Zum ersten Mal in ihrer 144jährigen Geschichte beherbergte die Clientis-Bank Oberuzwil die Mitglieder des Gewerbevereins Oberuzwil. Nie vorher hätten die Bankräumlichkeiten es erlaubt, zur Neujahrsbegrüssung einzuladen, stellte Verwaltungsratspräsident Heinz Jost. Aktuell aber fanden alle 100 Interessierten Platz in der geräumigen Schalterhalle des vor einem Monat bezogenen Neubaus.
Neubau als Katalysator
Ernst Dobler, Präsident des Gewerbevereins Oberuzwil und Mitglied des Verwaltungsrates der Clientis-Bank, zeigte sich erfreut über die Rekordbeteiligung. Anlass zur Freude sei auch der gelungene Bank-Neubau. Dobler bezeichnete ihn als Katalysator für weitere Projekte zur Aufwertung des Dorfzentrums. Das benachbarte alte Bankgebäude als Beispiel wird im Frühjahr abgebrochen und einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus Platz machen.
Diffuse Zukunftsängste
Die Auftragslage beurteilte der Präsident in den meisten Branchen als gut bis sehr gut. Die Finanzen der öffentlichen Hand seien solide. Überhaupt habe mit Ausnahme der ältesten Teilnehmer nie jemand wirtschaftlich wirklich schlechte Zeiten erlebt. Kleine konjunkturelle Einbrüche habe der funktionierende Sozialstaat abgefedert.
Trotzdem machten sich immer mehr diffuse Ängste breit. Ihren Grund hätten sie in der rasanten Entwicklung der Informatiktechnologie. Diese sei so komplex, dass selbst Fachleute nicht alles begriffen und die Auswirkungen auf unser Leben nicht abschätzen könnten. Welche objektiven Mehrwerte uns diese Fortschritte brächten, könne erst die Zukunft zeigen.
Klimawandel müsste aufrütteln
Dem heissen Sommer hätten zwar viele etwas Positives abgewinnen können. Das darf aber nach Ansicht von Ernst Dobler nicht über die Realität des Klimawandels hinwegtäuschen. Landwirtschaft und Fischerei hätten dessen Auswirkungen deutlich zu spüren bekommen. Dass wir Schweizer in dieser Situation Weltmeister im Vielfliegen geworden sind, müsse uns zu denken geben. Aber auch Anlass zum Umdenken sein. Und auch ein anderes Handeln bewirken, welches im alltäglichen Benützen von Verkehrsmitteln seinen Niederschlag finden müsse.
Konfuse Weltlage
Ernst Dobler erwähnte in seinem Tour d’horizon auch negative Brennpunkte wie den durch Donald Trump angezettelten Handelskrieg, den Brexit oder das Gerangel um ein Rahmenabkommen mit der EU. Das örtliche Gewerbe könne weltwirtschaftliche Entwicklungen nicht mehr aus sicherer Distanz betrachten, sondern werde immer stärker betroffen und in Mitleidenschaft gezogen.
Visionäre Bankengründer
Heinz Jost, Präsident des Clientis-Verwaltungsrates, blickte bei seiner Begrüssung der Gewerbetreibenden 144 Jahre zurück. Oberuzwiler Persönlichkeiten mit Visionen und klaren Zielen hätten damals den Grundstein zur heute prosperierenden Bank gelegt. Ihr Projekt hiess noch nicht Clientis-Bank, sondern Ersparnis- und Aufbewahrungsanstalt. Kleine Summen Erspartes sollten sicher und zinsbringend angelegt werden können.
Zinsbringend, das räumte auch Heinz Jost ein, sei heute ziemlich aus dem Fokus verschwunden. Im Übrigen aber habe das Institut die Ziele nicht aus den Augen verloren und eben das 144. Geschäftsjahr sehr erfolgreich abgeschlossen. Dabei müssten heute auch Herausforderungen bezüglich Automatisierung, Standardisierung und Digitalisierung bewältigt werden. Auch in Zukunft würden die Kunden in der Clientis-Bank nicht von Robotern, sondern von fachkundigen Menschen beraten und bedient.
Kunden im Zentrum
«In der neuen Welt sind die Kunden dorthin gerückt, wo sie hingehören, ins Zentrum allen Strebens," zitierte Adrian Müller, Vorsitzender der Clientis-Geschäftsleitung, aus der NZZ. Die Clientis-Bank habe diese Strategie immer verfolgt. Schon damals, als die Grossbanken mit durchschnittlichen Leistungen noch überdurchschnittliche Gewinne erzielt hätten. Die Clientis-Bank habe das Beratungszentrum in Uzwil eröffnet und Kundenberater angestellt und ausgebildet. Als jüngstes Beispiel führte Müller die Kundenorientierung im Neubau an: die 24-Stunden-Zone, die grosse Kundenhalle, vier Besprechungszimmer und den Kundentresor.
In 30 Jahren verfünffacht
Adrian Müller zeigte in einem kurzen Überblick Entwicklungen im schweizerischen Bankenwesen auf und stellte sie jenen der Clientis-Bank gegenüber. Die lokale Bank braucht ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Die Vergleichszahlen zwischen 1989 und heute sind eindrücklich. Während die Zahl der Banken stark zurückgegangen ist (Zusammenschlüsse) – bei den Regionalbanken beispielsweise von 210 auf 62 – ist die Bilanzsumme kontinuierlich gewachsen. Bei der Clientis-Bank betrug sie vor 30 Jahren 125 Millionen Franken, 2018 machte sie 560 Millionen Franken aus. Verfünffacht haben sich in dieser Zeit auch die Hypotheken von 106 auf 505 Millionen Franken. In etwas geringeren Masse gestiegen ist der Personalbestand, von 8 auf 23 Mitarbeitende.
Am 11. Mai 2019 öffnet die Clientis die Türen ihres neuen Bankgebäudes für die Öffentlichkeit.