Dem 33-jährigen Mann wird vorgeworfen, die Raubüberfälle mit brutaler Gewalt ausgeübt zu haben. Er überfiel Tankstellenshops in Bronschhofen, den Mc Donald’s in Wil und einen Erotiksalon in St. Gallen. Vom Kreisgericht hatte es dafür eine Haftstrafe von zehn Jahren und drei Monaten abgesetzt. Der Fall wurde jedoch an die nächsthöhere Instanz, das Kantonsgericht, weitergezogen. Gefordert wurden vom Angeklagten Freisprüche, wie die Online-Ausgabe des St. Galler Tagblatts am Montagmorgen berichtet. Das Kantonsgericht hat im Nachgang der Berufungsverhandlung nun das Urteil veröffentlicht. Der Mann wurde für schuldig befunden, die Haftstrafe jedoch um ein Dreiviertel-Jahr auf neun Jahre und sechs Monate reduziert. Zudem setzte es eine Geldstrafe ab und es wurde eine stationäre therapeutische Massnahme angeordnet. Das Urteil ist reduziert worden, weil der Mann vom Vorwurf eines Raubes im Hotel Uzwil freigesprochen wurde.

Laut dem Artikel handelt es sich bei den Taten um schwerwiegende Verbrechen und Vergehen. Der psychiatrische Gutachter geht von einer hohen bis sehr hohen Rückfallgefahr aus.

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Kreisgericht spricht Haftstrafe von über zehn Jahren aus (2.4.19)

«Er wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und drei Monaten. Die Untersuchungshaft von 423 Tagen wird angerechnet», schreibt das Kreisgericht St. Gallen in einer Mitteilung an die Medienvertreter, die am 26. März an der Gerichtsverhandlung anwesend waren. Damit hat das Kreisgericht diesem anspruchsvollen Fall nach über fünf Jahren ein rechtskräftiges Urteil ausgesprochen. Und was für eines: Schliesslich liegt das Urteil deutlich über dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmass von neun Jahren. Weiter werde der Straftäter zu einer Geldstrafe von 320 Tagessätzen zu je 30 Franken sowie zu einer Busse von 400 Franken verurteilt. Bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse betrage die Ersatzfreiheitsstrafe vier Tage.

Die Liste der Taten, die der 33-jährige Mann vor allem im Jahr 2013 begangen hatte und für die ihn das Gericht nun schuldig erklärt, hat es ihn sich: mehrfacher Raub (teilweise mit einer Waffe), fahrlässige schwere Körperverletzung, mehrfache einfache Körperverletzung (teilweise mit Gift, Waffe oder gefährlichen Gegenständen), Freiheitsberaubung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Nötigung, Verletzung der Verkehrsregeln – um nur einige der Straftaten zu nennen. «Eine Verwahrung ist der richtige Weg», plädierte die Staatsanwältin vergangene Woche während der Gerichtsverhandlung. «Die Rückfall-Wahrscheinlichkeit liegt bei 87 Prozent», war sie überzeugt. 

In einigen Anklagepunkten freigesprochen

Nach Angaben des Kreisgerichts St. Gallen wurde der Mann auch von einigen Vorwürfen freigesprochen. So beispielsweise vom Vorwurf des Diebstahls im Sachverhalt «Hotel Uzwil», bei dem er laut Anklageschrift im Juni 2013 spät abends einer Angestellten vor dem Hotel aufgelauert und sie mit einem spitzigen Messer bedroht hat. Auch der Vorwurf «der versuchten vorsätzlichen Tötung, des versuchten Raubes und der Sachbeschädigung im McDonald's Abtwil» wird fallen gelassen. Laut Anklageschrift soll er maskiert und mit einer schussbereiten Waffe die Fast-Food-Filiale überfallen haben. Dabei soll er auf eine Person geschossen haben, die am rechten Unterarm verletzt wurde. Auch vom Vorwurf «der Gefährdung des Lebens und der einfachen Körperverletzung in einem St. Galler Erotiksalon» wir der Straftäter freigesprochen. Dort soll er nur wenige Tage nach dem Überfall des McDonald's Abtwil Frauen bedroht und geschlagen haben. 

Verfahrenskosten von über 240 000 Franken

Ebenso lang wie die Liste der Taten für die der Straftäter als schuldig erklärt wurde, ist die Liste der Zivilforderungen. Der verurteilte Straftäter wird für eine Genugtuung oder einen Schadenersatz der unzähligen Klägern behaftet. Die Beträge reichen von mehreren hundert bis mehreren tausend Franken. In der Mitteilung des Kreisgerichts St. Gallen sind auch die Kosten des Verfahrens aufgelistet. Sage und schreibe 241 755 Franken kostete dieser anspruchsvolle Fall. 4/5 des Gesamtbetrages – abzüglich des sichergestellten Bargeldes von 260 Franken – müsse der 33-Jährige bezahlen. 1/5 der Kosten trage der Staat.

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So hat hallowil.ch über den Prozess berichtet:

Der erfahrene Verteidiger sprach gegen Ende des Verhandlungstages vom «anspruchsvollsten Fall der vergangenen 20 Jahre». Dies zeigt nur schon der Umstand, dass seit den Vorfällen schon über fünf Jahre vergangen sind und noch immer kein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Hintergrund: Ein zusätzliches psychologische Gutachten vom Beschuldigten musste nach dem ersten Verhandlungstag im Herbst 2016 eingeholt werden.

Unbestritten waren am Dienstag vor Schranken die begangenen Taten, herrührend zu einem grossen Teil aus dem Jahr 2013: Vor dem Hotel Uzwil hatte der Mann einer Angestellten aufgelauert und sie mit einem spitzen Gegenstand gezwungen, einen Tresor zu öffnen. Im Tankstellen-Shop der Garage von Rotz in Wil zwang er eine Angestellte mit vorgehaltener Waffe, Geld herauszurücken. Ein paar Wochenspäter überfiel er die Mc Donald’s Filiale in Wil und erbeutete Geld. Kurze Zeit später war die Avia-Tankstelle an der Konstanzerstrasse in Wil an der Reihe. In St. Gallen überfiel er erneut einen Mc Donald’s und gab auch noch mehrere Schüsse ab. Dabei erlitt ein Mann einen Durchschuss am Unterarm und musste mehrfach operiert werden. Pikant: Es war just jener Mitarbeiter der Fast-Food-Kette, der ein paar Tage zuvor im Mc Donald’s Wil auch schon überfallen worden war und zu seinem Schutz in eine andere Filiale versetzt wurde. In einem St. Galler Erotikstudio bedrohte der Angeklagte Frauen mit einer Waffe, so dass eine Dame aus Furcht aus dem Fenster des 1. Stocks sprang, vier Meter in die Tiefe stürzte und sich mehrfach verletzte. Noch heute würden die Opfer stark leiden, sagte deren Privatklägerin.

«Er wird zu 87 Prozent wieder rückfällig»

Diese Taten waren unbestritten und am ersten Verhandlungstag im November 2016 anerkannt worden. Am Dienstag ging es noch darum, ob der Mann, der seither den vorzeitigen Vollzug absitzt, eine Therapie macht oder verwahrt werden soll. Um dies zu klären, ist das besagte Gutachten in Auftrag gegeben worden. Dabei wurde zwar eine «vorsichtig positive Entwicklung» beim Angeklagten festgestellt, aber eben auch eine Persönlichkeitsstörung und ein psychopathischer Anteil. «Die Therapie-Chancen sind höchst fraglich», sagte der Verfasser des Gutachtens.

Die Staatsanwältin plädierte für eine Verwahrung des heute 33-jährigen Mannes. Sie sagte: «Die Rückfall-Wahrscheinlichkeit liegt bei 87 Prozent innerhalb von zwölf Jahren. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird er weitere Taten begehen. Es hat kein Umdenken stattgefunden und nur eine Verwahrung ist der richtige Weg.» Der Verteidiger bezeichnete eine solche Verwahrung als «unhaltbar». Dies Form sei als allerletzte Möglichkeit anzuwenden. «Es hat eine positive Entwicklung gegeben in den vergangenen Jahren», sagte der Verteidiger. Tatsächlich hatte auch der Gutachter festgestellt, dass im vorzeitigen Entzug in den vergangenen Jahren nichts Strafbares passiert sei. Mehr oder weniger einig war man sich im Strafmass. Während die Staatsanwältin neun Jahre Haft forderte, kam der Verteidiger auf «acht oder neuen Jahre». Selbst er konnte seinem Mandanten nichts Entlastendes attestieren und bezeichnete ihn als «voll schuldfähig».

Grossteil der Strafe schon verbüsst

Und was sagt der Angeklagte selbst? Er steht einer gerichtlich verordneten Therapie kritisch gegenüber. Eine ambulante Therapie sei in Ordnung, eine stationäre schwierig. Handkehrum gab er an, allein keine Fortschritte erreichen zu können. Da seit den Taten schon über fünf Jahre verstrichen sind, hat er einen grossen Teil der womöglich neunjährigen Haft bereits verbüsst. Danach will er sich um seine betagte Grossmutter kümmern – und einen Ausland-Aufenthalt machen.

Das Urteil wurde am Dienstag noch nicht gesprochen und wird den Parteien in den nächsten Tagen schriftlich kommuniziert. hallowil.ch wird darüber berichten.

Lesen Sie hier den Kommentar von hallowil.ch-Chefredaktor Simon Dudle.

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So hat hallowil.ch im Vorfeld der Verhandlung berichtet:

Auch wenn die angeklagten Taten schon mehrere Jahre her sind, bleibt einem beim Lesen der Anklageschrift die Spucke weg. Fast nach Belieben versetzte der Wiler demnach Personen in Angst und Schrecken, indem er mit vorgehaltener Waffe Bargeld forderte. Lesen Sie hier, was dem Mann alles zur Last gelegt wird:

- Im Juni 2013 hat er laut Anklageschrift spät abends vor dem Hotel Uzwil einer Angestellten aufgelauert und mit einem spitzen Gegenstand bedroht. Zusammen mit einem Mittäter zwang er die Frau, im Keller des Hotels den Tresor zu öffnen und Geld auszuhändigen. Die Flucht gelang mit 1100 Franken Beute.

- Im August 2013 soll der Mann vermummt den Tankstellen-Shop der Garage von Rotz in Wil überfallen haben. Mit vorgehaltener Faustfeuerwaffe zwang er die Kassiererin, Geld in eine Plastiktüte zu füllen. Mit knapp 850 Franken Diebesgut konnte er fliehen.

- Mitte November 2013 überfiel der Mann gemäss Staatsanwaltschaft um kurz vor Mitternacht die Mc Donald’s Filiale in Wil – wiederum bewaffnet. Er zwang den Schichtleiter, ihm den Tresor im Büro zu zeigen. Über 5800 Franken wurden erbeutet.

- Neun Tage später, am 22. November, war die Avia-Tankstelle an der Konstanzerstrasse in Wil an der Reihe. Mit einem Revolver in der Hand überfiel er diese und konnte 7560 Franken stehlen.

- Genau zwei Monate später – kurz vor Heiligabend 2013 – soll der Mann am frühen Morgen den Mc Donald’s in Abtwil überfallen haben – maskiert und mit einem schussbereiten Revolver. Er gab laut Anklageschrift einen gezielten Schuss auf eine Person ab, die auch getroffen wurde, einen Durchschuss am rechten Unterarm erlitt und diesen operieren musste. In besagter Fast-Food-Filiale fielen am gleichen Morgen nur kurze Zeit später fünf weitere Schüsse, um das Schloss einer Türe zu öffnen. Da dies nicht gelang, ergriff der Mann laut Anklageschrift die Flucht.

- Fünf Tage später soll er in einen St. Galler Erotiksalon eingedrungen sein, dort nicht nur Frauen bedroht, sondern diese auch geschlagen und an den Haaren gerissen haben. Eine Frau erschreckte sich so sehr, dass sie aus dem Fester sprang. Nach dem Sturz aus dem 1. Stock musste sie mehrere Wochen hospitalisiert werden. Mit rund 5000 Franken Beute konnte der Mann fliehen. Am gleichen Abend war ihm die Polizei auf den Fersen. Als ein Polizist sich zu Fuss dem Auto des Angeklagten näherte, fuhr er schnurstracks auf diesen los und überrollte dessen Fuss. Später wurde er verhaftet.

- Bereits zuvor – nämlich im Jahr 2012 – hatte der Mann gemäss Anklageschrift in Chur zusammen mit zwei Mittätern einen Mann mit Handschellen gefesselt. Das Opfer wurde nicht nur geschlagen, sondern auch gewürgt und in Lebensgefahr gebracht.

- Ebenfalls 2012 soll der Angeklagte in Bütschwil einen Autofahrer mit einem Sturmgewehr bedroht haben.

- Selbst im Gefängnis soll es zu Zwischenfällen gekommen sein. Im Juli 2014 hat er im St. Galler Gefängnis einen anderen Insassen verprügelt und zu einem späteren Zeitpunkt die Gefängniszelle beschädigt.

- Im April 2015, mittlerweile im Regionalgefängnis Altstätten inhaftiert, plante er den Ausbruch. Dies sollte gelingen, in dem ein Gefangenenbetreuer als Geisel genommen wird. Ein zweiter Betreuer sollte ihm die Türen zur Freiheit öffnen. Bei Nichtgehorchen sollte die Geisel umgebracht werden.

Mehrheit der geforderten Strafe schon abgesessen

Heute Dienstag muss sich der Wiler vor dem Kreisgericht in St. Gallen verantworten. Es droht ihm eine Freiheitsstrafe von 9 Jahren. Einen guten Teil davon hat er bereits im vorzeitigen Strafvollzug abgesessen. Folgt das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, kommt der Wiler trotzdem nicht so schnell wieder auf freien Fuss. Denn es wird auch eine Verwahrung beantragt.