Die Digitalisierung unseres Umfeldes und das Leben mit dem iPhone, den Kundenkärtli für alle Situationen, der Einkaufs-Selbst-Scanner und den monotonen Computerstimmen in immer mehr Lebenssituationen holen uns alle ein. Auch die Generation der Babyboomer der 50er-Jahre und die Alt-68er der Woodstock-Ära müssen sich anpassen und mitmachen. Wer es nicht tut, verhungert, verdurstet, hat kein Geld mehr, kann im ÖV nur noch Schwarzfahren und bleibt aussen vor, wenn es um Rabatte, Best-Price, Vergünstigungen und Einsparungen geht.
Noch hat man die letzten Chancen, mit Bargeld über den Ladentisch zu bezahlen oder ganz persönlich und visuell präsent etwas einzukaufen. Aber die digitale Welle rollt und die gemanagte und strategisch geplante Wirtschaft «rugelet» unaufhaltsam weiter. Entweder an uns vorbei, über uns hinweg – oder wir machen mit.
Um den Zug nicht zu verpassen, investiert man Stunden, eher schon Tage, um die Abläufe zu checken, richtig zu scannen, zu doodeln zu googeln, zu liken, upzudaten, im richtigen Moment online oder offline zu sein und mit dem richtigen Code zur rechten Zeit alles mit o.k. zu bestätigen.
Noch vor Jahren von mir als unmenschliches Teufelsding abgetan, schiebe ich heute selber das Postiwägeli vor mir her und scanne den Einkauf mit der Hoffnung, dass ich auch nichts vergessen habe und ich mich bei der Stichkontrolle nicht blamiere. Das Bahnticket mit dem iPhone zu kaufen, natürlich mit der nötigen App, ist tatsächlich einfacher und leichter, als fünf Minuten vor Zwölf am auch für Junge komplizierten und unlogischen Blechschalter. Dabei kann man schon mal die Nerven verlieren, ohne dabei ein Ticket zu bekommen, um dann schliesslich nur noch das Rotlicht des Eilzuges nach Zürich zu sehen.
Schweisstreibend und bis zur Lachnummer wird es, wenn zwei Pensionäre – einer davon natürlich ich – an einer in der Sardischen Pampas platzierten und im Sonnengegenlicht stehenden Tanksäule stehen und mit den elektronischen Anweisungen auf Kriegsfuss stehen. In der Zeit, bis man endlich der Säule die nötigen Treibstoff-Tropfen entlockte, aber dem ersten gefressenen Nötli nachtrauert, hätte man mit dem Chäntli im Nachbardorf einige Notliter holen können, um bis zur nächsten bedienten Säule zu fahren. Diese gibt es aber kaum mehr. Und wer hat heute schon ein Benzinkanisterli im Auto?
Bussenzettel riskiert man auf den Parkplätzen, denn die Anweisungen per Computerstimme sind dermassen verwirrend und die Schrifttafeln auf dem Gerät von der Sonne dermassen abgebleicht, dass die Wut- und Fruströte im Gesicht schon fast den ganzen Parkplatz erleuchtet, weil es sonst kein Licht gibt und das iPhone keinen «Pfuus» mehr hat. Umso stolzer dann das Gefühl, wenn man es trotzdem irgendwie schafft, obwohl die Logistik des Park-Systems nie verständlich sein wird. Logisch ist das wohl nur den Parkbussenverteilern.
Noch ein Müsterchen aus dem Mc Donalds. Na ja, nach fast zwei Wochen Fisch, Gemüse, Pasta und Bio-Wein erträgt es mal etwas Deftigeres. Wie heisst doch das Lied von Mike Krüger. «Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehn und mit der kleinen Kurbel ganz nach oben drehn…..». Wo verflucht sind denn bei der heutigen Technik die Nippel? Und Laschen sowie Kurbeln gibt es schon gar keine mehr. Nur ein Kreditkärtchen, die verhexte Computerstimme und dann viel fragende Leere und hinter mir eine Kolonne hungriger Mc Donalds-Freaks. Statt zwei Bigmac-Menüs bekam ich drei geliefert. Dies, weil ich mich wohl beim Zurücksetzen nicht genügend ausloggte. Dazu gab es die falsche Sauce, nämlich eine verflucht scharfe, viel zu viel Pommes und die Cola mit soviel Eis, dass jeder Eisbär in der Arktis damit hätte überleben können. Irgendwo hatte ich wohl einen Fehler in meinem System und hätte noch etwas Zeit gebraucht, um dasjenige meines blechernen Gegenübers mit meinem upzudaten, oder so.
Immerhin bin ich weder verhungert noch verdurstet, bekam keinen Parkbussenzettel und das Auto hatte immer genügend Most im Tank. Das Ganze ohne Kurbeln, Nippel und Laschen. Bin ich nicht ein digitaler «Siebensiech»?
Mäni Rüegg*
* = Mäni Rüegg ist aktiver Lokaljournalist in Pension. Seit vielen Jahren beobachtet er das Geschehen in Wil und Umgebung. In der Hallowil-Kolumne «Mänis Perspektivenwechsel» nimmt er eine andere Sichtweise ein und berichtet ungeschminkt über Dinge, die einfach mal niedergeschrieben werden müssen.