das Einmischen der Väter in die täglichen Fragen und Probleme der Erziehung wehren. Familienforscher nennen dieses Verhalten «Maternal gatekeeping». Oder ganz einfach ausgedrückt: Glucken. Denn diese Mamas stehen wie Türsteherinnen vor ihren Kindern und schliessen die Papas aus. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten, die betroffene Mütter bei diesem Verhalten an den Tag legen: Sie ermutigen die Väter und leiten ihn bei jedem Schritt an. Oder sie stoppen die aktiven Väter indem sie den Umgang mit dem Kind kritisieren oder sie lassen die Papas selten mit den Kindern allein. Aber das ist nicht nur ein Klischee, das mir in meinem Bekanntenkreis auffällt, sondern ein Phänomen, das seit Jahrzehnten erforscht wird. So belegen amerikanische Forscher, dass 20 bis 25 Prozent aller verheirateten Mamas dieses mütterliche Kontrollbedürfnis haben.
Als Aussenstehender weiss man im Zeitalter der Gleichberechtigung nicht, ob Mütter nach der Geburt bewusst zu hysterischen Glucken mutieren und die Kindererziehung die Macht an sich reissen. Oder ob das eine Ausflucht der modernen Väter ist, die so tun, als könnten sie sich nicht gegen ihre Partnerinnen durchsetzen, obwohl es ihnen in Wahrheit ganz recht ist, nachts nicht das schreiende Baby beruhigen zu müssen.
Die Männer nervt das
Eine meiner Freundinnen, die kürzlich einen Sohn bekommen hat, sagt: «Er nervt mich so sehr. Ich muss ihm jedes Mal sagen, dass er zuerst das Wasser ins Fläschchen tun soll und erst dann das Milchpulver – und nicht umgekehrt.» Der Grund zur Aufregung: So kann das zubereitete Fläschchen Klumpen bilden, die lästig zum Waschen sind. In solchen Situationen würde ich den betroffenen Mamas am liebsten den Vogel zeigen. Oder einmal meinte eine Mama zu mir: «Mein Mann ist so doof. Der hat kürzlich der Kleinen die Nachtwindel tagsüber angezogen.» Echt jetzt? Ist das ihr grösstes Problem?
Kürzlich habe ich mit meinem Ehemann über genau dieses Thema geredet. Er selbst erklärte mir, dass genau dieses Verhalten die Männer an ihren Frauen nervt. Die Bevormundung, die Machtspiele und das ständige Korrigieren. «Und wir Männer sind da ganz einfach gestrickt», sagte mein Ehemann, «uns wird das zu blöd, wenn man uns bevormundet, für dumm hält und uns quasi kastriert». Irgendwann ziehen sich die betroffenen Männer zurück und denken sich: «Ja dann mach es selber». Und dann kapitulieren sie und wollen sie ihren Frauen nicht mehr unter die Arme greifen, weil die eben alles besser wissen. Und was macht Frau wiederum? Genau. Sie motzt, weil er ihr zu wenig hilft.

Ich persönlich vertraue meinem Ehemann blind. Er ist der Papa – er hat die Kindererziehung genauso im Blut wie ich. Wenn ich aus dem Haus gehe, dann erkläre ich ihm nicht jeden einzelnen Schritt – ich teile ihm nur mit, wann die Kleine das letzte Mal gegessen hat. Ich muss ihm nicht wie einem Nichtswisser erklären, wie man ein Fläschchen macht. Und wenn die Milch nach seiner Zubereitung Klumpen hat, wird das Kind auch nicht daran sterben. Ich muss ihm auch nicht zum hundertsten Mal zeigen, wo die Windeln stehen – er versteht schon, was in einer Wickelkommode drin ist. Und ich muss ihm auch nicht sagen, welche Creme nun für den Popo ist – er kann ja lesen. Und falls er Mal dem Kind die Windel über den Kopf ziehen sollte statt am Po – dann ist das auch kein Weltuntergang.
Väter sind eine Horizonterweiterung
Ich persönlich würde sogar einen Schritt weiter gehen und sagen, dass mein Ehemann gewisse Sachen im Umgang mit unserer zehn Monate alten Tochter besser kann als ich. Nämlich ihr einen Freiraum geben, den ich als Mama mit meiner mütterlichen Sorge oft nicht kann. Papas haben eine gewisse Lockerheit und mit dieser lassen sie die Kinder sich anders entwickeln – gerade weil sie nicht in allem eine Gefahr sehen. Und das kann ein Kind extrem fordern und vor allem fördern. Ich sehe das als Horizonterweiterung für das Kind.
Für Väter ist es extrem schwierig, sich im Familienkarussell zu finden – vor allem nach der Geburt des ersten Kindes, wenn es um die Positionierung des Dreiecks Vater-Mutter-Kind geht. Viele Mütter blühen in ihrer Rolle komplett auf. Sie wollen jegliche Verantwortung für das Kind für sich haben und lehnen jede Unterstützung ihrer Partner ab. Forscher sehen dieses Verhalten als Folge davon, dass sich Mamas nicht mehr in der Berufswelt bewegen und so ihre Mutterrolle extrem ausleben wollen. In den ersten Wochen nach der Geburt und bis zu einem gewisse Grad ist das ja normal. Aber wenn sich Mamas aktiv gegen den Kontakt zwischen Vater und Kind wehren, dann sollten sich die Männer dagegen wehren.
Ich bin der Überzeugung, dass wir Mütter uns vieles durch die Lappen gehen lassen, wenn wir die wertvolle Hilfe der Männer nicht annehmen oder sie bei jedem Schritt korrigieren. Wir können die Zeit auch mal für uns nutzen, abschalten und uns zwischendurch nicht mit vollen Windeln, dreckigen Kleidern und hungrigen, gelangweilten oder weinenden Kindern beschäftigen müssen. Und wenn wir zulassen, dass die Väter unserer Kinder aktiv lernen, was der tägliche Umgang mit Kindern bedeutet, dann gewinnen wir auch. Denn dann haben wir Partner, die unsere Mutter-Rolle würdigen und anerkennen. In diesem Sinne: Lasst mal die Papas einfach machen. Sie können das auch – einfach auf ihre Art und Weise.
Täglich berichtet «hallowil.ch»-Redaktorin und Mama Magdalena Ceak auf ihrem Instagram-Profil über den Familienalltag und gibt Inspirationen für die Kinderzimmereinrichtung.